Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Beschluss vom 17.09.2007; Aktenzeichen 5 - 2 StE 2/05)

 

Gründe

I.

Mit Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 31. Juli 2007 wurde Rechtsanwalt V. - auf seinen Antrag - dem Zeugen F. für die Dauer der Vernehmung in der Hauptverhandlung gegen A. am 31. Juli 2007 vor dem Strafsenat als Zeugenbeistand gemäß § 68 b StPO beigeordnet. In der sich unmittelbar anschließenden, etwa zehnminütigen Vernehmung berief sich der Zeuge im Hinblick auf die damals ge-gen ihn laufende Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht München, in der er sich zur Sache nicht eingelassen hatte, auf sein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO.

Der Zeugenbeistand beantragte zunächst die Festsetzung seiner Vergütung i.H.v. 746,13 EUR, wobei sich dieser Betrag zusammensetzte aus einer Terminsgebühr für die Hauptverhandlung mit Haftzuschlag nach Nr. 4121 VV RVG (434 EUR), der Aus-lagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG (20 EUR), Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG (138 EUR), Tage- und Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV RVG (35 EUR) sowie 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG (119,13 EUR). Nach Anhörung der Bezirksrevisorin setzte die Rechtspflegerin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 17. September 2007 die Vergütung auf 429,59 EUR fest, wobei sie statt der Terminsgebühr für die Hauptverhandlung nur eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4301 Ziff.4 VV RVG (168 EUR) ansetzte und die Umsatzsteuer entsprechend reduzierte.

Hiergegen hat der Zeugenbeistand Erinnerung eingelegt und mit dieser - in Verbindung mit dem die weiteren Beträge konkret aufschlüsselnden Schriftsatz vom 19. Dezember 2007 - die zusätzliche Festsetzung einer Grundgebühr mit Haftzuschlag nach Nr. 4101 VV RVG (162 EUR) sowie einer Verfahrensgebühr mit Haftzuschlag nach Nr. 4119 VV RVG (322 EUR), somit die Festsetzung einer Vergütung von nunmehr - einschließlich der entsprechend erhöhten Umsatzsteuer - 1.322,09 EUR beantragt.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Vertreterin der Staatskasse beantragt, die Erinnerung insgesamt, d.h. auch hinsichtlich der nachträglichen Antragserweiterung, zurückzuweisen.

Die Erinnerung, die gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG vom Einzelrichter dem Senat zur Entscheidung übertragen worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

II.

1. Nach der (amtlichen) Vorbemerkung 4 Abs. 1 zu Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) sind die Vorschriften des Teiles 4, der die Gebühren für die Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes in Strafsachen regelt, auf z.B. den Beistand eines Zeugen entsprechend anzuwenden.

Welche Bedeutung diese Vorbemerkung für die Vergütung des dem Zeugen nach § 68 b StPO beigeordneten Rechtsanwaltes hat, ist in der Rechtsprechung der Obergerichte auch aktuell noch sehr umstritten. Insoweit werden - soweit ersichtlich - im Wesentlichen folgende Auffassungen vertreten:

a) Nach der Meinung einiger Oberlandesgerichte ist der Zeugenbeistand nahezu uneingeschränkt wie ein Verteidiger, nämlich nach Teil 4 Abschnitt 1 (Gebühren des Verteidigers) zu vergüten. Ihm stünden somit die in diesem Abschnitt geregelten Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühren zu (so etwa OLG Koblenz, B. v. 11.4.2006, NStZ-RR 2006, 254; OLG Schleswig, B. v. 3.11.06, NStZ-RR 2007, 126; OLG Hamm, B. v. 7.11.2007, 2 Ws 289/07, unter Hinweis auf divergierende Entscheidungen anderer Strafsenate des OLG; OLG Düsseldorf, B. v. 7.11.07 und 7.12.07, 2 Ws 256/07 bzw. 4 Ws 671/07; OLG München, B. v.23.3.07 und vom 25.3.08, 1 Ws 325/07 bzw. 4 Ws 27/08). Ein etwaiges Missverhältnis zwischen der jeweiligen Leistung und Vergütung eines Verteidigers und eines nach § 68 b StPO beigeordneten Zeugenbeistandes durch die nach den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 15/1971) vom Gesetzgeber gewollte Gleichstellung sei als durch das System aufwandsunabhängiger Festgebühren für beigeordnete Rechtsanwälte bedingt hinzunehmen (so etwa OLG Koblenz a.a.O. und OLG Hamm a.a.O.). Al -lenfalls in engen Ausnahmefällen, etwa der Beiordnung eines Rechtsanwaltes "vom Gerichtsflur weg" (OLG Koblenz a.a.O.) komme eine Vergütung lediglich für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV RVG in Betracht.

b) Nach anderer Ansicht stehen dem Zeugenbeistand zwar entsprechend dem Verteidiger die Grundgebühr und die Terminsgebühr zu, nicht jedoch - wegen der insoweit nicht vergleichbaren Stellung und Tätigkeit - die Verfahrensgebühr des Rechtszuges (OLG Dresden, 2. Strafsen., B.v. 6.11.2007, 2 Ws 495/06; KG Berlin, 5. Strafsen., B.v. 15.3.2006, 5 Ws 506/05). Teilweise wird gleichwohl ein Anspruch des Zeugenbeistandes auf die Verfahrensgebühr bejaht, wenn dieser "vorträgt oder aktenkundig oder gerichtsbekannt ist", dass er auch in diesem Bereich eine dem Verteidiger vergleichbare Tätigkeit entfaltet hat (OLG Stuttgart, 1. Strafsenat, B.v. 14.11.2006, NStZ 2007, 343).

c) Nach einer 3. Auffassung steht dem nach § 68 b StPO einem Zeugen zur Beistandsleistung für die Dauer seiner Verneh...

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