Gesetzestext

 

(1) Ist die Vormundschaft nicht einem nach § 1782 Benannten zu übertragen, hat das Familiengericht den Vormund auszuwählen, der am besten geeignet ist, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen.

(2) Bei der Auswahl sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. der Wille des Mündels, seine familiären Beziehungen, seine persönlichen Bindungen, sein religiöses Bekenntnis und sein kultureller Hintergrund,
2. der wirkliche oder mutmaßliche Wille der Eltern und
3. die Lebensumstände des Mündels.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift entspricht in Teilen § 1779 aF. Ist die Vormundschaft nicht einem von den Eltern Benannten (§ 1782) zu übertragen, hat das FamG den Vormund auszuwählen. Abweichend von § 1779 aF soll künftig auch das Jugendamt von den Regelungen zur Auswahl des Vormunds erfasst werden. § 1778 enthält den Grundsatz, dass das FamG unter den vorhandenen möglichen natürlichen Personen einschließlich eines Berufs- oder Vereinsvormunds sowie unter Einschluss auch des Jugendamts als möglicher Amtsvormund denjenigen Vormund auswählt, der am besten geeignet ist, für die Person des Mündels zu sorgen (I). Gem II ist die Auswahl aus der Sicht der persönlichen Verhältnisse des Mündels zu treffen und soll den Willen des Mündels sowie den Willen seiner Eltern berücksichtigen (BTDrs 19/24445, 194 f).

 

Rn 2

Unter mehreren geeigneten Personen hat das FamG nach pflichtgemäßem Ermessen (Dresd FamRZ 22, 277) die Auswahl zu treffen (I). Nach II Nr 1 sind bei der Auswahl neben dem Willen des Mündels dessen religiöses Bekenntnis und sein kultureller Hintergrund zu berücksichtigen. Nach II Nr 2 ist der wirkliche oder der mutmaßliche Wille der Eltern zu beachten. Dies gilt nicht nur für das Bennungsrecht gem § 1782, sondern etwa auch für in einer Vorsorgevollmacht geäußerte Wünsche (BGH FamRZ 13, 1381). Nach II Nr 3 sind außerdem die persönlichen Bindungen des Mündels und die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Mündel zu berücksichtigen (Staud/Veit § 1779 aF Rz 35 ff mwN). Großeltern gehen dabei idR anderen nicht mit dem Kind verwandten Personen vor (Frankf FamRZ 16, 1473).

 

Rn 3

Der Ausgewählte ist zur Übernahme der Vormundschaft verpflichtet (§ 1785), sofern ihm die Übernahme unter Berücksichtigung seiner familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse zugemutet werden kann.

B. Verfahren.

 

Rn 4

Vor der Auswahl des Vormunds hat das FamG nahestehende Familienangehörige sowie Personen des Vertrauens des betroffenen Kindes anzuhören (§ 168 I FamFG). Dabei hat das FamG bei der Auswahl der anzuhörenden Personen nicht nur auf die Verwandschaftsverhältnisse des Kindes und den Grad der Verwandtschaft abzustellen, sondern soll insb berücksichtigen, ob eine Person aufgrund ihrer tatsächlichen Nähe oder ihrer besonderen persönlichen Beziehung zu dem betroffenen Kind auch Auskunft über die im Bestellungsverfahren maßgeblichen Fragen geben kann. Das FamG kann nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anhörung absehen, wenn diese zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würde, von der Anhörung keine Aufklärung erwartet werden kann oder andere schwerwiegende Gründe vorliegen (BTDrs 19/24445, 326 f).

 

Rn 5

Gegen die Auswahl des Vormunds ist die befristete Beschwerde gegeben (§§ 58, 59, 63 I FamFG). Beschwerdeberechtigt ist der Mündel (§ 60 FamFG) bzw das Jugendamt (§ 59 II FamFG). Bloße Verwandtschaft begründet aber noch kein eigenes Beschwerderecht (Hamm FamRZ 11, 1603; für nach § 1776 als Vormund nicht benannte Großeltern BGH FamRZ 13, 1380; Kobl FamRZ 21, 955; für Pflegeeltern gegen die Auswahl eines Ergänzungspflegers durch das FamFG BGH FamRZ 20, 498; Zweibr FamRZ 20, 500). Hat die Beschwerde Erfolg, so ist der Vormund zu entlassen.

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