Gesetzestext

 

(1) Die Personensorge umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält.

(2) Die Personensorge umfasst ferner das Recht, den Umgang des Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen.

(3) Über Streitigkeiten, die eine Angelegenheit nach Absatz 1 oder 2 betreffen, entscheidet das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils.

(4) 1Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde. 2Das Familiengericht kann in Verfahren nach Satz 1 von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson zusätzlich anordnen, dass der Verbleib bei der Pflegeperson auf Dauer ist, wenn

1. sich innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes vertretbaren Zeitraums trotz angebotener geeigneter Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen die Erziehungsverhältnisse bei den Eltern nicht nachhaltig verbessert haben und eine derartige Verbesserung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig nicht zu erwarten ist und
2. die Anordnung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

A. Abs 1: Anspruch auf Herausgabe des Kindes.

I. Anspruchsberechtigt.

 

Rn 1

ist nur, wer Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist (Kobl FamRZ 19, 1793; Nürnbg FamRZ 00, 369; BayObLG FamRZ 90, 1379). Sind dies beide Eltern, können sie den Anspruch nur gemeinsam oder ein Elternteil mit Zustimmung des anderen ggü Dritten geltend machen. Ein Elternteil kann vom anderen grds nur dann die Herausgabe des Kindes verlangen, wenn ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht (Naumbg FamRZ 18, 694). Daneben steht der Herausgabeanspruch gem § 1795 I 3 auch dem Vormund und dem Ergänzungspfleger zu (Brandbg FamRZ 00, 1038; AG Siegen FamRZ 09, 1501). Der personensorgeberechtigte Elternteil hat – wie auch der umgangsberechtigte Elternteil – in entsprechender Anwendung der §§ 1632 I, 1684 II grundsätzlich einen Anspruch auf Herausgabe des Kinderreisepasses, wenn er für die Ausübung seines Rechts den Kinderreisepass benötigt; die berechtigte Besorgnis, dass der Elternteil mithilfe des Kinderreisepasses seine elterlichen Befugnisse überschreitet (Entführung ins Ausland), kann entgegenstehen (BGH FamRZ 19, 1056).

II. Anspruchsverpflichtet.

 

Rn 2

ist derjenige, der das Kind in seiner Gewalt hat und die Herausgabe verweigert oder den Berechtigten auf andere Weise daran hindert das Kind wieder an sich zu bringen.

III.

 

Rn 3

Weitere Voraussetzung für den Herausgabeanspruch ist, dass das Kind dem Berechtigten widerrechtlich vorenthalten wird. Widerrechtlichkeit ist ausgeschlossen, wenn das Herausgabeverlangen einen Missbrauch der elterlichen Sorge darstellt, der unter § 1666 fällt (BayObLG FamRZ 90, 1379, 1381). Stets ist das Wohl des Kindes zu beachten, § 1697a (vgl BayObLG FamRZ 90, 1379, 1381; Kobl FamRZ 16, 1860). Daher ist das Herausgabeverlangen eines Elternteils gegenüber dem anderen abzuweisen, wenn die Voraussetzungen für eine Abänderung der früheren Sorgerechtsentscheidung gem § 1696 I vorliegen (Kobl FamRZ 16, 1860). Während einer wirksamen Inobhutnahme wird ein Kind dem Personensorgeberechtigten nicht widerrechtlich vorenthalten, weshalb dieser gegen das Jugendamt auch keinen Anspruch auf Herausgabe des Kindes hat; gegen den Verwaltungsakt der Inobhutnahme ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, nämlich der Widerspruch gem § 42 III S 2 SGBVIII (Frankf FamRZ 19, 1059; Brandbg FamRZ 19, 1060; vgl VG Augsburg FamRZ 20, 2007).

B. Abs 2: Bestimmung des Umgangs des Kindes.

 

Rn 4

Die Eltern üben das Umgangsbestimmungsrecht gemeinsam aus, wenn ihnen das Sorgerecht gemeinsam zusteht. Bei Uneinigkeit können sie gem § 1628 vorgehen. Neben der Umgangsgestattung, die meist stillschweigend erfolgt, wird der Umgang des Kindes in negativer Form durch Umgangsverbote bestimmt (vgl AG Flensburg FamRZ 12, 563). Dabei stellt sich die Frage nach den Grenzen des Bestimmungsrechts. Soweit der Person, mit der dem Kind der Umgang verboten werden soll, ein Umgangsrecht gem §§ 1684, 1685 zusteht, kann ein Verbot nur nach Maßgabe dieser Vorschriften erfolgen (vgl Brandbg FamRZ 16, 1093). IÜ darf das Bestimmungsrecht nicht missbräuchlich ausgeübt werden, wobei die Grenze in jedem Fall die Kindeswohlgefährdung nach § 1666 bildet. Bei älteren Kindern wird man die Missbrauchsschranke niedriger ansetzen und triftige und sachliche Gründe für das Umgangsverbot verlangen müssen, weil mit zunehmendem Alter das Selbstbestimmungsrecht des Kindes stärker zu beachten ist.

C. Abs 4: Verbleibensanordnung:

 

Rn 5

Durch diese besondere Schutznorm wird der Herausgabeanspruch gem § 1632 I dahin abgewandelt, dass die Herausnahme eines Kindes aus der Pflegefamilie zur Unzeit vermieden werden soll, um insb sein seelisches Wohl nicht zu gefährden (Hamm FamRZ 13, 389; BayObLG FamRZ 91, 1080). Die Vorschrift ermöglicht auch die Anordnung der Rückführung des Kindes, wenn die Beendigung des Aufenthalts des Kindes bei der Pflegeperson in unmittelbarem zeitlichem Zusammenh...

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