Gesetzestext

 

(1) In Verfahren nach § 151 Nummer 6 sind die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 1 und 2, in Verfahren nach § 151 Nummer 7 die für Unterbringungssachen nach § 312 Nummer 4 geltenden Vorschriften anzuwenden. An die Stelle des Verfahrenspflegers tritt der Verfahrensbeistand. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands ist stets erforderlich.

(2) Ist für eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ein anderes Gericht zuständig als dasjenige, bei dem eine Vormundschaft oder eine die Unterbringung erfassende Pflegschaft für den Minderjährigen eingeleitet ist, teilt dieses Gericht dem für das Verfahren nach Absatz 1 zuständigen Gericht die Anordnung und Aufhebung der Vormundschaft oder Pflegschaft, den Wegfall des Aufgabenbereichs Unterbringung und einen Wechsel in der Person des Vormunds oder Pflegers mit; das für das Verfahren nach Absatz 1 zuständige Gericht teilt dem anderen Gericht die Unterbringungsmaßnahme, ihre Änderung, Verlängerung und Aufhebung mit.

(3) Der Betroffene ist ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat.

(4) In den in Absatz 1 Satz 1 genannten Verfahren sind die Elternteile, denen die Personensorge zusteht, der gesetzliche Vertreter in persönlichen Angelegenheiten sowie die Pflegeeltern persönlich anzuhören.

(5) Das Jugendamt hat die Eltern, den Vormund oder den Pfleger auf deren Wunsch bei der Zuführung zur Unterbringung zu unterstützen.

(6) 1In Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 soll der Sachverständige Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein. 2In Verfahren nach § 151 Nr. 6 kann das Gutachten auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden. 3In Verfahren der Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen genügt ein ärztliches Zeugnis; Satz 1 gilt entsprechend.

(7) Die freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen enden spätestens mit Ablauf von sechs Monaten, bei offensichtlich langer Sicherungsbedürftigkeit spätestens mit Ablauf von einem Jahr, wenn sie nicht vorher verlängert werden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Gem § 151 Nr 6 und Nr 7 sind auch Verfahren, die die freiheitsentziehende Unterbringung Minderjähriger und freiheitsentziehende Maßnahmen bei Minderjährigen betreffen, Kindschaftssachen. § 167 Abs 1 S 1 erklärt die für die Unterbringung Volljähriger geltenden Verfahrensvorschriften aufgrund größerer Sachnähe (ThoPu/Hüßtege § 167 Rz 1) für anwendbar. Dieser Grundsatz wird in Abs 1 S 2 und 3 sowie in den Abs 2–7 durch verschiedene Sondervorschriften modifiziert. Die Abs 2–5 führen die bislang in den Vorschriften der §§ 70 VII, 70a, 70d II, 70g V 1 FGG enthaltenen Regelungen zusammen. Abs 6 regelt die Qualifikation des Sachverständigen für die Erstattung eines Gutachtens bei Unterbringungsmaßnahmen abweichend von § 321.

 

Rn 2

Die Regelung ist aufgrund des Gesetzes zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehaltes für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern (Gesetz v 17.7.17, BGBl I, 2424; in Kraft seit dem 1.10.17) insb zusammen mit der materiell-rechtlichen Vorschrift des § 1631b II BGB in Abs 1 und Abs 6 dem nun bestehenden Genehmigungsvorbehalt auch für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern angepasst worden. Der BGH hatte zuvor in einer grundlegenden Entscheidung vom 7.8.13 (FamRZ 13, 1646) klargestellt, dass die Eltern für die Entscheidung über die Fixierung ihres autistischen Kindes in einer offenen Heimeinrichtung keiner familiengerichtlichen Genehmigung bedürfen. Mit Blick auf die erhebliche grundrechtliche Relevanz auch dieser Maßnahmen wurde dieser Zustand als nicht hinnehmbar kritisiert (BTDrs 18/11278, 15). Mit dem neu angefügten Abs 7 wird abweichend von § 329 Abs 1 S 1 die Höchstdauer der freiheitsentziehenden Unterbringung und von freiheitsentziehenden Maßnahmen bei Minderjährigen einheitlich auf 6 Monate bestimmt und die Möglichkeit der Verlängerung dieser Frist vorgesehen (BTDrs 18/11278, 19).

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

I. Anwendungsbereich.

 

Rn 3

Die Vorschrift des § 167 gilt zum einen für Kindschaftssachen, die die freiheitsentziehende Unterbringung Minderjähriger nach § 151 Nr 6 (zivilrechtliche Unterbringung Minderjähriger nach § 1631b I BGB) und § 151 Nr 7 (öffentlich-rechtliche Unterbringung nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker) betreffen. Darüber hinaus gilt die Norm auch für freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 151 Nr 6 (vgl. § 1631b II BGB).

 

Rn 4

Nicht anwendbar ist die Vorschrift auf ärztliche Zwangsbehandlungen bei Minderjährigen (zB eine medikamentöse Behandlung); insoweit bedürfen Eltern (anders als der Betreuer eines Volljährigen nach § 1832 II BGB) nach wie vor keiner familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1631b BGB (Dresd FamRZ 17, 621; Prütting/Helms/Hammer § 167 Rz 4).

II. Anwendbarkeit der Vorschriften über Unterbringungssachen, Abs 1 S 1.

 

Rn 5

Gem § 167 Abs 1 S 1 sind für die zivilrechtliche Unterbringung Minderjähriger nach § 151 Nr 6 (freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehender Maßnahmen, § 1631b BGB) die für Unterbringungssachen geltenden Vors...

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