Leitsatz (amtlich)

Ein Grundurteil ist unzulässig, wenn damit zugleich über den Feststellungsantrag entschieden wird. Der Auslegung, dass das Grundurteil sich nur auf den Leistungsantrag und nicht den Festsstellungsantrag bezieht, es sich der Sache nach um ein Teil-(Grundurteil) handelt, steht entgegen, dass ein solches Teilurteil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen birgt und deshalb unzulässig wäre (in Anknüpfung an BGH, NJW 1991, 1896; 1991, 2699; 2000, 1405; 2000, 1572; 1996, 1478; 1999, 1035 und 1719; 2004, 1452; 2009, 1824; BGHZ 107, 236 [242]; 120, 380; 139, 117; 173, 335).

 

Normenkette

ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 7, § 304

 

Verfahrensgang

LG Mainz (Urteil vom 14.06.2010; Aktenzeichen 4 O 361/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Grundurteil der 4. Zivilkammer des LG Mainz - Einzelrichterin - vom 14.6.2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die dortige Kammer zurückverwiesen.

Das LG wird auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Ansprüche gegen ihren Architekten geltend, da es bei ihrem Bauvorhaben zu gefährlichen Gebäudeabsenkungen gekommen ist.

Die Klägerin ist Eigentümerin des bebauten Grundstücks Römerstr. 20 in D. Der Beklagte war seinerzeit als Architekt mit dem Leistungsbild der Leistungsphasen 1 bis 4 nach § 15 HOAI beauftragt und hat dementsprechend die Genehmigungsplanung für das vorbezeichnete Objekt erstellt.

Der Bebauungsplan des fraglichen Gebiets verweist darauf, dass die Vorgaben aus dem Bodengutachten Dr. S. vom 23.8.1994 zu beachten sind. Dieses Gutachten enthält unter 5.2 den Hinweis, dass eine übliche Gründung auf Einzel- und Streifenfundamenten nur im Bereich der hoch liegenden Sande und Kiese möglich ist. In den übrigen Bereichen sind Tiefgründungen unter dem Schluff erforderlich.

Auch die statischen Berechnungen und die Ausführungsplanung für die Bodenplatte enthalten Hinweise, dass ein Bodengutachten und eine Baugrunduntersuchung erforderlich sind. Eine Baugrunduntersuchung wurde nicht durchgeführt. Nach Erstellung des Baues der Klägerin zeigte sich, dass der Boden nur bedingt tragfähig ist. Es kam zu einer Gebäudeabsenkung.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe weder eine Baugrunduntersuchung selbst in Auftrag gegeben noch sie auf eine solche Notwendigkeit hingewiesen. Ihr selbst seien die schwierigen Bodenverhältnisse nicht bekannt gewesen. Sie sei bautechnischer Laie. Das Gutachten des Geologen Dr. S. kenne sie nicht.

Die Sanierung koste mindestens 54.858,70 EUR. Hiervon seien Sowiesokosten i.H.v. 6.000 EUR abzuziehen. Es sei aber möglich, dass höhere Sanierungskosten entstehen würden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 48.858,70 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die infolge der Absenkungen des Gebäudes Römerstr. 20 in D. entstehen.

3. Den Beklagten zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.761,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, die Veranlassung eines Bodengutachtens sei nicht in seinem Auftragsumfang enthalten. Er habe keine Planung der Fundamente oder der Bodenplatte vorgenommen. Bei einem ersten Gespräch mit der Klägerin sei über die Problematik des Bodens gesprochen worden. Er habe auf die Notwendigkeit eines Bodengutachtens hingewiesen. Im Übrigen sei er davon ausgegangen, dass zumindest der Werksplaner bzw. der Bauleiter aufgrund der Hinweise des Statikers und der Ausführungsplanung der Bodenplatte ein Bodengutachten in Auftrag gebe. Die Gebäudesenkung sei durch Mitnahmesetzungen, die durch den Bau des Nachbargebäudes verursacht worden seien, zurückzuführen.

Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Der Beklagte rügt, dass es sich vorliegend um ein unzulässiges Grundurteil handele. Ein Grundurteil über einen unbezifferten Feststellungsantrag scheide wesensmäßig generell aus. Selbst wenn man das Grundurteil nur als (Teil-)Grundurteil hinsichtlich des bezifferten Antrags zu 1) auslegen wollte, bestehe die Gefahr widerstreitender Entscheidungen. Das Grundurteil sei auch wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Das LG habe sich nicht mit der Frage befasst, ob die Gebäudeabsenkungen durch Mitnahmesetzungen des Nachbargebäudes verursacht sein konnten.

Der Beklagte erstrebt unter Abänderung der angefochten Entscheidung die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LG, hilfsweise die Abweisung der Klage.

Die Klägerin beantragt, die Berufung gegen das angefochtene Urteil zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich um ein zulässiges Grundurteil handele, das auch abschlie...

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