Leitsatz (amtlich)

1. Einem Fachingenieur kann es auch ggü. einem sachkundigen Auftraggeber nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Unwirksamkeit einer Pauschalhonorarvereinbarung wegen Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI zu berufen.

2. Eine Widerklage, die in erster Instanz nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, als unzulässig abgewiesen wurde und mit der Berufung weiterverfolgt wird, ist im Berufungsverfahren neu erhoben und nur zulässig, wenn sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen hat.

 

Normenkette

HOAI § 4; BGB § 242; ZPO §§ 296a, 533

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 13 O 142/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 30.8.2002 – 13 O 142/01 – abgeändert und neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin/Widerbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte/Widerklägerin 5.636,75 Euro zu bezahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert:

Erste Instanz 6.632,48 Euro

Berufungsverfahren 12.400,63 Euro

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Abrechnung von Leistungen anlässlich des Baues eines Supermarktes.

Die Klägerin betreibt ein Planungsbüro für Elektrotechnik, die Beklagte ein Ingenieurbüro für haustechnische Anlagen, insb. Heizung-, Sanitär- und Lüftungstechnik. Sie arbeiteten bei Bauvorhaben der Firma B. zusammen, dem K.-Lebensmittelmarkt in S.-M., dem K.-Lebensmittelmarkt in G. und dem H. in C. Da die Firma B. nur einen Auftragnehmer wünschte, schloss die Beklagte jeweils einen Vertrag über die Planung für Heizung, Sanitärtechnik, Lüftungstechnik und Elektrotechnik mit der Firma B. zu einem Pauschalhonorar ab. Die Leistungen für Elektrotechnik erbrachte die Klägerin, die übrigen Leistungen die Beklagte. Die Klägerin und die Beklagte vereinbarten eine Teilung des Honorars im Verhältnis 1/3 zu 2/3. Entsprechend rechnete die Beklagte die Bauvorhaben auf der Grundlage des mit der Firma B. vereinbarten Pauschalhonorar ab.

Die Firma B. wollte bei einem weiteren Bauvorhaben in O. nicht in Erscheinung treten. Sie beauftragte deshalb die O. AG, die die Klägerin mit den Leistungen für Heizung, Sanitärtechnik, Lüftungstechnik und Elektrotechnik beauftragte. Die Klägerin vereinbarte ihrerseits mit der Beklagten, dass beide Parteien wie beim Bauvorhaben C. zusammenarbeiteten und das Bauvorhaben O. entspr. abwickelten. Die Klägerin vereinbarte mit der O. AG zunächst einem Pauschalhonorar von 150.000 DM netto. Nach einer Änderung des Auftragsumfanges reduzierten die Klägerin und die O. AG das Honorar auf 130.000 DM netto. Damit war die Beklagte einverstanden. Die Klägerin erbrachte die Leistungen für Elektrotechnik, die Beklagte die Leistungen für Heizung, Sanitärtechnik und Lüftungstechnik. Die Klägerin zahlte an die Beklagte zwei Abschlagszahlungen i.H.v. insgesamt 89.508,80 DM. Von der O. AG erhielt die Klägerin insgesamt 119.886 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen, nach einer weiteren Reduzierung des Auftragsumfanges sei das Honorar im Einverständnis mit der Beklagten auf insgesamt 11.000 DM netto herabgesetzt worden, so dass auf die Beklagte netto 67.300 DM entfielen, und außerdem sei mit der O. AG ein Skonto von 3 % vereinbart worden. Zuzüglich 16 % MwSt. und abzgl. eines Skontos von 1.531,20 DM habe die Beklagte damit 76.536,80 DM zu erhalten. Mit den 89.508,80 DM sei die Beklagte damit um 12.972 DM oder 6.632,48 Euro überzahlt. Die Zahlung dieses Betrages hat die Klägerin mit der Klage geltendgemacht.

Die Beklagte hat vorgetragen, die weitere Reduzierung sei mit ihr nicht abgestimmt worden. Sie habe die technische Oberbauleitung erbracht. Die Vereinbarung des Pauschalhonorar sei nach der HOAI nicht wirksam. Unter Berücksichtigung der Mindestsätze der HOAI stehe ihr ein Honoraranspruch von mindestens 76.185,32 Euro zu. Sie sei nicht überbezahlt.

Das LG hat durch Vernehmung des Zeugen F. Beweis erhoben. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 9.8.2002 hat die Beklagte beim LG eine Widerklage eingereicht, mit der sie die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 7.500 Euro begehrte. Die Widerklage wurde der Klägerin am 23.8.2002 zugestellt.

Das LG verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 4.900,63 Euro und wies die Widerklage als unzulässig ab. Es teilte die von der O. AG bezahlten 119.886 DM im Verhältnis 1/3 zu 2/3 zwischen den Parteien auf, so dass sich ein Anspruch der Beklagten von 79.924 DM ergab und sie mit 9584,80 DM überzahlt war. Die HOAI sei nicht anwendbar, weil zwischen den Parteien eine Innengesellschaft bestanden habe.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Sie ist der Ansicht, zwischen den Parteien habe ein Subunternehmerverhältnis bestanden, so dass sie ihre...

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