Gesetzestext

 

(1) Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers sowie gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der in Streit befangenen Sache, gegen die das Urteil nach § 325 wirksam ist, erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

(2) Ist die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen.

A. Ratio.

 

Rn 1

Die Zwangsvollstreckung kann nach § 750 I nur beginnen (s vor §§ 704 ff Rn 12), wenn Gläubiger und Schuldner im Titel oder in der Vollstreckungsklausel namentlich als solche bezeichnet sind. Für oder gegen wen vollstreckt wird, ist eine Frage, deren Beantwortung den Vollstreckungsorganen entzogen ist, weil es sich um eine inhaltliche Bedingung der Vollstreckbarkeit handelt (St/J/Münzberg § 727 Rz 1). Für oder gegen andere Personen, als die in der Vollstreckungsklausel genannten, kann daher – unabhängig von materiellen Drittberechtigungen bzw Verpflichtungen und ohne dass prozessuale Urteilswirkungen für oder gegen Dritte nach § 325 per se eine Rolle spielen würden – nur vollstreckt werden, wenn diese nachträglich anstelle des alten Gläubigers oder Schuldners in die Klausel aufgenommen werden. Das geschieht im Wege der sog Titel- oder Klauselumschreibung, mit Hilfe derer Veränderungen in der materiellen Berechtigung oder Verpflichtung Rechnung getragen und die von § 750 I verlangte vollstreckungsrechtliche Legitimation des Rechtsnachfolgers hergestellt wird (BGH NJW 07, 3357, 3358; praktische Anleitung bei Soutier MittBayNot 11, 181, 275, 366). Mit diesem Instrument kann ein neuer Prozess für oder gegen den Rechtsnachfolger vermieden werden, sodass für ein solches Verfahren das Rechtsschutzinteresse nach § 727 fehlt, sofern es bei dem Titel nicht ausnahmsweise um einen Vergleich oder eine vollstreckbare Urkunde geht und der Gläubiger eine Klage nach § 767 gewärtigen muss (BGH NJW 57, 1111; KG FamRZ 05, 1759). Ein Recht auf die Vollstreckungsklausel hat der Rechtsnachfolger daher nur, wenn die Voraussetzungen nach §§ 727, 731 vorliegen. Dagegen ergibt sich eine Klauselberechtigung des Dritten nicht unmittelbar aus §§ 724 f, auch dann nicht, wenn der Schuldner zur Leistung an diesen verurteilt wurde (BGH NJW 84, 806).

B. Anwendungsbereich.

I. Direkter, kraft Inbezugnahme und entsprechender.

 

Rn 2

Die Vorschrift gilt unmittelbar für Fälle der Rechtsnachfolge bei Urteilen iSv § 704 (nach ganz hM auch bei vorläufig vollstreckbaren, BGH NJW-RR 01, 1362 [BGH 23.05.2001 - VII ZR 469/00]). Sie ist aber über § 795 auch bei allen anderen Titeln der ZPO einschlägig, grds auch bei Arrestbefehlen und einstweiligen Verfügungen (Loritz ZZP 106, 1 mwN) sowie zur Erwirkung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses (BGH FamRZ 10, 1160 = MDR 10, 838 mit Anm Hansens ZfS 10, 467). Bei Entscheidungen iRd fG findet sie ebenfalls Anwendung (Köln 21.8.12, 2 Wx 181/12). Kraft gesetzlicher Inbezugnahme gilt § 727 für folgende Fälle: §§ 728 (Nacherbschaft und Testamentsvollstreckung), 729 (Vermögensübernahme und Firmenfortführung), 738 (Bestellung eines Nießbrauchs; dazu BGH NJW 16, 1953 [BGH 18.12.2015 - V ZR 269/14]; krit Pohlmann NJW 16, 1905), 742, 744, 745 II (Gütergemeinschaft) und 749 (Testamentsvollstreckung). Entsprechend ist die Vorschrift heranzuziehen beim Eintritt einer Partei kraft Amtes in die rechtlichen Befugnisse einer anderen Person, zB des Insolvenzverwalters (BGH NJW-RR 05, 1716 [BGH 05.07.2005 - VII ZB 16/05] auf Gläubigerseite; BGH NJW 08, 918 [BGH 12.12.2007 - VII ZB 108/06]; NJW 97, 1445 [BGH 16.01.1997 - IX ZR 220/96]; BAG NZI 14, 870 [BAG 12.08.2014 - 10 AZB 8/14] auf Schuldnerseite; nicht für den Insolvenzgläubiger bei einem Titel gegen den Verwalter Schlesw BeckRS 10, 07214; App ZKF 10, 59, 60), des Nachlassverwalters (Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite: BGHZ 113, 132, 137 = NJW 91, 844; ThoPu/Seiler § 727 Rz 3a; nicht aber des Nachlasspflegers, der gesetzlicher Vertreter ist), des Zwangsverwalters (Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite: BGH NJW 86, 3206, 3207), des Rechtsnachfolgers nach einer Zwangsversteigerung (Derleder ZMR 13, 88) oder des Abwicklers einer Rechtsanwaltskanzlei nach § 55 BRAO (Karlsr NJW-RR 05, 293, 294: § 748 II analog; s aber Nürnbg NJW-RR 06, 1434 f: Kein Zugriff auf ein der Abwicklung dienendes Treuhandkonto). Zur Umschreibung auf den Treuhänder im vereinfachten Verfahren nach §§ 311 bis 314 InsO Kessler MittBayNot 07, 22, 24 f, unter Hinweis auf § 313 III InsO. Analog gilt § 727 grds auch für Veränderungen im Gesellschafterbestand einer GbR (BGHZ 187, 344 = NJW 11, 615 m Anm Bestelmeyer ZfIR 11, 117; Heinze DB 11, 460; Witt BB 11, 399; Reymann NJW 11, 1412; s aber BGH MDR 16, 168 m Anm Kießling WuB 16, 86; Volmer ZfIR 16, 191; NJW 11, 425, wenn die im Titel aufgeführten Gesellschafter der GbR bei Anordnung der Zwangsversteigerung mit den im GB eingetragenen Gesellschafter...

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