Gesetzestext

 

(1) 1Das Bundesamt für Justiz führt eine Liste der qualifizierten Einrichtungen und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. 2Es übermittelt die Liste mit Stand zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres an die Europäische Kommission unter Hinweis auf Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2009/22/EG.

(2) 1Ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Interessen der Verbraucher durch nicht gewerbsmäßige Aufklärung und Beratung wahrzunehmen, wird auf seinen Antrag in die Liste eingetragen, wenn

1. er mindestens drei Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder hat,
2. er zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen ist und ein Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat,
3.

aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er

a) seine satzungsgemäßen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und
b) seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
4. den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden.

2Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen sowie andere Verbraucherverbände, wenn sie überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, diese Voraussetzungen erfüllen.

(3) 1Über die Eintragung wird durch einen schriftlichen Bescheid entschieden, der dem antragstellenden Verein zuzustellen ist. 2Auf der Grundlage eines wirksamen Bescheides ist der Verein unter Angabe des Namens, der Anschrift, des zuständigen Registergerichts, der Registernummer und des satzungsmäßigen Zwecks in die Liste einzutragen.

(4) Auf Antrag erteilt das Bundesamt für Justiz einer qualifizierten Einrichtung, die in der Liste eingetragen ist, eine Bescheinigung über die Eintragung.

A. Zweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift benennt die Anforderungen an Verbände und Institutionen, welche erfüllt sein müssen, um die Eintragung in die Liste bzw das EU-Verzeichnis und damit den Status einer klagebefugten qualifizierten Einrichtung iSv § 3 I 1 Nr 1 zu erlangen. Die Liste qualifizierter Einrichtungen wird beim Bundesamt für Justiz geführt und ist unter www.bundesjustizamt.de abrufbar. Die in Abs 2 genannten konkreten Anforderungen sind sachlich sinnlos: Die Anzahl der Mitglieder eines Verbands, die Dauer seiner Existenz oder seine Aufklärungs- und Beratungstätigkeit haben nichts mit seiner Eignung zur Rechtsdurchsetzung zu tun. Es handelt sich um künstlich aufgestellte Barrieren, die nur mit einer unbegründeten Furcht vor der Popularklage zu erklären sind (vgl bereits BGH GRUR 73, 78). Der Gesetzgeber handelt hier paradox, indem er einerseits die Rechtsdurchsetzung in die Hände von Verbänden gibt, zugleich aber den Kreis klagebefugter Verbände durch sachfremde Vorschriften stark einschränkt.

B. Eintragungsvoraussetzungen.

I. Struktur und Tätigkeit des Verbands.

 

Rn 2

Der einzutragende rechtsfähige Verband muss eine satzungsgemäße und tatsächliche Aufklärungs- und Beratungstätigkeit im Verbraucherinteresse entfalten (BGH NJW 86, 1613 [BGH 20.03.1986 - VII ZR 191/85]), die sich aber auf einzelne Branchen, Aspekte oder Regionen beschränken kann (BGH NJW-RR 88, 1443 [BGH 19.05.1988 - I ZR 170/86]). Aufklärung und Beratung sind nicht kumulativ zu verstehen, die Beratung eigener Mitglieder neben anderen Aktivitäten ist ausreichend (OVG Münster 23.9.21 – 4 A 1073/20). Sofern die Vereinssatzung dies nicht vorsieht, besteht keine regionale Beschränkung der Klagebefugnis, dh die Verbraucherzentrale eines Bundeslands darf auch wegen Verstößen in einem anderen Bundesland Klage erheben (BGH 22.9.11 – I ZR 229/10, vgl G. Hess GRUR-Prax 12, 145).

 

Rn 3

Die Tätigkeit des Verbands darf nicht gewerbsmäßig erfolgen, dh die Tätigkeit darf nicht zu Erwerbszwecken (Ulmer/Brandner/Hensen/Witt Rz 3) iSe Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden. Eine gewisse eigenwirtschaftliche Tätigkeit zur Finanzierung der satzungsgemäßen Aufgaben ist unschädlich (OVG Münster DVBl 18, 1238). Jedoch darf nicht die Gefahr einer Interessenkollision mit wirtschaftlichen Interessen bestehen, etwa bei sehr enger Verflechtung des Verbands mit einer Anwaltskanzlei und Förderung ihrer wirtschaftlichen Interessen (BVerwG GRUR 19, 1206 [BVerwG 03.04.2019 - BVerwG 8 C 4.18]). Werden Einnahmen aus Abmahnungen dagegen zur Finanzierung der satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins verwendet, so liegt darin kein Missbrauch der Verbandsklagebefugnis (BGH NJW 19, 3377 [BGH 04.07.2019 - I ZR 149/18]). Entgegen der Ansicht des VG Köln (GRUR-Prax 22, 422) ist es unschädlich, wenn neben Verbrauchern auch andere Gruppen geschützt werden (zB Kapitalanleger insgesamt), da dies die Tätigkeit auch im Verbraucherinteresse nicht hindert.

II. Mitglieder.

 

Rn 4

Die gem Abs 2 Nr 1 erforderlichen 75 Mitglieder ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge