Gesetzestext

 

(1) Jeder an bestimmten Gerichtsverfahren Beteiligte kann gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Mitgliedstaats, in dem Zustellung beantragt wird, zustellen lassen, sofern eine solche unmittelbare Zustellung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats zulässig ist.

(2) Ein Mitgliedstaat, der die unmittelbare Zustellung zulässt, informiert die Kommission darüber, welche Berufsgruppen oder qualifizierten Personen in ihrem Hoheitsgebiet die unmittelbare Zustellung von Schriftstücken vornehmen dürfen. Die Kommission macht diese Informationen im Europäischen Justizportal zugänglich.

 

Rn 1

Die Vorschrift ermöglicht eine beschleunigte Zustellung im Parteibetrieb ohne Einschaltung einer Übermittlungsstelle. Für Verfahren vor deutschen Gerichten verbleibt damit nur ein enger Anwendungsbereich (s insb §§ 750 I, 829, 929 II, s.a. § 166 Rn 2 und § 191 Rn 2). Ist nach dem deutschen Verfahrensrecht im Parteibetrieb zuzustellen und ist dies auch nach dem Recht des Empfangsmitgliedsstaats zulässig, ist zwingend der Weg der unmittelbaren Zustellung zu beschreiten (Frankf NJW-RR 21, 211 [OLG Karlsruhe 07.12.2020 - 9 U 34/19], anders LG Köln, GRURPrax 22, 562). Unmittelbare Zustellungen in ausländischen Verfahren sollen nach der Mitteilung der Bundesregierung nur zulässig sein, wenn das zuzustellende Schriftstück funktionell einem solchen entspricht, für das auch in Deutschland eine Zustellung im Parteibetrieb eröffnet wäre (ebenso Vollkommer/Huber NJW 09, 1105, 1109). Eine solche funktionell beschränkte Zulässigkeit ist Art 20 EuZVO aber fremd, wie sich nun auch deutlich aus dessen Abs 2 ergibt (ebenso MüKoZPO/Rauscher Art 15 Rz 9, vgl auch St/J/Domej; ausf Fabig/Windau NJW 22, 1977 Rz 9).

 

Rn 2

Welche europäischen Länder eine Parteizustellung kennen, ist der jeweiligen Länderseite im Europäischen Justizportal (https://e-justice.europa.eu/content_serving_documents-373-de.do) zu entnehmen. Dort wird außerdem bekannt gemacht, welche Berufsgruppen oder qualifizierten Personengruppen zur unmittelbaren Zustellung befugt sind, die Mitgliedsstaaten teilen dies der Kommission gem Abs 2 mit. In Deutschland erfolgt die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher (§ 192), an den sich die betreibende Partei unmittelbar zu wenden hat. Die Übermittlungs- und Empfangsstellen gem Art 3 und 4 sind nicht einzuschalten.

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