Umgangsrecht und Auskunftsrechte leiblicher Väter

Ein leiblicher Vater kann Anspruch auf Umgang mit seinem Kind und Auskünfte über sein Leben haben, selbst wenn die Mutter es gemeinsam mit dem rechtlichen Vater großzieht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn er ernsthaftes Interesse an dem Kind zeigt und der Umgang dem Kindeswohl dient. 

Der leibliche Vater eines Kindes ist nicht automatisch auch der rechtliche Vater. Ist die Mutter im Zeitpunkt der Geburt verheiratet, dann gilt ihr Ehemann gemäß § 1592 Nr. 1 BGB als der Vater des Kindes, selbst wenn das Kind von einem anderen Mann gezeugt wurde. Wird das Kind dann von der Mutter gemeinsam mit ihrem Ehemann großgezogen, dann ist es für den leiblichen Vater oftmals schwer, eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen. Er ist aber nicht rechtlos gestellt.

Auch wenn es einen rechtlichen Vater gibt, hat der leibliche Vater mittlerweile Rechte bezüglich seines Kindes

Wird das Kind dann von der Mutter gemeinsam mit ihrem Ehemann großgezogen, dann ist es für den leiblichen Vater oftmals schwer, eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen. Er ist aber in dieser Hinsicht nicht rechtlos gestellt.

Sofern er ernsthaftes Interesse an dem Kind zeigt, räumt ihm § 1686a Nr. 1 BGB - erst seit dem 13.7.2013 - grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit seinem Kind ein - wenn dies dem Kindeswohl dient.

  • Vor der entsprechenden Rechtsänderung konnte der biologische Vater gegen den Willen der Mutter und des sogenannten rechtlichen Vaters einen Kontakt nur durchsetzen, wenn er bereits eine enge persönliche Beziehung zu seinem Kind aufgebaut hatte. 
  • Seit 2013 kann er bei ernsthaftes Interesse an dem Kind den Kontakt zu seinem Kind - zumindest in der Theorie - auch gegen den Willen der Mutter und des rechtlichen Vaters durchsetzen.

Darüber hinaus steht dem leiblichen Vater mittlerweile auch ein Auskunftsrecht zu den Lebensverhältnissen seines Kindes zu, soweit er ein berechtigtes Interesse daran hat und dies dem Kindeswohl nicht widerspricht, § 1686a Nr. 2 BGB. Davor hatten dieses Recht nur rechtlichen Eltern.

Zwei Väter für ein Kind: Intention des Gesetzgebers und Kindeswohlprüfung

Hintergrund dieser Regelung ist nach dem Willen des Gesetzgebers folgender: Hat ein Kind neben seinem rechtlichen Vater noch einen leiblichen Vater, der Interesse an ihm zeigt, so kann es für das Kind gut und förderlich sein, auch zum leiblichen Vater Kontakt zu haben, schließlich stammt es von ihm ab.

Wichtig dabei ist, dass die gesetzliche Regelung die berechtigten Interessen der leiblichen Väter dem Wohl des Kindes unterordnet, das stets im Mittelpunkt jeder Entscheidung steht.

Für das Umgangsrecht des leiblichen Vaters kommt es also nicht darauf an, ob bereits eine enge Beziehung zum Kind besteht. Entscheidend ist allein, ob der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er tatsächlich Verantwortung für sein Kind übernehmen will und ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Kindeswohl dient.

Bei der im Rahmen des § 1686a BGB anzustellenden Kindeswohlprüfung muss unter Berücksichtigung der konkreten familiären Begebenheiten geklärt werden,

  • ob und gegebenenfalls inwieweit Umgangskontakte mit einem gewissermaßen zweiten, ausschließlich auf der biologischen Abstammung beruhenden Vater für das Kind eine seelische Belastung darstellen,
  • ob das Kind dadurch in einer dem Kindswohl abträglichen Weise verunsichert wird,
  • inwieweit die Kindesmutter und der biologische Vater gegebenenfalls ihre Konflikte nach der Trennung begrenzen können
  • und wie der Umgang im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung des Kindes zu bewerten ist.

Die Frage der Kindeswohldienlichkeit ist je nach familiärer Situation, Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, Beziehungskonstellation bzw. Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen, Alter und Resilienz des Kindes, Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern, Dauer der Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters etc. unterschiedlich zu beurteilen (BT-Drucks. 17/12163, S. 13).

Allein das Interesse des Kindes an einem offenen Umgang mit den Realitäten begründet noch nicht die Feststellung, der Umgang diene dem Kindeswohl (Stellungnahme der Kinderrechtekommission des DFGT vom 8.7.2012 zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters, Ziffer III. 4; Lang, a.a.O., S. 235). Aus: OLG Frankfurt a. M. Beschluss v. 20.07.2016,- 6 UF 98/16

Wie funktioniert der Umgang des leiblichen Vaters ohne bestehende Bindung?

Ein Umgangsrecht kommt nur in Betracht, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Lehnt das Kind also jeglichen Kontakt zum Vater ab und wünscht ausdrücklich keinen Umgang, dann wird es für den leiblichen Vater schwer, das Umgangsrecht gleichwohl durchzusetzen. Dem Wohl des Kindes wird oberste Priorität eingeräumt. Es soll nicht unnötig verunsichert werden, wenn es in einer stabilen Familie groß wird.

