Gesetzestext

 

(1) Sind die erforderlichen Ermittlungen zur Auswahl des geeigneten Vormunds insbesondere im persönlichen Umfeld des Mündels im Zeitpunkt der Anordnung der Vormundschaft noch nicht abgeschlossen oder besteht ein vorübergehendes Hindernis für die Bestellung des Vormunds, bestellt das Familiengericht einen vorläufigen Vormund.

(2) Der Vormundschaftsverein überträgt die Aufgaben des vorläufigen Vormunds einzelnen seiner Mitarbeiter; § 1784 gilt entsprechend. Der Vormundschaftsverein hat dem Familiengericht alsbald, spätestens binnen zwei Wochen nach seiner Bestellung zum vorläufigen Vormund mitzuteilen, welchem Mitarbeiter die Ausübung der Aufgaben des vorläufigen Vormunds übertragen worden sind.

(3) Das Familiengericht hat den Vormund alsbald, längstens aber binnen drei Monaten ab Bestellung des vorläufigen Vormunds zu bestellen. Die Frist kann durch Beschluss des Gerichts nach Anhörung der Beteiligten um höchstens weitere drei Monate verlängert werden, wenn trotz eingeleiteter Ermittlungen des Familiengerichts der für den Mündel am besten geeignete Vormund noch nicht bestellt werden konnte.

(4) Die Bestellung des Jugendamtes oder eines Vereinsmitarbeiters zum Vormund ist auch erforderlich, wenn das Familiengericht das Jugendamt oder einen Vormundschaftsverein zuvor als vorläufigen Vormund ausgewählt hat.

(5) Mit der Bestellung des Vormunds endet das Amt des vorläufigen Vormunds.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Zweck des neuen Instituts der vorläufigen Vormundschaft ist es, dem FamG die Möglichkeit zu geben, durch die Bestellung eines Vormundschaftsvereins oder des Jugendamts als vorläufigen Vormund gem § 1781 Zeit zu gewinnen, um die Suche nach einem geeigneten Vormund zu veranlassen und fortzusetzen, wenn im Umfeld des Mündels entweder noch keine Möglichkeit zur Suche nach einem geeigneten Vormund bestanden hat oder das Gericht die bisherigen Bemühungen des Jugendamtes zur Ermittlung des geeigneten Vormunds für nicht genügend erachtet (BTDrs 19/24445, 197 ff). Die Regelung in § 1781 I 1 Alt 2 ersetzt die nach altem Recht nach § 1790 aF vorgesehene Bestellung eines Vormunds unter dem Vorbehalt seiner Entlassung und die nach § 1909 III aF mögliche Anordnung einer Pflegschaft, soweit die Voraussetzungen für Anordnung einer Vormundschaft vorliegen, ein Vormund jedoch noch nicht bestellt ist. Für den vorläufigen Vormund gelten iÜ die Regeln des Vormundschaftsrechts. Dies gilt bei der Bestellung eines Mitarbeiters eines Vormundschaftsvereins insb auch für die Ausschlussgründe des § 1784 II Nr 4. Vgl zum neuen Institut der vorläufigen Vormundschaft krit: Dürbeck FamRZ 20, 1789; Socha FamRZ 21, 87.

B. Rechtsausübung.

 

Rn 2

Die möglichen vorläufigen Vormünder sind in § 1774 II aufgeführt. Die Bestellung eines Vormundschaftsvereins zum vorläufigen Vormund bedarf gem § 1785 III dessen Zustimmung. Sind im Zeitpunkt der Anordnung der Vormundschaft noch Ermittlungen erforderlich, wer im konkreten Einzelfall am besten als Vormund für den Mündel geeignet ist (§ 1778 I), bestellt das FamG gem § 1778 II zunächst einen Vormundschaftsverein oder das Jugendamt zum vorläufigen Vormund (§ 1781 I 1 Alt 1). Während der Amtszeit des vorläufigen Vormunds können dann weitere Ermittlungen im persönlichen Umfeld des Mündels durchgeführt werden und der Mündel kann an der Auswahl des Vormunds beteiligt werden. Nach § 1781 I 1 Alt 2 kann gleichfalls ein vorläufiger Vormund bestellt werden, wenn der Bestellung des geeigneten Vormunds ein vorübergehendes Hindernis entgegensteht. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn eine als Vormund geeignete Person bei Anordnung der Vormundschaft noch nicht zur Verfügung steht oder noch erforderliche Unterlagen (zB Führungszeugnis) fehlen. Nach II 1 soll der Vormundschaftsverein die Aufgaben der vorläufigen Vormundschaft an einzelne Mitarbeiter, dh Angestellte oder freie Mitarbeiter, übertragen. Mit der Anzeigepflicht nach II 2 wird der Vormundschaftsverein verpflichtet, die getroffene Auswahl alsbald, spätestens aber zwei Wochen nach seiner Bestellung, dem FamG mitzuteilen, damit dieses zeitnah prüfen kann, ob bei der Auswahl die gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden sind (s §§ 1774, 1784). Eine entsprechende Regelung für das Jugendamt als Vormund findet sich in § 55 II SGB VIII. Bei der Übertragung sind insb die §§ 1782, 1784 zu beachten, dh eine Person, die die Eltern ausgeschlossen haben oder die in einem Heim den Mündel betreut, darf für entsprechende Aufgaben nicht herangezogen werden.

C. Befristung.

 

Rn 3

Nach III 1 ist die Bestellung eines vorläufigen Vormunds längstens auf drei Monate zu befristen, um zu verhindern, dass der Mündel bereits zu seinem vorläufigen Vormund, wenn dieser nicht zum endgültigen Vormund bestellt werden sollte, bereits eine zu intensive Beziehung aufbaut (BTDrs 19/24445, 197 ff). Hat die Suche nach einem endgültigen Vormund innerhalb der Frist keinen Erfolg, so kann das FamG vAw die Frist nach Anhörung der Beteiligten ausnahmsweise um weitere drei Monate verlängern (III 2). Ein Antrag ist hierzu nicht erforderlich, die am Verfahren Betei...

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