Rn 6

Das Umgangsrecht des leiblichen Vaters hat gem I Nr 1 noch eine zusätzliche Voraussetzung. Wie bei § 1685 (dort Rn 6 ff) muss der konkrete Umgang dem Kindeswohl dienen, also förderlich sein (Karlsr FamRZ 15, 1624). Hierzu müssen die von dem Umgang mit dem biologischen Vater zu erwartenden Vorteile für das Kind die zu erwartenden Nachteile eindeutig überwiegen (KG FamRZ 22, 1783). Dabei ist unter Berücksichtigung der konkreten familiären Begebenheiten insb auch zu prüfen, ob und ggf inwieweit Umgangskontakte mit einem gewissermaßen zweiten, ausschließlich auf der biologischen Abstammung beruhenden Vater für das Kind eine seelische Belastung darstellen, ob das Kind dadurch in einer dem Kindeswohl abträglichen Weise verunsichert wird, inwieweit die Kindesmutter und der biologische Vater gegebenenfalls ihre Konflikte nach der Trennung begrenzen können und wie der Umgang im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung des Kindes zu bewerten ist (Jena FamRZ 17, 1410; BRDrs 666/12, 13). Die Frage der Kindeswohldienlichkeit wird je nach familiärer Situation, Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, Beziehungskonstellation bzw Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen, Alter und Resilienz des Kindes, Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern, Dauer der Kenntnis von der Existenz eines leiblichen Vaters usw unterschiedlich zu beurteilen sein (Frankf FamRZ 17, 307, 308 f; BRDrs 666/12, 13; Bremen FamRZ 15, 266). Dabei darf die Kindeswohldienlichkeit auch mittelbar nicht aus dem Fehlen einer Beziehung zu dem Kind abgeleitet werden, weil die Vorschrift dies ja gerade zu Grunde legt. Auch muss berücksichtigt werden, dass der leibliche Vater eine wichtige Person für ein Kind darstellt und es auf lange Sicht dem Wohl des Kindes dienen kann, wenn es Beziehungen zu ihm aufbaut (vgl § 1685 Rn 7; Hoffmann FamRZ 13, 1077, 1081). Bei ernsthaften und erheblichen psychischen Widerständen und Ängsten der rechtlichen und sozialen Eltern gegen den biologischen Vater dient dessen Umgang nicht dem Kindeswohl, auch wenn eine frühzeitige Aufklärung des Kindes über seine Abstammung grds wünschenswert wäre (Karlsr FamRZ 15, 1624; Frankf FamRZ 17, 307; Oldbg FamRZ 17, 895; Jena FamRZ 17, 1410; vgl EGMR FamRZ 18, 1423); ggf auch bei tief greifendem Konflikt mit rechtlichen Eltern (EGMR FamRZ 20, 757); allein die Weigerung der rechtlichen Eltern genügt jedoch nicht für Antragszurückweisung (BGH FamRZ 16, 2082 mAnm Dutta).

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