Gesetzestext

 

(1) Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört.

(2) Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.

(3) Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Das Anfangsvermögen stellt nur eine Rechengröße dar und ist dasjenige Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten zum Stichtag des Eintritts in den Güterstand gehört. Durch II wird sichergestellt, dass bestimmte, mit der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht im Zusammenhang stehende Vermögensbestandteile außer Betracht bleiben. Wegen der Wertermittlung wird auf § 1376 verwiesen, wegen der Bedeutung des Verzeichnisses über das Anfangsvermögen auf § 1377.

 

Rn 2

Auch negatives Anfangsvermögen ist zu berücksichtigen. Da zugleich nach § 1375 II Verbindlichkeiten auch beim Endvermögen über die Höhe des Vermögens hinaus abgezogen werden können, stellt die Minderung von Belastungen einen Zugewinn dar. Ein Korrektiv beinhaltet § 1378 II, nach dem die Ausgleichsforderung auf die Höhe des nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhandenen Vermögens begrenzt wird.

 

Rn 3

Mit III wird klargestellt, dass der Abzug von Verbindlichkeiten auch für den privilegierten Erwerb gilt, was bei der Übernahme eines überschuldeten Erbes dazu führt, dass sich das Anfangsvermögen verringert, was erheblichen Bedenken begegnet, weil so der verheiratete Ehegatte, der die übernommenen Lasten mitträgt, schlechter gestellt ist als derjenige, der nach Übernahme des belasteten Erbes die Beendigung des Güterstandes erstrebt (vgl Weinreich FuR 09, 199).

 

Rn 4

§ 1374 ist durch formgebundenen Ehevertrag abdingbar. Es ist zB zulässig, das Anfangsvermögen wertmäßig festzulegen (Staud/Thiele Rz 49), einzelne Vermögensbestandteile durch Zurechnung zum Anfangsvermögen dem Zugewinnausgleich zu entziehen (BGH FamRZ 97, 800), privilegiert erworbenes Vermögen der Ausgleichsberechnung völlig zu entziehen (Nürnbg FamRZ 12, 1710) oder einen abw Berechnungszeitpunkt zu vereinbaren (MüKo/Koch Rz 46). Heben die Ehegatten die einmal vereinbarte Gütertrennung rückwirkend auf, kann der Beginn der Zugewinngemeinschaft auf den Beginn der Ehe vorverlegt werden (BGH FamRZ 98, 903).

B. Vermögensbegriff.

I. Aktivvermögen.

 

Rn 5

Das Vermögen besteht aus der Summe aller geldwerten Sachen und Rechte, die dem Ehegatten am Stichtag gehörten bzw bereits entstanden waren (BGH FamRZ 22, 425). Zum Stichtag vorhandene Forderungen gegen den anderen Ehegatten rechnen mit zum Anfangsvermögen. Diese Ansprüche müssen aber genau wie andere am Stichtag bereits entstanden sein, ohne dass es auf ihre Fälligkeit ankommt (BGH FamRZ 91, 46). Ansprüche und Verbindlichkeiten aus wiederkehrenden Leistungen sind bis zur Höhe der zum Stichtag fälligen und rückständigen Beträge zu berücksichtigen (Staud/Thiele Rz 5). Vor der Eheschließung erbrachte Leistungen des einen Ehegatten an den anderen können zwar dessen Anfangsvermögen beeinflussen, später wegen solcher Leistungen entstehende Ausgleichsansprüche sind dagegen irrelevant (BGH FamRZ 92, 160). Ebenso ohne Bedeutung sind solche Ansprüche, die, wie zB die Abfindung für eine Witwenrente nach Wiederverheiratung (§ 107 SGB VI), erst mit der Wiederverheiratung entstehen (BGH NJW 82, 279). Gehört ein Vermögensgegenstand beiden Eheleuten gemeinsam, zählt der jeweilige Miteigentumsanteil zum Anfangsvermögen.

II. Abzug von Verbindlichkeiten.

 

Rn 6

Auch negatives Anfangsvermögen ist nach III zu berücksichtigen, weshalb auch der Abbau von Schulden während der Ehezeit einen Zugewinn darstellt. Somit kommt die damit verbundene Verbesserung der wirtschaftlichen Situation nicht mehr nur einem Ehegatten zugute. Dabei werden zu Beginn des Güterstandes vorhandene Belastungen wegen des im Güterrecht geltenden Stichtagsprinzips auch dann mit ihrem vollen Wert eingesetzt, wenn über das Vermögen des Schuldners während der Ehezeit das Insolvenzverfahren eröffnet wird (Stuttg NJW 14, 2885; Naumbg FamRZ 15, 748). Der mit der Berücksichtigung der Schulden verbundenen Gefahr, sich zum Zweck der Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs verschulden zu müssen, wirkt § 1378 II entgegen, nach dem die Ausgleichsforderung auf die Höhe des am Ende der Ehezeit (vgl § 1384) vorhandene Vermögen begrenzt ist. Zu den ggf abzuziehenden Verbindlichkeiten gehören auch trotz des geltenden Stichtagsprinzips die erst beim Scheitern der Ehe entstehenden Ansprüche der Schwiegereltern auf Rückforderung von Zuwendungen (BGH FamRZ 10, 958; FamRZ 10, 1628), und zwar nicht indexiert und in voller Höhe (Ddorf NJW 14, 488). Nehmen künftige Ehegatten zur Finanzierung einer nur einem von ihnen gehörenden Immobilie ein gemeinsames Darlehen auf, so ist bei der Bewertung der Verbindlichkeit davon auszugehen, dass diese im Innenverhältn...

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