Gesetzestext

 

(1) 1Über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts einschließlich des Handelsrechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege getroffen werden, entscheiden auf Antrag die ordentlichen Gerichte. 2Das Gleiche gilt für Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Untersuchungshaft sowie derjenigen Freiheitsstrafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung, die außerhalb des Justizvollzuges vollzogen werden.

(2) Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann auch die Verpflichtung der Justiz- oder Vollzugsbehörde zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden.

(3) Soweit die ordentlichen Gerichte bereits auf Grund anderer Vorschriften angerufen werden können, behält es hierbei sein Bewenden.

[Ohne Titel]

 

Rn 1

Abs 1 S 2 wurde geändert durch Art 2 des Gesetzes v 13.12.07 (BGBl I, 2894).

A. Normzweck.

 

Rn 2

Die §§ 2330 wurden mit Wirkung zum 1.4.60 eingefügt. Die Unsicherheit, ob Justizverwaltungsakte vom Verwaltungsrechtsweg ausgenommen sind, wurde dadurch beseitigt (vgl zur Gesetzesgeschichte Kissel/Mayer § 23 Rz 1). Durch die §§ 23 ff wird Art 19 IV GG konkretisiert (BGH NJW 94, 1950 [BGH 17.03.1994 - III ZR 15/93]). Sie waren zunächst als Übergangslösung gedacht und sollten durch Regelungen in Einzelgesetzen ersetzt werden. Diese Erwartungen wurden vom Gesetzgeber nicht umgesetzt.

 

Rn 3

Für Justizverwaltungsakte, die auf den aufgeführten Sachgebieten ergehen, wird unter Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbarkeit der ordentliche Rechtsweg eröffnet (BVerwGE 47, 255, 260 = NJW 75, 893). Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die ordentlichen Gerichte den Verwaltungsmaßnahmen in den aufgeführten Gebieten sachlich näher stehen als die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit und über die zur Nachprüfung erforderlichen Erkenntnisse verfügen. Als Ausnahme zur Generalklausel des § 40 VwGO ist die Bestimmung eng auszulegen (BGH ZIP 07, 1379). So liegt z.B. kein Justizverwaltungsakt vor, wenn es ein Gerichtsvollzieher ablehnt, ein Schriftstück an ein Generalkonsulat zuzustellen, mit dem der Antragsteller seine ausländische Staatsangehörigkeit aufgeben möchte. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte begründet ist (BGH DGVZ 13, 14).

 

Rn 4

Justizverwaltungsakte auf einem nicht im Abs 1 genannten Gebiet fallen nicht unter die §§ 23 ff Sie gelten auch nur für Justizverwaltungsakte der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 12 GVG), nicht für Maßnahmen, die innerhalb anderer Gerichtsbarkeiten, zB der Arbeitsgerichtsbarkeit (BGH NJW 03, 2989), ergehen.

 

Rn 5

Wie § 42 VwGO sieht auch § 23 sowohl einen Anfechtungs-, als auch einen Verpflichtungsantrag vor. Ziel des Anfechtungsantrags. ist die Aufhebung eines Justizverwaltungsakts, Ziel des Verpflichtungsantrags. ist die Anweisung an die Justizbehörde, einen Justizverwaltungsakt zu erlassen. Besteht für die Justizbehörde ein Ermessen, kann die Anweisung nur darin bestehen, einen (erneuten) Bescheid zu erlassen.

B. Justizverwaltungsakte.

 

Rn 6

Darunter ist jedes hoheitliche Handeln einer Justizbehörde mit unmittelbarer Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls zu verstehen, das die betroffene Person in ihren Individualrechten unmittelbar verletzen kann. Eine unmittelbare Außenwirkung tritt ein, wenn das hoheitliche Handeln unmittelbare rechtliche Folgen hat (Hamm NJW 72, 2145). Justizverwaltungsakte sind nicht als ›Verwaltungsakte‹ im technischen Sinn des § 42 VwGO zu verstehen. Eine besondere Form des hoheitlichen Handelns ist nicht erforderlich, um es als Justizverwaltungsakt zu qualifizieren (BGH NJW 63, 1789). Auch ein Realakt oder ein schlicht hoheitliches Handeln ist als Justizverwaltungsakt anfechtbar.

 

Rn 7

Der Begriff ›Justizbehörde‹ ist gesetzlich nicht definiert. Nach hM ist er im funktionellen Sinne zu verstehen, dh die Behörde muss eine Aufgabe wahrgenommen haben, die ihr als spezifische Aufgabe auf einem der in § 23 genannten Rechtsgebiete zugewiesen ist (BGH NJW-RR 08, 717 [BGH 19.12.2007 - IV AR(VZ) 6/07]). Deshalb kommen als Justizbehörden nicht nur Gerichte (soweit sie nicht rechtsprechend tätig werden) in Betracht, sondern auch Justizminister, Finanzminister (Hamm MDR 86, 163), Innenminister (Hamm NStZ 90, 44) und jede andere Behörde, die Aufgaben iSd Abs 1 wahrnimmt, wie zB das Bundeskartellamt (KG MDR 80, 676), die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg (VGH Mannheim NJW 69, 1319 [VGH Baden-Württemberg 11.03.1969 - IV 481/68]) oder die Schiedsstellen, die aufgrund des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VVG v 24.5.16, BGBl I 1190) errichtet wurden (BayObLG BeckRS 21, 35536).

 

Rn 8

Entscheidungen iRd Rechtsprechung sind keine Justizverwaltungsakte und deshalb nicht nach §§ 23 ff anfechtbar. Art 19 IV GG gewährt kei...

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