Rn 2

§ 320 erfasst allein die Berichtigung des Tatbestands (RGZ 122, 332, 334: nicht Tenor und Entscheidungsgründe), wozu aber auch die in den Entscheidungsgründen ›versteckten‹ Feststellungen zum Tatsachenstoff gehören (BGH NJW 94, 517, 519 [BGH 07.12.1993 - VI ZR 74/93]; 97, 1931; § 314 Rn 2; BAG NZA-RR 15, 255, 256 [BAG 19.11.2014 - 5 AZR 121/13] Rz 12), und zwar auch bei Urteilen, denen überhaupt ein gesonderter Tatbestand fehlt (BGH NJW 97, 1931; aA ThoPu/Reichold Rz 2; Köln OLGZ 89, 78) oder bei Bezugnahme nach § 540 Abs 1 Nr 1 (BGH ZIP 11, 368 Rz 13) Ebenso wenig erfasst ist das wiedergegebene Prozessgeschehen (BGH NJW 83, 2030, 2032; Zö/Feskorn Rz 6), allerdings können nicht protokollierte, sondern in den Tatbestand aufgenommene Aussagen von Zeugen und Sachverständigen berichtigt werden (Celle NJW 70, 53 f; krit Musielak/Musielak Rz 2). Die Berichtigung eines Beschlusses nach § 320 kommt nicht in Betracht (Hamm BeckRS 15, 13338 Rz 4).

Inhaltlich erstreckt sich die Berichtigung auf Unrichtigkeiten, die nicht unter § 319 fallen. Abs 1 statuiert insoweit ein Exklusivverhältnis ggü § 319. Daher können Divergenzen zwischen Tatbestand und Entscheidungsgründen nur über § 319 oder im Instanzenzug bereinigt werden (RGZ 80, 172, 174). Keine Unrichtigkeit des Tatbestands ist die falsche Würdigung des Streitstoffs bzw eine fehlerhafte Beweisaufnahme (LAG Köln MDR 85, 171, 172), eine Verletzung der Hinweispflicht (FG BW EFG 96, 330) oder ein Verfahrensfehler.

Der Tatbestand ist nicht unrichtig, wenn der Parteivortrag nur dem Sinn nach, aber zutr wiedergegeben wird (AG Hattingen MDR 90, 729). Rechtsausführungen der Parteien sind nicht nach § 320 zu berichtigen (Musielak/Musielak Rz 2), desgleichen nicht Vorbringen aus einem nicht nachgelassenen Schriftsatz, da dieser prozessual unbeachtlich ist (Köln NJW-RR 91, 1536 [OLG Köln 01.07.1991 - 13 U 50/91]). Der Berichtigung einer Unrichtigkeit steht nicht entgegen, dass dann ein Verstoß gegen § 308 offenbar wird (Bsp Klägerantrag im Tatbestand wird durch Berichtigung von Zahlung in inländischer auf Zahlung in ausländischer Währung umgewandelt; Verurteilung lautet auf Zahlung in inländischer Währung); die dadurch beschwerte Partei muss den Verstoß mittels eines Rechtsmittels (nicht durch § 319) geltend machen.

Dunkelheiten sind solche Ausführungen, denen das Ziel der Ausführung nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Auslassungen rechtfertigen keine Berichtigung, wenn die Wiedergabe des Parteivortrags dem Knappheitsgebot des § 313 II zum Opfer fällt. Das gilt besonders für vorbereitende Schriftsätze, weil insoweit die Bezugnahme überflüssig ist (Schlesw SchlHA 71, 18; AG Frankfurt NJW 02, 2328 [AG Frankfurt am Main 31.05.2002 - 33 C 86/01 50], § 314 Rn 5). Demgegenüber kann die Auslassung erheblicher Punkte wie zB von Beweisantritten (OGHZ 4, 23) die Berichtigung rechtfertigen (St/J/Althammer Rz 9); die Berichtigung erstreckt sich dann aber eben auch nur auf den Tatbestand (Abs 5). Ist ein Antrag bei der Entscheidung übergangen worden, so greift allein § 321. Die Tatbestandsberichtigung kann nur vorbereitend dafür Sorge tragen, dass ein gestellter Antrag im Tatbestand genannt wird. Widersprüche sind keine inhaltlichen Widersprüche der Entscheidung selbst, sondern solche in der Darstellung im Tatbestand (Bsp Behandlung einer Tatsache sowohl als streitig als auch als unstr).

Ob als generelle Regel darüber hinaus stets nur dasjenige zum Gegenstand der Berichtigung gemacht werden kann, was zum Parteivorbringen iSd § 314 gehört (so Jena OLGR Jena 06, 455; Musielak/Musielak Rz 3; MüKoZPO/Musielak Rz 5), ist fragwürdig (ebenso Weitzel Tatbestand und Entscheidungsqualität S 80 ff; St/J/Althammer Rz 1); der systematische Zusammenhang mit § 319 spricht eher dagegen, was nicht ausschließt, in Grenzfällen eine harmonisierte Auslegung zu finden. Bei Anlehnung an § 314 ist nur das Parteivorbringen zu berücksichtigen, das Gegenstand mündlicher Verhandlung war (KG NJW 66, 601 f; BFH BB 83, 755; MüKoZPO/Musielak Rz 4); wegen der überflüssigen Verweisung auf vorbereitende Schriftsätze spielt diese Einschränkung aber ohnehin keine entscheidende Rolle. Bei einem durch die Sitzungsniederschrift bereits widerlegten Fehler des Tatbestands bedarf es § 320 an sich nicht, da dann das Protokoll allein maßgebend ist. Die Zulässigkeit des Berichtigungsantrags sollte davon aber nicht abhängen, da die Widerlegung zweifelhaft sein kann (St/J/Althammer Rz 6; aA Musielak/Musielak Rz 3).

Bei Revisionsurteilen kommt § 320 weitgehend nicht in Betracht, da § 314 insoweit nur für Parteivorbringen iSd § 551 III Nr 2b und Parteierklärungen in der Revisionsverhandlung gilt, also kann nur in diesem Umfang Berichtigung beantragt werden (BGHR 08, 345; BGHR ZPO § 320 Revisionsurteil 1), nicht aber wegen der in den Vorinstanzen gestellten Anträge (BGH NJW 99, 796). Entsprechendes gilt bei einem tatbestandslosen Berufungsurteil oder wenn lediglich auf die tatsächlichen Feststellungen im Urt Bezug genommen wird (§ 540 I, I...

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