Gesetzestext

 

(1) Die Klageschrift ist unverzüglich zuzustellen.

(2) Mit der Zustellung ist der Beklagte aufzufordern, einen Rechtsanwalt zu bestellen, wenn er eine Verteidigung gegen die Klage beabsichtigt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 271 dient neben der Verfahrensbeschleunigung auch der Rechtssicherheit wegen der Rechtshängigkeitswirkungen (§ 261). Die Aufforderung nach Abs 2 ermöglicht dem Bekl eine frühzeitige Verteidigung.

B. TB-Voraussetzungen.

I. Zustellung.

 

Rn 2

Die Zustellung einer beglaubigten Abschrift der Klage erfolgt vAw (§§ 166 ff). Es bedarf weder eines besonderen Antrags des Kl noch obliegt es ihm, um die Zustellung der Klage in bestimmter Form zu ersuchen; das Gericht selbst hat dafür Sorge zu tragen, dass eine wirksame Zustellung erreicht wird (BGH NJW 03, 2830 [BGH 11.07.2003 - V ZR 414/02]). Die Zustellung ist unwirksam, wenn die Klageschrift zugestellt wird ohne die in Bezug genommenen Anlagen oder ohne Übersetzung in EU-Auslandsfällen (gem Art 8 I EuZVO, VO EG 1348/00) und deshalb vom Empfänger zurückgewiesen wird (BGH NJW 07, 775 [BGH 21.12.2006 - VII ZR 164/05]).

Die Zustellung eines nach Schluss der mündlichen Verhandlung angebrachten Schriftsatzes, der eine (objektive und/oder subjektive) Klagerweiterung enthält, hat grds nur dann zu erfolgen, wenn das Gericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnet. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Partei die Klagerweiterung als neue separate Klageschrift behandelt sehen möchte (Schlesw SchlHA 13, 421).

Zweifel an der Wirksamkeit der Klagezustellung rechtfertigen nicht die Abweisung der Klage wegen fehlender Rechtshängigkeit, sofern die Heilung des etwaigen Zustellungsmangels noch möglich ist (BGH NJW-RR 11, 417 [BGH 07.12.2010 - VI ZR 48/10]).

1. Unverzüglich.

 

Rn 3

Die Zustellung der Klageschrift ist im ordentlichen Geschäftsgang möglich, sobald die Verfahrensgebühr (§ 12 GKG), auch vom Bekl (Ddorf OLGZ 83, 117), eingezahlt ist. Bei Falschbuchung der Kosten durch das Gericht sind ggf die Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben (Frankf NJW-RR 12, 893). Das Gericht darf bei ungeklärter interner Zuständigkeit die Zustellung nicht verzögern (LG Berlin ZMR 05, 955).

Das Unterlassen einer Verfügung der unverzüglichen Zustellung stellt eine Amtspflichtverletzung des Gerichts gegenüber dem Kl dar. Das Bundesland haftet für den dadurch eingetretenen Schaden nach den Grundsätzen der Amtshaftung (Stuttg FamRZ 13, 736 zum Scheidungsantrag). Auf jeden Fall sind Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht zu erheben (Frankf NJW-RR 12, 893 [OLG Koblenz 06.03.2012 - 14 W 124/12]).

2. Vorschuss.

 

Rn 4

Nicht erforderlich bei Kostenfreiheit, Armut oder Eilbedürftigkeit (§ 14 GKG). Die Verfahrensgebühr enthält bis zu zehn Zustellungen (GKG KV 1210/9002).

 

Rn 5

Der dem Kl kraft Gesetzes zustehende Anspruch auf unverzügliche Zustellung seiner Klage kann wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen sein (zB Briefbogen mit aufgedruckter verfassungswidriger politischer Zusätze, LG Stuttgart NJW 94, 1077). Eine gegen den Schuldner gerichtete Klage darf nicht ohne Rückfrage einfach an Insolvenzverwalter zugestellt werden, da es andernfalls nicht zum Eintritt der Rechtshängigkeit kommt (BGHZ 127, 156).

II. Aufforderung.

 

Rn 6

Nur im Anwaltsprozess (§ 78) vorgeschrieben.

III. Rechtsmittel.

 

Rn 7

Gegen die Ablehnung der Zustellung ist die sofortige Beschwerde nach § 567 statthaft (Frankf OLGR 07, 512).

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