Rn 50

Die Pfändung nach § 850f II erfolgt auf Antrag eines berechtigten Gläubigers. Der Antrag muss ausdrücklich auf eine Pfändung in den Vorrechtsbereich gerichtet sein oder zumindest dieses Begehren erkennen lassen. Der Antrag muss das pfändungsfreie Einkommen des Schuldners nicht betragsmäßig beziffern. Es genügt jedoch nicht, wenn der Gläubiger einen Pfändungsantrag stellt und sich die Bevorrechtigung aus dem Titel ergibt. Als Prozesshandlung ist der Antrag zwar so auszulegen, wie dies vernünftig ist sowie der recht verstandenen Interessenlage des Gläubigers entspricht (vgl BGHZ 149, 298, 310). Er muss aber erkennen lassen, dass mehr als nur eine Pfändung nach § 850c gewünscht ist. Der Antrag ist nicht fristgebunden und kann auch während einer laufenden Pfändung gestellt werden.

 

Rn 51

Die bevorrechtigte Pfändung ist beim örtlich zuständigen Vollstreckungsgericht zu beantragen (§ 828 Rn 7 f). Das Pfändungsgesuch kann mit den Anträgen nach den §§ 850b, 850c IV, 850d, 850e Nr 2 und 2a verbunden werden. Der Gläubiger trägt die Darlegungs- und Beweislast und muss sein Vollstreckungsprivileg durch einen qualifizierten Titel belegen (Rn 47 f). Das Anhörungsverbot aus § 834 ist verfassungskonform einzuschränken. Wegen der insoweit möglichen Gefährdung des verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimums muss das Verbot hier zurückstehen. (Anders/Gehle/Nober ZPO § 850f Rz 17; § 834 Rn 3). Allein durch eine Anhörung des Schuldners ist sein notwendiger Unterhaltsbedarf und der von ihm an die anderen Berechtigten zu leistende Unterhalt zu ermitteln. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist durch den funktionell zuständigen Rechtspfleger zu erlassen (§ 828 Rn 3).

 

Rn 52

Die Entscheidung ergeht durch zu begründenden Beschl (Benner Rpfleger 19, 553), der dem Drittschuldner und dem Schuldner zuzustellen ist. Das Gericht muss im Rahmen seiner Ermessensentscheidung alle Umstände des Einzelfalls würdigen. Es muss deswegen nicht notwendig bei einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung den pfändbaren Betrag herabsetzen. Dies kann etwa unterbleiben, wenn der Schuldner eine Geldstrafe nicht zahlen und eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müsste (LG Frankfurt NJW 60, 2249; Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850f Rz 13). Der Beschluss bestimmt den pfändungsfreien Betrag (BGH BeckRS 20, 19992). Gibt das Vollstreckungsgericht dem Antrag zumindest tw statt, muss der Beschl den unpfändbaren Betrag konkret festlegen. Der Beschl ist nicht hinreichend bestimmt, wenn sich die Höhe des erweitert pfändbaren Betrags nur aus einer an den Beschl angehefteten Anlage ergibt, auf die sich im Beschl selbst kein Hinweis findet (LAG Hamm VuR 13, 229 [LAG Hamm 23.08.2012 - 16 Sa 70/12]). Da die Höhe des pfändungsfreien Einkommens durch das Vollstreckungsgericht festgelegt wird, ist eine Vorpfändung nach § 845 unzulässig (aA Zö/Herget § 850f Rz 17).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge