Rn 28

Ein besonderer Aspekt des Persönlichkeitsrechts ist der Schutz vor Angriffen auf die persönliche Ehre, etwa bei Diffamierung der Person (Schmähkritik vgl BVerfG NJW 12, 1643 [BVerfG 07.12.2011 - 1 BvR 2678/10]; 22, 680). Er wird heute nach allg Meinung als sonstiges Recht iRv § 823 I berücksichtigt. Darüber hinaus besteht eine normative Verankerung in besonderen Fällen in § 824 sowie im strafrechtlichen Ehrenschutz (§§ 185 ff StGB iVm § 823 II). Zu den Einzelheiten s MüKo/Rixecker Allg PersönlR Rz 94 ff; Erman/Ehmann § 12 Anh Rz 18 ff. Ehrenrührige Äußerungen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens sind privilegiert. Das gilt auch nach Abschluss des Verfahrens, BGH NJW 12, 1659 [BGH 28.02.2012 - VI ZR 79/11]. Das Spannungsverhältnis von Meinungsfreiheit und ehrverletzenden Äußerungen verlangt eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigung, die der persönlichen Ehre einerseits und der Meinungsfreiheit andererseits drohen. Eine solche Einzelfallabwägung ist ausnw nicht erforderlich, wenn die ehrverletzende Äußerung die Menschenwürde einer anderen Person antastet, wenn sie eine Schmähung darstellt (es steht die Diffamierung der Person im Vordergrund, nicht die Auseinandersetzung in der Sache) oder wenn sie als Formalbeleidigung (also als kontextunabhängige und gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begrifflichkeit) zu bewerten ist (BVerfG NJW 20, 2622, 2629, 2631 [BVerfG 19.05.2020 - 1 BvR 2397/19] und 2636 [BVerfG 19.05.2020 - 1 BvR 362/18]; dazu Ladeur JZ 20, 943; nunmehr BVerfG NJW 22, 680 – Fall Künast). In der Praxis wird der Bereich der Schmähkritik nicht selten deutlich zu eng gezogen (Teichmann JZ 20, 549). Insgesamt gibt das BVerfG dem Ehrenschutz einen zu geringen Stellenwert gegenüber der Meinungsfreiheit; deutlich gegenläufig nunmehr BVerfG NJW 22, 680 [BVerfG 19.12.2021 - 1 BvR 1073/20] – Fall Künast.

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