Andererseits soll dem leiblichen Vater nicht ohne Prüfung des Kindeswohls der Kontakt versagt werden und somit von vornherein die Möglichkeit genommen werden, überhaupt eine Bindung zu seinem Kind aufzubauen. Zeigt der leibliche Vater also ernsthaftes Interesse an seinem Kind und dient der Umgang mit Rücksicht auf das Alter und die Identitätsfindung des Kindes seinem Wohl, dann ist das Umgangsrecht durchsetzbar.

Rechtsprechung zu den Ansprüchen des leiblichen Vaters 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in zwei Entscheidungen beanstandet, dass dem leiblichen Vater eines Kindes ein Umgangs- und Auskunftsrecht ohne Prüfung des Kindeswohlinteresses im Einzelfall vorenthalten wird.  Die EMRK stellt in Art. 8 das Familien- und Privatleben unter besonderen staatlichen Schutz.

Im entschiedenen Fall hatte der EGMR die Klage zwar abgewiesen. Zur Begründung hieß es, eine Störung der familiären Beziehung sei nicht im Interesse des Kindes. Es wurde aber das grundsätzliche Recht eingeräumt, leibliche Kinder zu sehen (Urteile des EGMR v. 22.03.2012, Rs 45071/09 und 23338/09).

In einem früheren Fall wurde aus Art. 8 EMRK, der das Familien- und das Privatleben schützt, ein Umgangs- und Auskunftsrecht des leiblichen Vaters geschlossen (Urteil v. 21.12.2010, Rs. Nr. 20578/07).

Was beinhaltet das Auskunftsrecht des leiblichen Vaters?

Neben dem Recht auf Umgang haben leibliche Väter auch das Recht, Auskunft über die persönlichen Verhältnisses des Kindes zu verlangen. Erforderlich ist nur ein berechtigtes Interesse des Vaters, das immer dann zu bejahen ist, wenn der Vater keine andere zumutbare Möglichkeit hat, die Informationen über sein Kind zu erhalten. Ferner darf das Auskunftsrecht dem Wohl des Kindes nicht widersprechen. Dadurch soll verhindert werden, dass der Vater sein Recht zum Nachteil des Kindes geltend macht.

Was ist im Verfahren um da Umgangs- und Auskunftsrechts des leiblichen Vaters zu beachten?

Voraussetzung des Umgangs- und Auskunftsrechts ist, dass der Anspruchsteller auch wirklich der biologische Vater ist. Ein Antrag auf Umgang oder Auskunft ist daher gemäß § 167a Abs. 1 FamFG nur zulässig, wenn der leibliche Vater an Eides statt versichert, dass er der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat (Damit werden Fälle der einvernehmlich medizinisch assistierten Reproduktion unverheirateter Paare ausgeschlossen).

Klärung der biologischen Vaterschaft

In streitigen Fällen ist es gegebenenfalls erforderlich, die leibliche Vaterschaft des Antragstellers zu klären. Zu diesem Zweck ordnet § 167a Abs. 2 FamFG an, dass jede Person – also auch die Mutter und das Kind – Untersuchungen, wie die Entnahme von Blutproben zu dulden haben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ihnen die Untersuchung nicht zugemutet werden kann.

Das soll verhindern, dass die Mutter des Kindes oder eine sonstige Person den Anspruch des biologischen Vaters vereiteln kann, indem sie die erforderliche Untersuchung verweigert.

Hintergrund: Vätervarianten

Es gibt viele Spielarten der Vaterschaft.

  • Leibliche oder biologischer Vater: Wer ein Kind zeugt, ist der leibliche Vater. Die biologische Vaterschaft ist aber nicht notwendig, um als rechtlicher Vater zu gelten.
  • Rechtlicher Vater: Nach dem BGB ist der Mann Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
  • Stiefvater oder sozialer Vater: Ein neuer Partner der Mutter übernimmt für deren Kind u.U. eine soziale Vaterrolle, bleibt aber ohne rechtliche Beziehung zum Nachwuchs. Diese erreicht er ggfs. durch eine Stiefkindadoption.
  • Adoptivvater: Er ist juristisch dem rechtlichen Vater gleichgestellt, das Kind hat in der Adoptivfamilie die gleichen Rechte wie ein eheliches Kind. Die rechtlichen Verbindungen zwischen Adoptivkind und seinen leiblichen Eltern werden dagegen vollständig gekappt.
  • Pflegevater: Sie sind «Väter auf Zeit». Ein Pflegekind bleibt immer ein Mitglied seiner Herkunftsfamilie und behält deren Namen. Der Gesetzgeber versteht die Pflegschaft als vorübergehende Maßnahme, um das Kind zu versorgen und womöglich wieder zu seinen leiblichen Eltern zurückzubringen.
  • Scheinvater: Ihm wird in einer Ehe oder Partnerschaft ein Kind untergeschoben, etwa wenn er mangels Verdacht oder wider besseres Wissen die Vaterschaft anerkennt oder nicht anficht, aber nicht der biologische Vater ist.

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Schlagworte zum Thema:  Sorgerecht, Familienrecht, Kindeswohl, Umgangsrecht