Rn 3

Der streitgegenständliche (prozessuale) Anspruch muss nach Grund und Höhe streitig sein. Das kann nur bei solchen Ansprüchen der Fall sein, die Zahlungen von Geld oder Leistung anderer vertretbarer Sachen zum Gegenstand haben, also nicht bei Klagen auf Abgabe einer Willenserklärung oder auf Leistung unvertretbarer Sachen, bei Räumungsklagen oder bei Unterlassungsklagen. Beseitigungsklagen eignen sich nur dann für ein Grundurteil, wenn die Beseitigung ausnahmsweise in der Zahlung eines Betrags besteht. Der jeweilige Anspruch kann persönlicher oder dinglicher Natur sein (St/J/Althammer Rz 5). Auf den materiell-rechtlichen Rechtsgrund der Forderung kommt es nicht an (BGHZ 53, 17, 23: Bereicherungsanspruch). Auch Anfechtungsansprüche (§ 11 AnfG, § 143 InsO) können durch Grundurteil beschieden werden, soweit sie auf Leistung von Geld oder vertretbare Sachen gerichtet sind, erst recht Wertersatzansprüche (§ 143 I 2 InsO). Der jeweilige Anspruch muss allerdings nicht zum Gegenstand eines Leistungsantrags gemacht sein (missverständlich St/J/Althammer Rz 6), wohl aber dem streitgegenständlichen Lebenssachverhalt zugehören, sodass über den Klageantrag nicht ohne Rücksicht auf den Anspruch entschieden werden kann. Es genügt deshalb auch eine Klage auf Befreiung von einer auf eine solche Leistung gerichteten Verbindlichkeit (BGH NJW 01, 155, 156 [BGH 04.10.2000 - VIII ZR 109/99] mN: in casu abl wegen Unbestimmtheit der Verbindlichkeit), auf Einwilligung in die Auszahlung eines hinterlegten Betrags oder vertretbarer Sachen (Zö/Feskorn Rz 3) und auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen einer bestimmten Forderung – hier legt das Grundurteil die Existenz einer Duldungspflicht fest, das Betragsverfahren dessen Umfang. Es genügt nicht, dass der Anspruch nur Gegenstand einer Einwendung, insb einer Aufrechnung oder eines Zurückbehaltungsrechts ist (RGZ 101, 40, 41; BGH NJW 84, 2213, 2214 [BGH 24.02.1984 - V ZR 187/82]).

 

Rn 4

Bei einer Feststellungsklage kommt ein Grundurteil über die zugrundeliegende Verpflichtung in Betracht, wenn der Feststellungsantrag einen bestimmten Leistungsumfang beziffert. Fehlt es an einer Bezifferung, so ist zu differenzieren: Bei einem unbezifferten Feststellungsantrag (BGHZ 132, 320, 327) und unbezifferten Freistellungsansprüchen (BGH NJW 01, 155, 156) scheidet ein Urt iSd § 304 grds aus, da sich Grund und Höhe nicht unterscheiden lassen (Köln BeckRS 19, 14345). Das betrifft insb Fälle, in denen eine Schadensersatzpflicht von einer künftigen, im Einzelnen noch ungewissen Entwicklung abhängt (BGH NJW 91, 1896). Hat – wie häufig im Schadensersatzprozess – der Kl den bezifferten Leistungsantrag zulässigerweise (§ 253 Rn 4) mit einem unbezifferten Feststellungsantrag über den künftigen Schaden verbunden, so kommt ein Grundurteil über den Feststellungsantrag auch dann nicht in Betracht (Frankfurt 12.7.10, 1 U 195/09, BeckRS 10, 19121; BGH NJW 19, 661 [BGH 11.12.2018 - KZR 26/17] Rz 43; NJW-RR 21, 1068 Rz 7); richtig ist dann ein Teilendurteil über den Leistungsantrag und (stattgebendes) Teilurteil über den Feststellungsantrag gem § 301 I 2. Die Auslegung von Tenor und Entscheidungsgründen kann ergeben, dass genau dies gewollt ist (BGH NJW-RR 21, 1068 [BGH 19.03.2021 - V ZR 158/19] Rz 7). Umfassendes Grundurteil scheidet aus, wenn der Klagegrund nicht abschließend für alle Anträge beurteilt wird (Kobl NJW-RR 11, 1002 Ls = MDR 11, 944 [OLG Koblenz 06.01.2011 - 2 U 772/10]). Ein – unzulässiges – Grundurteil lässt sich in diesen Fällen im Zweifel nicht zugleich als ein stattgebendes Teil-Endurteil über den Feststellungsantrag auslegen oder entsprechend umdeuten (BGHZ 182, 166 Rz 10 f = NJW 09, 2814; Rostock 11.5.07 – 8 U 84/06 – juris = OLGR 07, 887). Zu den Folgen eines fehlerhaften Grundurteils Rn 23.

 

Rn 5

Ausnahmsweise kann ein Grundurteil über eine nicht bezifferte Feststellungsklage ergehen, wenn damit ein bestimmter Betrag in der Weise geltend gemacht wird, dass die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll (BGH NJW 94, 3295f), maW wenn sich die Haftung dem Grunde nach sowie die Höhe der Haftung trotz fehlender Bezifferung des Anspruchs unterscheiden lassen (vgl St/J/Althammer Rz 6f). Das trifft va in Dreieckssituationen zu, in denen die Feststellung begehrt wird, dass der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist, soweit der Kl ggü einem Dritten mit einer titulierten und bezifferten Forderung (in einem Konkursverfahren über dessen Vermögen) ausfallen wird (so bei BGH NJW 94, 3295 [BGH 09.06.1994 - IX ZR 125/93]). Bei bezifferten Feststellungsanträgen kann generell ein Grundurteil ergehen, wenn der Antrag zulässig ist, mithin trotz Möglichkeit der Leistungsklage ein Feststellungsinteresse besteht (§ 256 Rn 12). Demgegenüber lassen unbezifferte Leistungsanträge (§ 253 Rn 4) stets ein Grundurteil zu (Bsp Grundurteil über Pflicht zum Ersatz immateriellen Schadens, Betragsverfahren über die Höhe des Schmerzensgeldes).

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