Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Einräumung eines Umgangsrechts des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters mit dem Kind

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Geltendmachung eines Umgangsrechts des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters mit dem Kind nach § 1686a BGB ist die nach § 167a FamFG erforderliche Versicherung an Eides statt, dass der Antragsteller der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt hat, zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung. Enthält die Antragsschrift keine entsprechende Erklärung und wird diese auf gerichtlichen Hinweis auch nicht nachgeholt, ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen.

2. § 1686a BGB stellt es in das Ermessen des Gerichts, ob im Einzelfall zunächst die biologische Vaterschaft des Antragstellers oder die Frage des "ernsthaften Interesses" an dem Kind bzw. des Kindeswohls geprüft wird. Ist für das Gericht unschwer zu erkennen, dass der begehrte Umgangsanspruch jedenfalls wegen des fehlenden ernsthaften Interesses an dem Kind oder aus Gründen des Kindeswohls nicht gewährt werden kann, kann es auf eine Klärung der Vaterschaft verzichten und den geltend gemachten Anspruch schon aus diesen Gründen zurückweisen.

3. Voraussetzung für ein "ernsthaftes Interesse" des Antragstellers an dem Kind i.S.v. § 1686a BGB ist es, dass sich der mutmaßliche biologische Vater in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Kenntnis von seiner möglichen Vaterschaft um eine Kontaktaufnahme zumindest bemüht und sich zu dem Kind bekennt. Ein "ernsthaftes Interesse" ist deshalb zu verneinen, wenn dem Antragsteller seine mögliche Vaterschaft bereits vor der Geburt des Kindes bekannt war, er sich aber erst 7 Jahre später um eine Kontaktaufnahme bemüht.

4. Ein Umgang mit dem leiblichen Vater entspricht dem Kindeswohl i.S.v. § 1686a BGB nur dann, wenn unter Berücksichtigung der konkreten familiären Begebenheiten - z.B. familiärer Situation, Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, Beziehungskonstellation bzw. Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen, Alter und Resilienz des Kindes, Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern, Dauer der Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters - die Vorteile für das Kindeswohl die Nachteile überwiegen.

 

Normenkette

BGB § 1686a; FamFG § 167a

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 30.07.2014; Aktenzeichen 65 F 1583/12)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bremen vom 30.7.2014 (Az. 65 F 1583/12 UG) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller macht geltend, dass er der leibliche Vater des Kindes X sei. Er möchte Kontakt zu X aufnehmen und perspektivisch den Umgang mit ihr pflegen.

Zum Zeitpunkt von X Geburt war ihre Mutter, die Antragsgegnerin, mit Herrn Z verheiratet. Das Kind galt deshalb als Kind des Ehemannes. Die Antragsgegnerin hat die Vaterschaft des Herrn Z angefochten. Durch Urteil vom 20.12.2005, rechtskräftig seit dem 21.2.2006, stellte das AG - Familiengericht - Bremen fest, dass X nicht das Kind des Herrn Z ist (Az. 58 F 2598/05). Die Mutter gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht an, dass sie die Ehe mit dem in der Türkei verbliebenen Herrn Z nie geführt habe, in der Empfängniszeit vielmehr ausschließlich mit dem Antragsgegner geschlechtlich verkehrt habe. Dieser sei bereit, die Vaterschaft für X anzuerkennen. Der Antragsgegner erkannte vor dem Jugendamt Bremen am 18.1.2006 die Vaterschaft für X an. Eine Abstammungsuntersuchung hat in jenem Verfahren nicht stattgefunden.

Die Antragsgegnerin und der Antragsgegner, die nicht miteinander verheiratet waren oder sind, lebten zunächst zusammen, trennten sich später. Sie haben die gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben. X lebt seit der Trennung der Eltern beim Antragsgegner. Dieser ist die hauptsächliche Bezugsperson von X. Früher hatte sie täglich Kontakt zu ihrer Mutter, der Antragsgegnerin. Diese ist jedoch mit ihrem Lebensgefährten und den Geschwistern von X (einem gemeinsamen Kind von Antragsgegnerin und Antragsgegner sowie einem Kind der Antragsgegnerin mit ihrem neuen Lebensgefährten) im Juli 2013 nach Bochum verzogen.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin hatten in der Empfängniszeit eine kurze Affäre. Als die Antragsgegnerin feststellte, dass sie schwanger war, hat sie dies dem Antragsteller mitgeteilt. Er hatte seinerzeit Zweifel an seiner Vaterschaft und brach daraufhin den Kontakt zur Antragsgegnerin vollständig ab. X kennt den Antragsteller daher nicht. Sie weiß nichts darüber, dass möglicherweise nicht der Antragsgegner, sondern ein anderer Mann ihr leiblicher Vater sein könnte.

Der Antragsteller ist verheiratet und hat inzwischen drei Kinder aus dieser Ehe. Dass er diese Kinder betreuen und heranwachsen sehen kann, habe in ihm den Wunsch entstehen lassen, auch zu seinem älteren Kind, X, eine Beziehung aufbauen zu wollen.

Der Antragsteller hat sich im Jahre 2012 beim Jugendamt gemeldet und um Vermittlung d...

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