Rn 2

Ob das Gericht von der Möglichkeit der Vorabentscheidung Gebrauch macht, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit.

1. Bewilligung.

 

Rn 3

Ist Wiedereinsetzung nach Auffassung des Gerichts ohne weiteres zu bewilligen, wird es idR sinnvoll sein, dies vorab auszusprechen, jedenfalls, wenn die Hauptsache noch nicht entscheidungsreif ist. Dem Gegner muss zuvor – selbstverständlich – rechtliches Gehör zu dem Wiedereinsetzungsgesuch gewährt werden. Nur im umgekehrten Fall, dass das Gesuch abgelehnt wird, ist eine Anhörung des Gegners nicht erforderlich, da er durch die Ablehnung des gegnerischen Wiedereinsetzungsantrags nicht belastet wird.

 

Rn 4

Die Vorabentscheidung im Fall der Bewilligung der Wiedereinsetzung hat – da sie gem Abs 3 unanfechtbar ist – den Vorteil, dass sich die Parteien anschließend auf die Hauptsache konzentrieren können (MüKoZPO/Stackmann Rz 9). Sie kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ergehen. Hat das Gericht – was die Ausnahme sein dürfte – vorab nur über den Wiedereinsetzungsantrag mündlich verhandelt, hat die Entscheidung durch Zwischenurteil (§ 303) zu ergehen (MüKoZPO/Stackmann Rz 10); bei einer nach mündlicher Verhandlung bewilligten Wiedereinsetzung durch Beschluss dürfte die falsche Entscheidungsform aber unschädlich sein, da die positive Wiedereinsetzungsentscheidung gleichwohl wirksam und ohnehin nicht anfechtbar ist.

2. Ablehnung.

 

Rn 5

Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung aus der Sicht des Gerichts nicht vor, ist eine Vorabentscheidung darüber regelmäßig unzweckmäßig (vgl BGH NJW-RR 08, 218), denn aus der Versagung der Wiedereinsetzung wird sich regelmäßig die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ergeben, so dass dieses zu verwerfen ist; dies sollte aus Gründen der Prozessökonomie gleichzeitig mit der Ablehnung der Wiedereinsetzung erfolgen. Die Konstellation, dass der Wiedereinsetzungsantrag unbegründet, das Rechtsmittel aber gleichwohl nicht als unzulässig verworfen werden kann, dürfte nur dann eintreten, wenn die Wiedereinsetzung begehrende Partei irrig von der Versäumung der Frist ausgegangen ist (zB wenn sich später herausstellt, dass die angefochtene Entscheidung gar nicht wirksam zugestellt war, vgl BGHZ 47, 289, 291). In diesem Sonderfall dürfte der gebotene gerichtliche Hinweis, dass die Prozesshandlung fristgemäß und zulässig ist, regelmäßig dazu führen, dass der Wiedereinsetzungsantrag zurückgenommen oder nur noch hilfsweise gestellt wird.

3. Unzweckmäßige isolierte Entscheidung.

a) Isolierte Versagung der Wiedereinsetzung.

 

Rn 6

Wird entgegen der Zweckmäßigkeit Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Rechtsmittelfrist durch gesonderten Beschluss abgelehnt, muss dagegen Rechtsmittel eingelegt werden, sonst erwächst die Versagung der Wiedereinsetzung in Rechtskraft und ist für die Entscheidung über das Rechtsmittel bindend (BGH MDR 17, 723 [BGH 01.03.2017 - XII ZB 448/16]; MDR 16, 412; NJW 02, 2397 [BGH 16.04.2002 - VI ZB 23/00]).

b) Isolierte Rechtsmittelverwerfung.

 

Rn 7

Ist umgekehrt das Rechtsmittel wegen Versäumung der Begründungsfrist bereits verworfen worden, steht das einem Wiedereinsetzungsantrag nicht entgegen. Wird nachträglich Wiedereinsetzung bewilligt, entzieht das dem Verwerfungsbeschluss die Grundlage (BGH NJW 13, 697, 698 [BGH 28.11.2012 - XII ZB 235/09]; NJW-RR 07, 1718 [BGH 15.08.2007 - XII ZB 101/07]), ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Bei ordnungsgemäßem Verfahrensablauf sollte eine derartige Situation allerdings nicht eintreten, denn das Gericht muss dem Rechtsmittelführer vor der Verwerfung seines Rechtsmittels als unzulässig rechtliches Gehör gewähren (BGH aaO), ihn also etwa darauf hinweisen, dass das Rechtsmittel verspätet eingelegt wurde; dies gibt der betroffenen Partei Gelegenheit, Wiedereinsetzungsgründe vorzubringen und Wiedereinsetzung zu beantragen. Dies dient der Verfahrensökonomie und Vermeidung überflüssiger Rechtsmittel. Über den Wiedereinsetzungsantrag ist dann spätestens mit der Entscheidung über das Rechtsmittel zu befinden (BGH NJW-RR 14, 758). Hat das Gericht den Wiedereinsetzungsantrag unbeachtet gelassen und nur über das Rechtsmittel entschieden, liegt darin, dass über die beantragte Wiedereinsetzung nicht entschieden wurde, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die im Rechtsbeschwerdeverfahren zur Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses führt (vgl BGH aaO). Das Gleiche gilt, wenn das Gericht den Verwerfungsbeschluss erlassen hat, ohne die Partei zuvor überhaupt auf die Versäumung hingewiesen zu haben; auch diese Verletzung des rechtlichen Gehörs führt zur Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses (BGH JurBüro 09, 54).

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