Gesetzestext

 

(1) 1Das Familiengericht kann beim Ausspruch der Annahme eines Volljährigen auf Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden bestimmen, dass sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen oder eines verwandten Minderjährigen richten (§§ 1754 bis 1756), wenn

a) ein minderjähriger Bruder oder eine minderjährige Schwester des Anzunehmenden von dem Annehmenden als Kind angenommen worden ist oder gleichzeitig angenommen wird oder
b) der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden ist oder
c) der Annehmende das Kind seines Ehegatten annimmt oder
d) der Anzunehmende in dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Annahme bei dem Familiengericht eingereicht wird, noch nicht volljährig ist.

2Eine solche Bestimmung darf nicht getroffen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Eltern des Anzunehmenden entgegenstehen.

(2) 1Das Annahmeverhältnis kann in den Fällen des Absatzes 1 nur in sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des § 1760 Abs. 1 bis 5 aufgehoben werden. 2An die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt der Antrag des Anzunehmenden.

 

Rn 1

Die Vorschrift gibt dem FamG die Möglichkeit, auch im Falle der Adoption eines Volljährigen die vergleichbaren Wirkungen einer Minderjährigenadoption anzuordnen, die als Volljährigenadoption mit starken Wirkungen oder auch als Volladoption bezeichnet wird.

 

Rn 2

Voraussetzung ist, dass sowohl Annehmender als auch Anzunehmender dies beantragen. Weitere Voraussetzungen werden abschließend aufgezählt. So kommt eine Volljährigenadoption mit starken Wirkungen in Betracht bei gleichzeitiger oder bereits erfolgter Annahme eines minderjährigen Geschwisters des Anzunehmenden (lit a), bei Aufnahme des Anzunehmenden in den Haushalt des Annehmenden während der Zeit der Minderjährigkeit (lit b), im Fall der Stiefkindadoption (lit c) oder bei zum Zeitpunkt der Antragseinreichung noch nicht eingetretener Volljährigkeit des Anzunehmenden (lit d).

 

Rn 2a

Die Wirkung muss im Annahmebeschluss ausdrücklich bestimmt werden, eine nachträgliche Anordnung ist unzulässig. Es ist ausreichend, wenn der Beschl ausdrücklich feststellt, dass sich die ›Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen oder eines verwandten Minderjährigen‹ richten oder aber die Rechtsgrundlage ausdrücklich in den Beschlusswortlaut einbezogen wird.

 

Rn 2b

Einer Adoption mit starken Wirkungen können Interessen der leiblichen Eltern des Anzunehmenden entgegenstehen. Diese sind am Adoptionsverfahren zu beteiligen (§ 188 I Nr 1b). Es obliegt ihnen, Tatsachen vorzutragen oder auf solche hinzuweisen, die in der Abwägung ein überwiegendes Interesse an der Versagung der Adoption begründen können. Das FamG hat eine umfassende Abwägung vorzunehmen. Um eine Adoption zu versagen, müssen dabei iErg die Interessen der leiblichen Eltern überwiegen. Eine bloße Gleichwertigkeit ist dagegen nicht ausreichend, wobei Zweifel zu Lasten der leiblichen Eltern gehen (Brandbg FamRZ 17, 1762). Eine Amtspflicht, nach allen denkbaren Einwänden ohne Anhaltspunkte zu forschen, besteht nach allgemeiner Ansicht nicht.

 

Rn 2c

Zwar ist der Wegfall eines möglichen Elternunterhaltsanspruchs durch das Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses nicht allein maßgeblich, kann aber neben anderen Umständen des Einzelfalles Berücksichtigung finden. Dabei muss nicht die Grenze einer Verwirkung des Elternunterhaltsanspruchs erreicht sein, um von einem Überwiegen der wirtschaftlichen Interessen der Eltern auszugehen (Frankf FuR 20, 317). Hat der volljährige Anzunehmende über Jahre Unterhalt von seinem leiblichen Elternteil bezogen und würde er sich durch eine Volljährigenadoption mit starken Wirkungen der eigenen Unterhaltspflicht ggü dem Elternteil entziehen, so kommt eine solche Adoption nicht in Betracht (Brandbg FuR 18, 262). Während in Teilen der Rspr für ein überwiegendes Interesse der leiblichen Eltern keine Konkretisierung der abstrakten Unterhaltsverpflichtung verlangt wird (Ddorf NZFam 14, 1101; München NJOZ 09, 2867), soll nach OLG Brandenburg die bloß abstrakte, noch nicht konkretisierte Gefahr einer Unterhaltsbedürftigkeit aufgrund einer theoretischen Erwerbslosigkeit oder Pflegebedürftigkeit des leiblichen Elternteils nicht ausreichend sein, um eine Volladoption abzulehnen (FamRZ 19, 1718).

 

Rn 3

Wegen der starken Folgen der Adoption kann sie nach II 1 nur unter den Voraussetzungen aus § 1760 I bis V aufgehoben werden; an die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt gem II 2 der Antrag des Anzunehmenden. Nicht zur Anwendung kommt § 1771.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge