Gesetzestext

 

(1) Gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) 1Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. 2Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren sind § 17 sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden.

(4) Auf die Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

[Ohne Titel]

 

Rn 1

Durch Art 21 des FGG-RG v 17.12.08 (BGBl I, 2586) wurde die Entscheidungskompetenz des Bundesgerichtshofs grdl geändert.

Nach der alten Regelung war die Entscheidung des Oberlandesgerichts endgültig und unanfechtbar. Wollte ein OLG von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, musste es die Sache dem BGH vorlegen, der an Stelle des Oberlandesgerichts die Entscheidung traf (§ 29 I aF).

 

Rn 2

Die Neuregelung gleicht den § 29 den Rechtsbeschwerdemöglichkeiten im FamFG (§ 70) und in der ZPO (§ 574) an.

A. Zulassungsvoraussetzungen.

I. Grundsätzliche Bedeutung.

 

Rn 3

Die Formulierung ›grundsätzliche Bedeutung‹ stellt kein ›vage Generalklausel‹ dar, die die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde in das Belieben des Gerichts stellt. Sie ist vielmehr ›ein überkommener, hinreichend eingrenzbarer und durch die Rechtsprechung bereits weithin ausgefüllter Rechtsbegriff‹ (BVerfG NJW 79, 151 [BVerfG 09.08.1978 - 2 BvR 831/76]). Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie Rechtsfragen aufwirft, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten können oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (BGH NJW 03, 65 [BGH 01.10.2002 - XI ZR 71/02]). In den Verfahren nach den §§ 23 ff ist nur die erste Variante von Bedeutung.

II. Fortbildung des Rechts.

 

Rn 4

Dieser Zulassungsgrund ist inhaltlich praktisch identisch mit dem Begriff ›grundsätzliche Bedeutung‹. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechts ist dann erforderlich, wenn durch die Entscheidung im Einzelfall für die Zukunft richtungsweisende Auslegungskriterien für Rechtsnormen formuliert oder Gesetzeslücken geschlossen werden können (BGH NJW 04, 289 [BGH 24.09.2003 - IV ZB 41/02]).

III. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

 

Rn 5

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde und die Entscheidung des Bundesgerichtshofes sind dann erforderlich, wenn ein OLG von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweicht. Damit entspricht dieser Zulassungsgrund der Vorlagepflicht an den BGH nach altem Recht (Rn 1).

B. Entscheidung über die Zulassung.

 

Rn 6

Das OLG hat bei der Entscheidung nach § 28 von Amts wegen darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen des Abs 2 vorliegen. Ein Antrag ist nicht erforderlich und als Anregung aufzufassen. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde sollte zur Vermeidung von Unklarheiten im Beschlusstenor ausgesprochen werden, doch ist die ausdrückliche Zulassung in den Gründen ebenfalls ausreichend (vgl BAG NJW 07, 3303 [BAG 17.01.2007 - 5 AZB 43/06] zu § 574 ZPO).

 

Rn 7

Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, muss dies weder im Beschlusstenor noch in den Gründen ausgesprochen bzw begründet werden (BGH BeckRS 20, 27101). Eine zumindest kurze Begründung ist insb dann wünschenswert, wenn die Zulassung der Rechtsbeschwerde mit substantiierter Sachvortrag angeregt wurde. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist – wie im ZPO- und FamFG-Verfahren – nicht anfechtbar.

C. Form und Frist.

 

Rn 8

Nach Abs 3 sind für die Einlegung der Rechtsbeschwerde die Regelungen des § 71 FamFG anwendbar. Die Rechtsbeschwerde muss demnach innerhalb eines Monats nach schriftlicher Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichung einer unterschriebenen Beschwerdeschrift beim BGH erhoben werden. Sie muss den angegriffenen Beschl bezeichnen und die Erklärung beinhalten, dass gegen diesen Beschl Rechtsbeschwerde eingelegt wird. Nach § 71 I 4 FamFG soll mit der Beschwerdeschrift eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des ergangenen Beschl vorgelegt werden. Eine Verletzung dieser Sollvorschrift ist allerdings folgenlos.

 

Rn 9

Der Beschwerdeführer muss die Rechtsbeschwerde innerhalb eines Monats nach schriftlicher Bekanntgabe des Beschlusses begründen (§ 71 II FamFG). Neben den Rechtsbeschwerdeanträgen muss dargelegt werden, aus welchen Umständen sich die Rechtsverletzung ergibt. Werden Verfahrensverstöße gerügt, müssen die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben (§ 71 III FamFG).

D. Die Entscheidung des BGH.

 

Rn 10

Der BGH ist an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das OLG gebunden (Abs 2 S 2).

 

Rn 11

Ansonsten gilt durch die Verweisung in Abs 3 der § 74 FamFG für die Entscheidung des Bundesgerichtshofes. Zunächst wird die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde geprüft (§ 74 I FamFG). Si...

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