Rn 46

Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt nicht notwendig einen bestimmten Antrag voraus, solange das Ziel des Rechtsmittels in bestimmter Weise erkennbar wird (BGH NJW-RR 17, 1341 [BGH 01.06.2017 - III ZB 77/16]). Ein Mangel wegen eines unbestimmten Klageantrags kann noch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz behoben werden. Die Heilung wirkt erst ab dem Zeitpunkt der Behebung des Mangels, wenn die Klage innerhalb einer Ausschlussfrist erhoben werden muss (BGH NJW 16, 2747 [BGH 17.03.2016 - III ZR 200/15]).

 

Rn 47

Grds genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, die daraus abgeleitete Rechtsfolge zu tragen (BGH NJW 12, 1647). Bei schlüssiger Klagebegründung ist die Angabe näherer Einzelheiten, die Zeit, Ort und Umstände bestimmter Ereignisse betreffen, nur dann nötig, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind, wenn der Vortrag infolge der Einlassung des Gegners unklar wird oder wenn die Angabe weiterer Umstände erforderlich ist, um dem Gegner die Nachprüfung der behaupteten Tatsachen und den Antritt von Gegenbeweisen zu ermöglichen (BGH VersR 99, 1279). In welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen substanziieren muss, hängt vom Einzelfall ab (BGH VersR 90, 656). Dabei beurteilt sich die Schlüssigkeit einer Klage nach dem Vorbringen des Kl im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Eine Partei ist daher nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insb zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen (BGH NJW-RR 95, 1340 [BGH 28.06.1995 - VIII ZR 1/95]). Hat eine Partei die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch unzureichend vorgetragen, kann sie diese jederzeit in den Prozess einführen. So ändert sich der Streitgegenstand einer Werklohnklage nicht, wenn eine neue Schlussrechnung vorgelegt wird. Das Vorbringen kann auch nicht in der Berufungsinstanz als verspäteter Vortrag gem §§ 527 I, 296 I zurückgewiesen werden (BGH NJW-RR 04, 167 [BGH 09.10.2003 - VII ZR 335/02]).

 

Rn 48

Der Umfang der sekundären Darlegungslast richtet sich einerseits nach der Intensität des Sachvortrags der beweisbelasteten Partei und findet andererseits seine Grenze in der Zumutbarkeit der den Prozessgegner treffenden Offenbarungspflicht (BGH WuB VII A § 138 ZPO 1.12).

 

Rn 49

Substanziiert ist der Vortrag, wenn der Anspruchsteller nur den Sachmangel vorträgt, aber nicht das Maß der Beeinträchtigung (BGH NJW 12, 1647 [BGH 29.02.2012 - VIII ZR 155/11]) oder der Geschädigte nur die geschätzten Kosten (z.B. Kostenvoranschlag) darlegt und Sachverständigenbeweis anbietet (BGH NJW-RR 09, 1236 [BGH 02.04.2009 - V ZR 177/08]). Die Beschreibung der Mängel muss aus sich heraus verständlich sein und erkennen lassen, was der Gläubiger vom Schuldner verlangt, ggf auch durch örtliche Eingrenzung mit Bezug auf Skizzen, Lagepläne, Sachverständigengutachten und Fotos (Brandbg BauR 20, 1205). Es besteht keine Pflicht, erforderliche Kosten vorprozessual durch ein Privatgutachten zu ermitteln (BGH IBR 10, 614). Der Beweisführer braucht sich nicht darüber zu äußern, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen eines Zeugen gestellten Behauptungen hat (BGH BGHZ 193, 159).

 

Rn 50

Unsubstanziiert ist der Vortrag, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist (BGH NJW-RR 10, 1217 [BGH 11.05.2010 - VIII ZR 212/07]) oder die beweisbelastete Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen ›aufs Geratewohl‹ oder ›ins Blaue hinein‹ aufstellt (BGH NJW-RR 11, 89 [BGH 15.09.2010 - XII ZR 188/08]). Fehlt es an hinreichenden Angaben zu Gegenstand und Grund des Anspruchs oder an einem bestimmten Antrag, ist eine dennoch zugestellte Klage – nach vorangegangenem Hinweis – als unzulässig abzuweisen (BGH NJW 84, 1807). Das Prozessurt erwächst in Rechtskraft nur im Hinblick auf den behandelten verfahrensrechtlichen Punkt und hindert den Kl nicht, nach Behebung des Zulässigkeitsmangels erneut zu klagen (BGH NJW-RR 12, 1506 [BGH 19.04.2012 - I ZR 86/10]).

 

Rn 51

Ein Verfahrensmangel ist in jeder Lage des Rechtsstreits vAw zu beachten (BGH MDR 18, 110 [OLG München 26.10.2017 - 23 U 1682/17]). Das Gericht hat auf die sachdienliche Fassung der Klageanträge hinzuwirken (BGH MDR 09, 998). Etwaigen Zweifeln und Unsicherheiten muss durch Hilfsanträge Rechnung getragen werden (BGH NJW 98, 2048 [BGH 02.04.1998 - IX ZR 107/97]). Auch auf Einwendungen des Bekl im laufenden Prozess muss uU sofort mit Hilfsanträgen reagiert werden (BGH NJW-RR 15, 188 [BGH 19.11.2014 - XII ZB 522/14]).

 

Rn 52

Um das Kostenrisiko zu begrenzen, kann mit Teilklage Verjährungshemmung aller Teilansprüche bis zur Höhe des eingeklagten ...

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