Rn 9

Nach S 2 ist die Entkräftung der positiven und negativen Beweiswirkung nur durch das Sitzungsprotokoll möglich. Gemeint ist das Sitzungsprotokoll in der zum Urt führenden mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht; ein Hinweis auf Parallelprozesse oder einstweiliges Verfügungsverfahren genügte in keinem Fall. Ein Widerspruch zu Sitzungsprotokollen früherer Termine reicht ebenfalls nicht aus, es sei denn, die im Tatbestand aufgeführte Behauptung der Partei betrifft gerade den Vortrag in dem Termin, in dem das frühere Sitzungsprotokoll geführt wurde (Zö/Feskorn Rz 8). Eine Widerlegungswirkung kommt dem Protokoll aber nur insoweit zu, als es selbst mit Beweiskraft (§ 165) ausgestattet ist. Die jeweilige Angabe muss daher an der Beweiskraft des § 165 teilnehmen, was nur auf den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt des Protokolls zutrifft (§ 160) (BGH NJW 91, 2084, 2085). Die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift müssen dem Tatbestand unzweifelhaft widersprechen (BGH NJW-RR 13, 1334 [BGH 18.07.2013 - III ZR 208/12]). Ist die Beweiskraft des § 165 widerlegt, ist das Protokoll zur Widerlegung gem S 2 untauglich. Ggf ist Protokollberichtigung nach § 164 zu beantragen bzw durchzuführen. Das Schweigen des Protokolls soll zum Gegenbeweis nicht ausreichen, weil es keinen Widerspruch zum Tatbestand herstellen kann (BGHZ 26, 340; OLGZ 66, 178; ThoPu/Reichold Rz 3).

Die Vorlage eines früheren Schriftsatzes genügt nicht (BGH NJW 07, 2913, 2915 [BGH 09.07.2007 - II ZR 233/05]); für die negative Beweiswirkung gelten aber die Maßgaben der neueren BGH-Rechtsprechung (Rn 5). Eine Berichtigung des Tatbestands kommt (nur) über § 320 in Betracht (BGH NJW 93, 1851, 1852 [BGH 29.04.1993 - IX ZR 215/92]), nicht aber im Wege des Rechtsmittelverfahrens, da die Aufhebung des Urteils den Tatbestand nicht beseitigt (Rn 1 aE). Das ausdrückliche Zugeständnis der anderen Partei, dass der Tatbestand unrichtig ist, soll unerheblich sein (Frankf HRR 32, Nr 2310; MüKoZPO/Musielak Rz 7), doch ein wahrer Grund dafür ist nicht erkennbar, da öffentliche Interessen nicht berührt sind. Richtigerweise können die Parteien zudem in der nächsten Instanz prozessvertragliche Abreden über den beachtlichen Prozessstoff treffen (vgl Wagner S 641 ff).

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