Rn 1

Die gesetzliche Zugewinnausgleichsregelung ist bewusst schematisch getroffen worden. Sie lässt für individualisierende Wertungen keinen Raum. Für Fälle, in denen das Ergebnis des Zugewinnausgleichs dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde, gibt die Norm jedoch die Möglichkeit, die Zugewinnausgleichsforderung herabzusetzen oder ganz entfallen zu lassen. Dabei dürfen nicht die auf Starrheit und Schematismus der Regeln über den Zugewinnausgleich beruhenden Ergebnisse nach Billigkeitsmaßstäben korrigiert werden (Ddorf FamRZ 15, 1497). Eine Billigkeitskorrektur ist nur möglich, wenn die Grundlagen des Zugewinnausgleichs gestört sind oder, wenn der nach den gesetzlichen Vorgaben ermittelte Zugewinnausgleich im Einzelfall den Sinn und den Gerechtigkeitsgehalt der Vermögensteilhabe unter Ehegatten grob verfehlt (BGH FamRZ 18, 1415; FamRZ 92, 787), dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (BGH FamRZ 92, 787; 80, 877). Die Norm wird daher eher einschränkend ausgelegt. Die Nichtberücksichtigung des Wertes einer in das Endvermögen der später verstorbenen Ehefrau fallenden Lebensversicherung, die an den Ehemann ausgezahlt worden ist, kann auf das Verbot der Doppelberücksichtigung gestützt werden, eines Rückgriffs auf § 1381 bedarf es nicht (aA Hambg FamRZ 15, 749).

 

Rn 2

Die Anforderungen sind strenger als die iRd §§ 242 oder 1579 (BGH FamRZ 92, 787; FamRZ 80, 877). Die grobe Unbilligkeit kann nur der Ausgleichsschuldner für sich reklamieren, während sie nicht zur Begründung oder Erhöhung eines Anspruchs herangezogen werden kann (Staud/Thiele Rz 3).

 

Rn 3

Das Leistungsverweigerungsrecht ist eine Einrede, die die Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Dauer hindert. Auf sie kann durch einseitige formlose Erklärung verzichtet werden (BGHZ 22, 267), antizipiert aber nur in den Grenzen des § 1378 III (Grüneberg/Brudermüller Rz 8). Sie kann auch von den Erben des ausgleichspflichtigen Ehegatten ausgeübt werden (BGH FamRZ 02, 606). Hat der Schuldner schon geleistet, kann er in den Grenzen des § 814 einen Bereicherungsanspruch aus § 813 haben.

 

Rn 4

In ihrem Anwendungsbereich stellt die Norm eine Generalklausel dar, die die Anwendung des § 242 ausschließt (BGH FamRZ 89, 1276), jedoch nicht außerhalb, weshalb zB wegen späterer Ereignisse der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung oder Verwirkung geltend gemacht werden kann (BGH FamRZ 77, 38 [BGH 13.10.1976 - IV ZR 104/74]).

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