Gesetzestext

 

Ausschließlich zuständig ist in dieser Rangfolge:

1. das Gericht, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit allen gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
2. das Gericht, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit einem Teil der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern bei dem anderen Ehegatten keine gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben;
3. das Gericht, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt gehabt haben, wenn einer der Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit im Bezirk dieses Gerichts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
4. das Gericht, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
5. das Gericht, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
6. in den Fällen des § 98 Absatz 2 das Gericht, in dessen Bezirk der Ehegatte, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte, seinen Aufenthalt hat;
7. das Amtsgericht Schöneberg in Berlin.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift des § 122 regelt anstelle des bis zum 31.8.09 geltenden § 606 ZPO die örtliche Zuständigkeit der Familiengerichte in Ehesachen. Die sachliche Zuständigkeit des AG in Ehesachen folgt aus § 23a I 1 GVG iVm § 111 Nr 1; die funktionale Zuständigkeit des FamG folgt aus § 23b I GVG. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Familiengerichte in Ehesachen folgt aus der Brüssel IIa-VO (Abschn 1, Art 3 ff).

 

Rn 2

§ 122 enthält eine feste Rangfolge von Anknüpfungskriterien zur Bestimmung des für die Ehesache örtlich zuständigen Gerichts (Rn 5). Die einzelnen Tatbestände sind mit Nr versehen, um die Bezugnahme zu erleichtern (BTDrs 16/6308, 226).

 

Rn 3

Die örtliche Zuständigkeit des FamG in Ehesachen ist eine ausschließliche; das hat zur Folge, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung gem § 113 I 2 iVm § 40 II Nr 2 ZPO unzulässig ist. Das Gericht hat seine örtliche Zuständigkeit als Sachentscheidungsvoraussetzung vAw zu prüfen. Es ist ausreichend, wenn die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder einem ihr nach § 128 II ZPO gleichstehenden Zeitpunkt gegeben ist, sodass eine anfänglich (unbemerkt gebliebene) örtliche Unzuständigkeit nicht schadet. Eine nach Rechtshängigkeit des Antrags eingetretene Änderung des Gerichtsstandes ist nach § 261 III Nr 2 ZPO unschädlich (vgl § 261 Rn 17 ff; vgl auch Saarbr FamRZ 12, 654; Hamm FamRZ 08, 1007). Besteht die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht, ist das Verfahren an das zuständige Gericht abzugeben; nach Rechtshängigkeit erfolgt auf Antrag eine Verweisung nach § 113 I 2 iVm § 281 I 1 ZPO. Wird ein Verweisungsantrag auch auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis hin nicht gestellt, muss der Antrag als unzulässig verworfen werden.

 

Rn 4

Gem § 65 IV kann die Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Die Beschränkung der Beschwerdegründe soll Rechtsmittel vermeiden, die ausschließlich die fehlende Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts rügen, um die Beschwerdegerichte (OLG, § 119 I Nr 1 lit a GVG) von rein prozessualen Streitigkeiten zu entlasten (BTDrs 16/6308, 206). Gleiches gilt gem § 72 II für die Rechtsbeschwerde. Die internationale Zuständigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens vAw zu prüfen (BGH FamRZ 03, 370).

B. Die örtliche Zuständigkeit in Ehesachen im Einzelnen.

I. Hierarchischer Aufbau.

 

Rn 5

Wichtig für die Anwendung der Vorschrift ist das Verständnis der Formulierung ›in dieser Rangfolge‹. Hieraus folgt, dass der ASt nicht zwischen den insgesamt 7 Gerichtsständen frei wählen könnte. Vielmehr ist der an zweiter Stelle genannte Gerichtsstand nur dann gegeben, wenn der erste nicht einschlägig ist. Die jeweils folgende Nr ist dementsprechend nur dann heranzuziehen, wenn die vorhergehende nicht passt.

II. ›Gewöhnlicher Aufenthalt‹.

 

Rn 6

Die Vorschrift des § 122 knüpft die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts für die ersten 5 Tatbestände an den gewöhnlichen Aufenthalt. Das FamFG verwendet diesen Begriff auch in den weiteren Vorschriften zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Familiensachen (vgl zB §§ 152 II [Kindschaftssachen], 170 I, II [Abstammungssachen], 187 I–III [Adoptionssachen], 201 Nr 3, 4 [Ehewohnungs- und Haushaltssachen], 211 Nr 3 [Gewaltschutzssachen], 218 Nr 2–4 [VA-Sachen], 232 I Nr 2, III Nr 3 [Unterhaltssachen], 262 II [Güterrechtssachen], 267 II [sonstige Familiensachen]).

 

Rn 7

Der gewöhnliche Aufenthalt ist wie in dem bisherigen § 606 ZPO, § 45 FGG zu verstehen. Er wird von einer auf längere Dauer angelegten sozialen Eingliederung gekennzeichnet und ist allein von der tatsächlichen – ggf. vom Willen unabhängigen – Situation gekennzeichnet, die den Aufenthaltsort als Mittelpunkt der Lebensführung ausweist (BTDrs 16/6308, 206; stRspr BGH, vgl schon FamRZ 75, 272; 02, 1182; Hamm FamRZ 12, 645; Saarbr FamRZ 12, 654; KG FamRZ 14, 1790; Prütting/Helms/Helms § 122 Rz 5; MüKoFamFG/Lugani § 122 Rz 8 f; Sternal/Weber

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