Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Geschäftsgebühr auf den Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe auf seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfevergütung aus der Staatskasse anzurechnen ist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte den Beklagten auf Abänderung einer Jugendamtsurkunde hinsichtlich des zu zahlenden Kindesunterhalts in Anspruch genommen. Dem Beklagten wurde unter Beiordnung seines Anwalts Prozesskostenhilfe bewilligt. Das gerichtliche Verfahren wurde durch Vergleich bei Kostenaufhebung beendet.

Nach Beendigung des Verfahrens hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten beantragt, seine Vergütung auf insgesamt 377,82 EUR festzusetzen. Hierin war eine Verfahrensgebühr gemäß VV 3100 RVG i.H.v. 110,50 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer enthalten. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten gab zudem die Erklärung ab, dass er vorgerichtlich keine Zahlungen, d.h. weder eine Gebühr für Beratungshilfe noch eine Geschäftsgebühr erhalten habe.

Seine Vergütung wurde von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des AG auf 312,08 EUR festgesetzt. Dabei wurde eine nach § 49 RVG berechnete 0,5 Geschäftsgebühr i.H.v. 65,75 EUR brutto auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten wurde zurückgewiesen. Hiergegen wandte er sich mit der Beschwerde, der das AG ebenfalls nicht abhalf und die Sache dem OLG vorlegte.

Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, dass die Geschäftsgebühr auf seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfevergütung aus der Staatskasse nicht anzurechnen sei.

 

Entscheidung

Die Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des OLG hatte der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, die den in dem angefochtenen Beschluss festgesetzten Betrag übersteige.

Eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV sei angefallen und von dem Beschwerdeführer in seinem Festsetzungsantrag auch zutreffend berechnet worden. Da der Beschwerdeführer jedoch - wie sich aus der im Hauptsacheverfahren vorgelegten vorgerichtlichen Korrespondenz ergebe - vorgerichtlich für den Beklagten tätig gewesen sei, sei die hierdurch entstandene 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Dies gelte auch im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Rücksicht darauf, ob die Geschäftsgebühr auf materiell-rechtlicher Grundlage vom Prozessgegner erstattet werden müsse oder ob sie unstreitig, geltend gemacht, tituliert oder bereits beglichen sei (so BGH, FamRZ 2009, 225; BGH FamRZ 2008, 878; aA OLG Oldenburg, FamRZ 2008, 541, 542).

Der von dem Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, wonach im Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Verfahrensgebühr des beigeordneten Anwalts nicht um die Hälfte der Geschäftsgebühr zu kürzen sei, folgte das OLG nicht. Sie finde im Gesetz keine Grundlage. Die hier maßgebliche Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 RVG-VV enthalte keine Ausnahmeregelung zugunsten beigeordneter Rechtsanwälte, eine solche wäre auch nach dem Zweck der Vorschrift nicht gerechtfertigt, der gerade darin bestehe, eine doppelte Honorierung des wegen desselben Gegenstands außergerichtlich und gerichtlich tätig gewordenen Rechtsanwalts für die sowohl von der Geschäftsgebühr als auch von der Verfahrensgebühr abgegoltene Informationsbeschaffung zu vermeiden.

Ein Rechtsanwalt, der bereits im Rahmen einer vorgerichtlichen Tätigkeit mit der Sache befasst gewesen sei, bedürfe in der Regel für die Prozessvertretung eines geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwandes. Dies gelte unabhängig davon, ob er seinem Mandanten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden sei oder nicht (vgl. jetzt auch OLG Oldenburg, Beschluss vom 12.6.2008 - 13 WF 111/08 - juris, Rz. 9; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.3.2009 - Az. 18 W 373/08 -, juris, Rz. 11 m.w.N., OLG Koblenz - 9. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - Beschl. v. 14.11.2008 - juris -).

Diese Erwägungen hätten auch dann Geltung, wenn - wie hier - die Geschäftsgebühr bislang ggü. der Partei nicht abgerechnet worden sei und/oder sie nicht realisiert werden könne. In diesen Fällen müsse der Rechtsanwalt seinen Mandanten vorprozessual auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Beratungshilfe hinweisen, in deren Rahmen eine anrechenbare Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV nicht entstehen könne. Folgerichtig könne sie dann auch nicht (anteilig) auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden.

Würde hingegen in den Fällen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stets die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr unterbleiben, liefe dies darauf hinaus, dass der Rechtsanwalt den anrechenbaren Teil der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr aus der Staatskasse erhalte, obwohl bei pflichtgemäßem Handeln eine solche nicht entstanden wäre und ihm Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO nur für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im gerichtlichen Verfahren gewährt werde. Dies widersprech...

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