Gesetzestext

 

(1) Die Revision findet gegen die in der Berufungs- instanz erlassenen Endurteile nach Maßgabe der folgenden Vorschriften statt.

(2) 1Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist, findet die Revision nicht statt. 2Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.

A. Neukonzeption.

 

Rn 1

Das ZPO-RG vom 27.7.01 (BGBl I, 1887) hat eine Neukonzeption des Revisionsrechts geschaffen. Nach der ZPO aF war in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, bei denen das OLG den Wert der Beschwer auf einen Betrag von mehr als 60.000 DM festgesetzt hat, die Revision ohne Zulassung statthaft (allerdings mit der Maßgabe, dass der BGH die Annahme der Revision ablehnen konnte, wenn die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte, § 554b aF), während Rechtsstreitigkeiten über nichtvermögensrechtliche Ansprüche und solche, bei denen der Wert der Beschwer 60.000 DM nicht überschritten hat, der Zulassung durch das OLG bedurften (§ 546 aF). Das ZPO-RG setzt stattdessen an die Stelle der Wertrevision generell die Zulassungsrevision und gestaltet den Zugang zum Revisionsgericht damit einheitlich. Die Revision muss entweder durch das Berufungsgericht zugelassen werden oder ihre Zulassung durch den BGH durch Stattgabe der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erfolgen (§ 544 VIII).

 

Rn 2

Ausgehend von dem Zweck der Revision, einerseits dem öffentlichen allgemeinen Anliegen, das in der Wahrung der Rechtseinheit und der Fortbildung des Rechts besteht, und andererseits den Interessen der Parteien an der Beseitigung von Fehlurteilen zu dienen, beabsichtigte der Gesetzgeber des ZPO-RG mit der an die Stelle der Wertrevision gesetzten Zulassungsrevision auch solchen Fällen den Zugang zum Revisionsgericht zu eröffnen, die bisher wegen kleinen Streitwerten und damit verbundenem Beginn des Instanzenzuges beim Amtsgericht hierzu keine Chance hatten, obwohl sie durchaus streitige und für weite Bevölkerungskreise relevante Rechtsfragen betreffen können (BTDrs 14/4722, 65 ff); man denke nur an (wohnraum-)mietrechtliche Streitigkeiten, Gas- oder Strompreiserhöhungen.

 

Rn 3

An die Zulassung durch das Berufungsgericht ist der BGH als Revisionsgericht gebunden (§ 543 II 2; vgl jedoch § 552a und § 543 Rn 7). Hat jedoch weder das Berufungsgericht noch der BGH die Revision zugelassen, findet ein Revisionsverfahren nicht statt; über der Entscheidung des Berufungsgerichts wölbt sich der sprichwörtliche ›blaue Himmel‹, mag der Streitfall auch noch so (wirtschaftlich) bedeutend sein und für den davon Betroffenen existentiell erscheinen (von der Anhörungsrüge nach § 321a und einer eventuellen Verfassungsbeschwerde einmal abgesehen). Dasselbe galt bis zum 26.10.11, wenn das Berufungsgericht gem § 522 II entschieden hat; ein derartiger Beschl war kraft gesetzlicher Anordnung (vgl § 522 III aF) nicht anfechtbar. Seit dem 27.10.11 ist jedoch gegen einen Beschl gem § 522 II – unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der Entscheidung aufgrund eines Urteils, dh ab einem 20.000 EUR übersteigenden Wert der Beschwer – die Nichtzulassungsbeschwerde eröffnet (§ 522 III; vgl Gesetz zur Änderung des § 522 der ZPO v 21.10.11 BGBl I 2011, 2082; kritisch zur Möglichkeit der Beschlusszurückweisung nach § 522 II: Gehrlein, NJW 14, 3393).

B. Statthaftigkeit.

I. Allgemeines.

 

Rn 4

Neben den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Form und Frist der Einlegung und der Rechtsmittelbegründung sowie der Beschwer als ungeschriebenem Zulässigkeitsmerkmal eines jeden Rechtsmittels (BGHZ 50, 261, 263; zur Beschwer des Rechtsmittelführers vgl § 511 Rn 17–36) ist weitere Zulässigkeitsvoraussetzung des Rechtsmittels seine Statthaftigkeit.

 

Rn 5

Die Revision ist als Rechtsmittel gegen Berufungsurteile der OLG und der LG (Ausnahme: Sprungrevision gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile nach näherer Maßgabe von § 566) vorgesehen (statthaft). Es gibt allerdings auch Fälle, in denen das OLG als Gericht des ersten Rechtszuges entscheidet und gegen diese erstinstanzliche Entscheidung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Revision stattfindet (zB bei der Klage auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens s §§ 198 ff, 201 Abs 2 GVG; ebenso in den Fällen nach § 129 iVm §§ 92, 94, 108 VVG). Während § 201 Abs 2 S 4 GVG ausdrücklich die entsprechende Anwendung von § 544 anordnet, was zur Folge hat, dass § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO nF (vgl Rn 8) Anwendung findet (BGH NJW 13, 2762; vgl § 544 Rn 5 ff), ist in § 129 Abs 3 VGG (bis 31.5.16: § 16 Abs 4 S 6 UrhWahrnG) nur festgelegt, dass gegen die vom OLG erlassenen Endurteile die Revision ›nach Maßgabe der Zivilprozessordnung‹ stattfindet. Der BGH hat die zuvor streitige Frage, ob diese Formulierung eine zulassungsfreie Revision eröffnet, dahingehend entschieden, dass gegen erstinstanzliche Urteile nach § 16 IV 6 UrhWahrnG (jetzt: § 129 Abs 3 VGG) die Revision nur stattfindet, wenn sie vom OLG oder vom BG...

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