Rn 12

Zugestandene, unstreitige oder offenkundige Tatsachen bedürfen nach der gefestigten Rspr auch im Urkundenprozess keines (Urkunden-)Beweises (BGHZ 62, 286, 289 ff; 173, 366 Rz 13; BGH NJW 15, 475 [BGH 22.10.2014 - VIII ZR 41/14], Rz 14, 15). Dem ist trotz verbreiteter Kritik in der Lehre (ua Stürner NJW 72, 1257; MüKoZPO/Braun/Heiß § 592 Rz 26 ff; Leidig/Jöbges NJW 14, 892; auch Koch JR 16, 159) und in neuerer obergerichtlicher Rspr (München ZIP 12, 178; Schleswig NJW 14, 945; dagegen aber Ddorf BauR 17, 147) zuzustimmen. Der gegenteilige Wille des historischen Gesetzgebers hat in den §§ 592, 597 II nur einen unvollkommenen und widersprüchlichen Ausdruck gefunden. Auch die ratio des Urkundenprozesses, die auf der schnelleren Verfügbarkeit und dem größeren Beweiswert von Urkunden beruht, steht der hM nicht entgegen; der Urkundenbeweis hat keinen höheren Verlässlichkeitswert als Geständnis und Nichtbestreiten. Der im Urkundenprozess Bekl, der die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht bestreiten kann oder will, ist auch nicht schutzbedürftiger, wenn der Kl jene unstreitigen Tatsachen nicht durch Urkunden belegt; außerdem hat er dann die Möglichkeit, durch eigene Säumnis eine Abweisung der Klage als im Urkundenprozess unstatthaft zu erreichen, § 597 II. Inkonsequent ist es deshalb, unstreitige, zugestandene oder offenkundige Tatsachen nur zur Ausfüllung von Lücken im Urkundenbeweis als nicht beweisbedürftig anzusehen (so aber etwa BGHZ 62, 286, 292; Musielak/Voit/Voit § 592 Rz 11) und mindestens eine Urkunde (Frankf WM 95, 2079, 2081; Köln MDR 14, 1022) bzw die Möglichkeit zu fordern, dass der Kl den Urkundenbeweis führen kann (München Info M 2012, 86 [OLG München 23.12.2011 - 7 U 3385/11]). Vielmehr ist auch der – reichlich theoretische – Fall denkbar, dass der Bekl nach streitiger Verhandlung im Urkundenprozess verurteilt wird, ohne dass eine Urkunde vorgelegt wurde (Jena MDR 97, 975; St/J/Berger § 597 Rz 12; aA München ZIP 12, 178; Schleswig NJW 14, 945; Köln MDR 14, 1022). Erst recht gilt das natürlich für ein Anerkenntnis(vorbehalts)urteil (dazu § 599 Rn 3).

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