Gesetzestext

 

(1) Ist in einer Scheidungssache der Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten, hat das Gericht ihm für die Scheidungssache und eine Kindschaftssache als Folgesache von Amts wegen zur Wahrnehmung seiner Rechte im ersten Rechtszug einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn diese Maßnahme nach der freien Überzeugung des Gerichts zum Schutz des Beteiligten unabweisbar erscheint; § 78c Abs. 1 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Vor einer Beiordnung soll der Beteiligte persönlich angehört und dabei auch darauf hingewiesen werden, dass und unter welchen Voraussetzungen Familiensachen gleichzeitig mit der Scheidungssache verhandelt und entschieden werden können.

(2) Der beigeordnete Rechtsanwalt hat die Stellung eines Beistands.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift ermöglicht es dem Gericht, dem anwaltlich nicht vertretenen Antragsgegner auch gegen seinen Willen einen Anwalt beizuordnen, wenn dies zu seinem Schutz erforderlich ist. Die Beiordnung nach § 138 ist von der Beiordnung eines Notanwalts gem § 113 I 2 iVm § 78b ZPO an denjenigen, der keinen (Rechtsanwalt findet, und der Beiordnung eines Rechtsanwalts gem § 113 I 2 iVm § 121 ZPO zu unterscheiden Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 138 Rz 2). Es kommt hier weder auf die wirtschaftliche Situation des Antragsgegners (Zö/Lorenz § 138 Rz 1; ThoPu/Hüßtege § 138 Rz 4) noch auf die Erfolgsaussichten seiner Rechtsverteidigung (MüKoFamFG/Heiter § 138 Rz 6 mwN) an. Die Beiordnung nach § 138 kommt nur als ›letzter Notbehelf‹ in Betracht (BTDrs 7/650, 210; Hamm FamRZ 82, 86; Frankf 18.2.1980 – 3 WF 242/90).

B. Die Vorschrift im Einzelnen.

I. Voraussetzungen.

 

Rn 2

Die Vorschrift ist nur in Scheidungsverfahren anwendbar und gem § 270 I auf die Lebenspartnerschaftssachen iSv § 269 I Nr 1 entsprechend anzuwenden. Ausreichend ist, dass ein Scheidungsverfahren anhängig ist; die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist nicht vorausgesetzt (ausdr MüKoFamFG/Heiter § 138 Rz 4; ThoPu/Hüßtege § 138 Rz 2).

 

Rn 3

Die Beiordnung muss zum Schutz des Antragsgegners in der Scheidungs- und einer Kindschaftssache als Folgesache unabweisbar erscheinen. Das ist der Fall, wenn er aus Unkenntnis, mangelnder Übersicht über seine Lage und die Konsequenzen der Scheidung oder wegen Beeinflussung durch den anderen Ehegatten seine Rechte in unvertretbarer Weise nicht selbst wahrnimmt (BTDrs 7/650, 210; Hamm FamRZ 98, 1123). Unerheblich ist, ob der Antragsgegner sich aus Gleichgültigkeit oder aber Uneinsichtigkeit so verhält (Zö/Lorenz § 138 Rz 1); die Beiordnung ist auch gegen seinen Willen möglich (ausdr Prütting/Helms/Helms § 138 Rz 1; Zö/Lorenz § 138 Rz 1; Dutta/Jacoby/Schwab/Lies-Benachib § 138 Rz 5.1). Nimmt der Antragsgegner aber seine Rechte wahr, wenn auch in unverantwortlicher Weise (zB mehrere Mandatsbeendigungen), kommt eine weitere Beiordnung nach § 138 nicht in Betracht (Hamm FamRZ 98, 1123; MüKoFamFG/Heiter § 138 Rz 8). Solange der Scheidungsantrag unschlüssig ist, soll eine Anwaltsbeiordnung nicht erforderlich sein (Prütting/Helms/Helms § 138 Rz 4; FAKomm-FamR/Roßmann § 138 Rz 6; J/H/A/Markwardt § 138 Rz 2; Schneider FamRB 10, 384; Hamm FamRZ 82, 86; aA MüKoFamFG/Heiter § 138 Rz 6). Gleiches gilt bei einer einvernehmlichen Scheidung, wenn sich die Ehegatten außergerichtlich bereits über die Scheidungsfolgen verständigt haben. Kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass der Antragsgegner sich in Kenntnis aller Folgen der mit der Scheidung verbundenen Rechtswirkungen nicht gegen das Begehren der Gegenseite zur Wehr setzen kann, hat eine Beiordnung zu unterbleiben (Frankf 18.2.80 – 3 WF 242/79, juris).

II. Verfahren und Entscheidung.

 

Rn 4

Das Gericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 138 vAw zu prüfen; ein Antrag des Antragsgegners ist nicht erforderlich. Mit der Zustellung der Scheidungsantragsschrift wird der Antragsgegner aufgefordert, für den Fall, dass er beabsichtigt, sich gegen den Scheidungsantrag zu verteidigen, einen Anwalt zu bestellen, § 113 I 2 iVm § 271 II ZPO. Kommt der Antragsgegner dieser Aufforderung nicht nach und werden dem Gericht Umstände bekannt, die die Beiordnung eines Anwalts erforderlich erscheinen lassen, muss es im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht den Antragsgegner gem Abs 1 S 2 persönlich anhören, eine schriftliche Anhörung reicht nicht aus. Das Gericht soll sich einen persönlichen Eindruck davon verschaffen, ob eine Beiordnung unabweisbar ist (Prütting/Helms/Helms § 138 Rz 7 mwN; MüKoFamFG/Heiter § 138 Rz 9). Im Rahmen der Anhörung hat das Gericht den Antragsgegner auch darauf hinzuweisen, dass und unter welchen Voraussetzungen Familiensachen gleichzeitig mit der Scheidungssache verhandelt und entschieden werden können. Erscheint der Antragsgegner nicht oder lässt er auf die Aufforderung, einen Anwalt zu bestellen, nichts von sich hören, so ist die Anhörung in der mündlichen Verhandlung durchzuführen, falls er ohne Anwalt erscheint. Bleibt er aus, so ist entspre § 128 IV zu verfahren (Zö/Lorenz § 128 Rz 2).

 

Rn 5

Sind zur Überzeugung des Gerichts die Voraussetzungen für eine Beiordnung gegeben, wird dem Antragsgegner ein Anwalt beigeordnet. ...

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