Rn 13

Der Rechtsstreit wird auch im vereinfachten Verfahren grds durch streitiges Urt entschieden, soweit dies auch im normalen Verfahren notwendig wäre. Es gelten jedoch erhebliche Erleichterungen betreffend die Urteilsabfassung, die sich bereits aufgrund der allgemeinen Vorschriften im Hinblick auf die Streitwertgrenze in § 495 S 1 iVm § 511 II Nr 1 aus § 313a I 1, 2 ergeben (Ausnahme: Zulassung der Berufung gem § 511 II Nr 2).

1. Tatbestand.

 

Rn 14

Danach ist dem Gericht die Abfassung eines Tatbestandes freigestellt, § 313a I 1 (Ausnahme: § 313a IV). § 320 bleibt für sinnentstellende Fehler anwendbar (Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 24, 83). Soweit die Berufungsinstanz den Berufungsstreitwert autonom höher festsetzt als der Amtsrichter, etwa weil die Beschwer des Beklagten als Berufungsführer höher ist, als es die des Klägers bei Einreichung der Klage (§ 4I) war, kann der aus Sicht des Amtsrichters zulässige Verzicht auf Abfassung des Tatbestandes einen schwerwiegenden Verfahrensfehler und eine darauf gestützte Zurückverweisung der Sache gem § 538 II 1 Nr 1 nicht begründen (aA offenbar Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 24), jedenfalls dann nicht, wenn die Streitwertentscheidung des Amtsrichters nicht rechtsfehlerhaft oder gar willkürlich gewesen ist und sich die Tatsachengrundlage, auf der das erstinstanzliche Urt beruht, zumindest aus den Entscheidungsgründen des amtsgerichtlichen Urteils erschließen lässt.

2. Entscheidungsgründe.

 

Rn 15

Auf die Entscheidungsgründe können die Parteien gem § 313a I 2 Hs 1 verzichten. Sie sind unabhängig davon gem § 313a I 2 Hs 2 auch dann entbehrlich, wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist. Ob der ›wesentliche Inhalt‹ iSv § 313a I 2 Hs 2 identisch sein muss mit den Anforderungen an die Entscheidungsgründe in § 313 III kann dahingestellt bleiben. Auch in einem solchen Fall gelten jedenfalls die Mindestanforderungen an die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Begründung. Formelhafte Bezugnahmen auf das Parteivorbringen und die Rechtsmeinung einer Partei reichen nicht aus (LG München NJW-RR 04, 354 [LG München I 20.01.2004 - 13 S 19545/03]), es muss eine rational nachvollziehbare Begründung gegeben werden (BVerfG NJW 95, 2911). Dabei muss das Gericht zumindest auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens eingehen (VerfGH NRW v 14.9.21 – VerfGH 137/21.VB-2). Für den Teil des Protokolls, der die Entscheidungsgründe enthält, gelten abw von §§ 160 IV, 164 die Vorschriften über Urteilsberichtigung, § 31, und Urteilsergänzung, § 321 (unklar insoweit Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 24, 39). Die Regelungen in § 313b betreffend Versäumnis-, Anerkenntnis-, und Verzichtsurteile gelten unverändert.

3. Verkündung.

 

Rn 16

Einer formellen Verkündung bedarf das Urt im vereinfachten Verfahren nicht, jedoch zumindest einer förmlichen Zustellung, § 317 (allgM, vgl Zö/Herget Rz 12 mwN; MüKoZPO/Deubner Rz 47). Diese setzt dann auch die Fristen in Lauf, zB die Notfrist gem § 321a II 1, aber auch, selbst bei unstatthaftem Vorgehen im Verfahren nach § 495a, etwa aufgrund fehlerhafter Bestimmung des Streitwerts, die Berufungsfrist gem § 517 (LG Berlin Grundeigentum 94, 405). Das nicht verkündete Urteil im vereinfachten Verfahren, das an Verkündungs statt zugestellt wird, gilt jedoch bereits mit Übergabe an die Geschäftsstelle als ›erlassen‹ iSd § 318, was bspw für die Frage der Verfahrensunterbrechung gem § 240 relevant wird (vgl AG Stralsund v 7.10.16 – 25 C 126/16; Schäfer, NJOZ 2015, 601 mwN).

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