Gesetzestext

 

(1) Der nach § 78b beizuordnende Rechtsanwalt wird durch den Vorsitzenden des Gerichts aus der Zahl der in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwälte ausgewählt.

(2) Der beigeordnete Rechtsanwalt kann die Übernahme der Vertretung davon abhängig machen, dass die Partei ihm einen Vorschuss zahlt, der nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz zu bemessen ist.

(3) 1Gegen eine Verfügung, die nach Absatz 1 getroffen wird, steht der Partei und dem Rechtsanwalt die sofortige Beschwerde zu. 2Dem Rechtsanwalt steht die sofortige Beschwerde auch zu, wenn der Vorsitzende des Gerichts den Antrag, die Beiordnung aufzuheben (§ 48 Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung), ablehnt.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 78c ergänzt § 78b. Die Vorschrift setzt eine solche Entscheidung voraus und regelt die Umsetzung der nach § 78b getroffenen Grundentscheidung durch Auswahl eines bestimmten Anwalts (Abs 1), dessen Verpflichtung zum Tätigwerden (Abs 2) sowie die Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung (Abs 3). Der Anwendungsbereich erstreckt sich mit Ausnahme von Abs 2 auch auf die Beiordnung nach § 121 V, denn die fehlende Verweisung auf § 78c beruht auf einem Redaktionsversehen (Zö/Althammer § 78c Rz 2; Musielak/Voit/Weth § 78c Rz 1). Die Vorschrift gilt ferner in Ehe- und Familienstreitsachen (§§ 112, 113 I FamFG).

B. Auswahlverfahren.

 

Rn 2

Nachdem das Gericht in voller Besetzung die Beiordnung eines Notanwalts beschlossen hat, muss der Vorsitzende ohne Antrag unverzüglich vAw tätig werden. Der Vorsitzende ist an die Grundentscheidung gebunden, aus der der Partei ein Anspruch erwächst. Die Auswahl erfolgt aus dem Kreis der im Bezirk des Prozessgerichts zum Zeitpunkt der Beiordnung niedergelassenen (§ 27 BRAO) Rechtsanwälte. Die Aufhebung des Lokalitätsprinzips für Prozesse vor dem LG oder OLG hat daran nichts geändert (Bambg NJW 07, 2274, 2275). Die Auswahl eines dort nicht Niedergelassenen ist wirksam aber anfechtbar (Musielak/Voit/Weth § 78c Rz 3; aA Anders/Gehle/Weber ZPO § 78c Rz 5: unwirksam). IÜ steht die Auswahl unter den für den konkreten Fall geeigneten Anwälten im pflichtgemäßen Ermessen und setzt nicht das Einverständnis der Partei oder des Anwalts voraus. Obwohl die Partei keinen Anspruch auf Beiordnung des von ihr ausgewählten Anwalts hat (OVG Münster NJW 03, 2624), sind Wünsche und Bedenken der Partei und des Notanwalts, uU auch solche der übrigen Prozessbeteiligten, zu berücksichtigen, wenn sich bei objektiv wertender Betrachtung daraus beachtliche Gründe für oder gegen die Beiordnung ergeben. Da sich möglichst ein Vertrauensverhältnis einstellen soll, ist die Beiordnung eines Anwalts, der die Vertretung nicht übernehmen will oder den die Partei strikt ablehnt, problematisch. Der Vorsitzende muss nicht darf aber die Beteiligten einschließlich des in Betracht gezogenen Anwalts mündlich oder schriftlich anhören, um Wünsche und Bedenken zu erfahren. Im Übrigen ist darauf zu achten, dass kein Vertretungsverbot oder sonstige Hinderungsgründe (zB wegen eines Tätigkeitsverbots nach § 45 II, III BRAO; vgl Bremen MDR 08, 988 [BGH 08.11.2007 - I ZR 60/05] zu § 121) bestehen.

C. Entscheidung.

 

Rn 3

Der Vorsitzende entscheidet durch Verfügung (Abs 3 S 1), die Form des Beschlusses ist unschädlich (Anders/Gehle/Weber ZPO § 78c Rz 7; Zö/Althammer § 78c Rz 5). In der Verfügung ist der beizuordnende Anwalt namentlich zu bezeichnen, die Beiordnung einer Sozietät oder Partnerschaft soll nicht möglich sein, denn damit würde dieser die dem Vorsitzenden zugewiesene Auswahlentscheidung überlassen (Zö/Althammer § 78c Rz 5; Anders/Gehle/Weber ZPO § 78c Rz 7; Musielak/Voit/Weth § 78 Rz 3). Aus diesem Grund soll auch die Beiordnung einer Rechtsanwalts-GmbH ausscheiden (aA Nürnbg NJW 02, 3715 zu § 121). Diese Auffassung ist angesichts der Anerkennung von Rechtsanwaltsgesellschaften als Prozessbevollmächtigte (§§ 59c, 59l BRAO) überholt. Die Grundsätze aus der Entscheidung des BGH für die Zulässigkeit der Beiordnung einer Sozietät nach § 121 II (NJW 09, 440, 441 [BGH 17.09.2008 - IV ZR 343/07]; Nürnb NJW 13, 948 [OLG Bremen 09.01.2013 - 4 UF 126/12]) gelten auch für § 78c I mit der Folge, dass auch Rechtsanwaltsgesellschaften beigeordnet werden können (Zö/Althammer § 78c Rz 4). Die Entscheidung ist wegen der Anfechtbarkeit zu begründen. Eine fehlende Begründung macht die Entscheidung aber nicht schon deshalb unwirksam. Sie ist der Partei und dem Anwalt förmlich zuzustellen (§§ 329 II 2, 567, 569 I), die Unterrichtung des Gegners ist nicht notwendig (Musielak/Voit/Weth § 78c Rz 4) aber sinnvoll. Fehlt eine Grundentscheidung nach § 78b, ist die Entscheidung unwirksam, sie kann frühestens nach jener Wirksamkeit erlangen (Zö/Althammer § 78c Rz 5). Mit Zustimmung der Partei und des Notanwalts kann der Vorsitzende die Entscheidung jederzeit abändern (allgM Zö/Althammer § 78c Rz 5; Musielak/Voit/Weth § 78c Rz 4), sonst nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§§ 48 II, 45 BRAO). Die Änderung erfolgt nach den Regeln des Auswahlverfahrens. Die Bindung an den Beschl nach § 78b bleibt aber bestehen, diesen darf...

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