Gesetzestext

 

(1) 1Wird Guthaben wegen einer der in § 850d oder § 850f Absatz 2 bezeichneten Forderungen gepfändet, tritt an die Stelle der nach § 899 Absatz 1 und § 902 Satz 1 pfändungsfreien Beträge der vom Vollstreckungsgericht im Pfändungsbeschluss belassene Betrag. 2In den Fällen des § 850d Absatz 1 und 2 kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag einen von Satz 1 abweichenden pfändungsfreien Betrag festlegen.

(2) Das Vollstreckungsgericht setzt auf Antrag einen von § 899 Absatz 1 und § 902 Satz 1 abweichenden pfändungsfreien Betrag fest, wenn sich aus einer bundes- oder landesrechtlichen Vorschrift eine solche Abweichung ergibt.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des Absatzes 2

1. ist der Betrag in der Regel zu beziffern,
2. hat das Vollstreckungsgericht zu prüfen, ob eine der in § 732 Absatz 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen ist, und
3. gilt § 905 Satz 2 entsprechend.

(4) Für Beträge, die nach den Absätzen 1 oder 2 festgesetzt sind, gilt § 899 Absatz 2 entsprechend.

A. Normzweck und Systematik.

 

Rn 1

§ 906 regelt die gerichtliche Festsetzung eines von den §§ 899 I, 902 S 1 abweichenden pfändungsfreien Betrags. Damit flexibilisiert die Vorschrift die starren Bestimmungen über den Grundfreibetrag und die Erhöhungsbeträge. Während die Festsetzung des Grundfreibetrags gem § 899 I die erste Stufe des Kontopfändungsschutzes und die Möglichkeit der Erhöhungsbeträge nach § 902 S 1 die zweite Stufe bildet, ermöglicht § 906 eine individuelle Anpassung der Pfändungsfreigrenzen an die Verhältnisse des Schuldners als dritte Stufe des Kontopfändungsschutzes. § 906 überträgt dazu die lohnpfändungsrechtlichen, aber auch andere Vollstreckungsschutzbestimmungen auf das Pfändungsschutzkonto.

 

Rn 2

Die Norm ermöglicht sowohl eine Herabsetzung als auch eine Erhöhung des pfändungsfreien Betrags des Guthabens. Sie präzisiert und erweitert die bisherigen Regelungen in § 850k III, IV. Bei einer Kontopfändung wegen einer Unterhaltsforderung aus § 850d oder einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach § 850f II tritt nach Abs 1 an die Stelle des Grundfreibetrags und der Erhöhungsbeträge der vom Vollstreckungsgericht im Pfändungsbeschluss genannte Betrag. Dadurch können die pfändungsfreien Beträge der ersten und zweiten Stufe unterschritten werden. Abs 2 gleicht den Pfändungsschutz an andere Vollstreckungsschutzbestimmungen an und ermöglicht einen höheren pfändungsfreien Betrag des Guthabens. Abs 3 bestimmt die Anforderungen an die gerichtliche Entscheidung und Abs 4 stellt den Guthabenübertrag auf drei Folgemonate sicher.

B. Herabsetzung des pfändungsfreien Guthabens, Abs 1.

 

Rn 3

Wird wegen einer privilegierten Forderung aus §§ 850d, 850f II das Kontoguthaben gepfändet, tritt nach Abs 1 S 1 an die Stelle der nach den §§ 899 I, 902 S 1 pfändungsfreien Beträge der vom Vollstreckungsgericht im Pfändungsbeschluss belassene Betrag. Die Vorschrift baut auf dem Inhalt des bisherigen § 850k III über die bisherige Regelung für Unterhaltsforderungen auf. Diese gerichtliche Festsetzung gilt künftig auch für Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nach § 850f II, wie dies hier bereits zum früheren Recht vertretenen wurde (§ 850k Rn 88).

 

Rn 4

Voraussetzung ist eine von dem privilegierten Gläubiger bereits bei der Kontopfändung beantragte bevorrechtigte Vollstreckung. Abs 1 S 1 normiert damit den Inhalt des ursprünglichen Kontopfändungsbeschlusses wegen einer Forderung aus den §§ 850d, 850f II.

 

Rn 5

Als Folge ist das Kontoguthaben in Höhe des vom Vollstreckungsgericht im Pfändungsbeschluss bezifferten Betrags unpfändbar. Das unpfändbare Guthaben ist wie nach §§ 850d, 850f II zu bestimmen. Übereinstimmend mit dem bisherigen Recht darf das Vollstreckungsgericht einen Blankettbeschluss fällen. Dies folgt bereits aus der fehlenden Bezugnahme in Abs 3, der in Nr 1 regelmäßig einen bezifferten Betrag verlangt, auf das Verfahren nach Abs 1 S 1. Im bisherigen Recht sind für einen Blankettbeschluss bei einer privilegierten Vollstreckung nach § 850d Gutschriften in unterschiedlicher Höhe und eine Gleichrangigkeit des Vollstreckungsgläubigers und der sonstigen Unterhaltsberechtigten gefordert worden (BGH NJW 18, 555 [BGH 11.10.2017 - VII ZB 53/14] Rz 15).

 

Rn 6

Abs 1 S 2 regelt die spätere Festlegung eines von S 1 abweichenden pfändungsfreien Betrags. Erfasst werden die Konstellationen, in denen das Gericht bei einer Pfändung eines Guthabens wegen einer Unterhaltsforderung nach § 850d I, II einen pfändungsfreien Betrag festgesetzt hat. Die Regelung geht einerseits über den sachlichen Gehalt von § 850g hinaus, weil keine Änderung der Voraussetzungen für die Bemessung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens verlangt wird. Allerdings wird insoweit der Unterschied begrenzt sein. Bei der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses für den Änderungsantrag werden die entsprechenden Kriterien heranzuziehen sein. § 906 I 2 lässt allerdings offen, wer antragsberechtigt ist. Naheliegenderweise können Gläubiger und Schuldner nach der Vorschrift beim Vollstreckungsgericht beantragen, einen abweichenden pfändungsfreien...

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