Leitsatz (amtlich)

Die Vergütung des gemäß § 68 b StPO als Zeugenbeistand beigeordneten Rechtsanwalts erfolgt nach Nr. 4301 RVG-VV (Einzeltätigkeit).

 

Normenkette

StPO § 68b; RVG-VV Nr. 4301 Nr. 4

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Bezirksrevisorin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichts - Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle - Stuttgart vom 30. März 2011 dahin

abgeändert,

dass die an den gerichtlich für den Zeugen B. als Zeugenbeistand nach § 68b Abs. 2 StPO beigeordneten

Rechtsanwalt

aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf

4144,68 €

(in Worten: viertausendeinhundertvierundvierzig)

festgesetzt wird.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag vom 05. März 2011 wird

zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 RVG).

 

Gründe

I. Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 10. November 2010 wurde Rechtsanwalt S. dem Zeugen B. gemäß § 68 b Abs. 2 StPO für die Dauer seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vor dem Strafsenat als Zeugenbeistand beigeordnet. Die Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung erstreckte sich über fünf Sitzungstage, am ... . B. war zunächst auf den ... geladen. Da die Angeklagte an diesem Tag wegen Erkrankung nicht erschienen war, wurde der mit dem Antragsteller erschienene Zeuge an diesem Tag nicht vernommen.

Am 5. März 2011 beantragte der Zeugenbeistand die Festsetzung seiner Vergütung auf 6969,95 Euro (insbesondere Auslagen für ein Informations- und Beratungsgespräch am 13./14. Dezember 2010 in F., Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG in Höhe von 132 €, Verfahrensgebühr nach Nr. 4118 VV RVG in Höhe von 264 €, Terminsgebühr nach Nr. 4120 VV RVG in Höhe von 356 € für sechs Sitzungstage, davon fünf Mal i.V.m. Nr. 4122 VV RVG in Höhe von 178 €).

Mit Beschluss vom 30. März 2011 setzte die Rechtspflegerin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung auf 6519,96 € fest (Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG, Verfahrensgebühr nach Nr. 4118 VV RVG, sechs Terminsgebühren nach Nr. 4120 VV RVG, vier Terminsgebühren nach Nr. 4122 VV RVG nebst Auslagenpauschale, Fahrt- und Übernachtungskosten, Abwesenheitsgeld sowie Umsatzsteuer). Der hiergegen durch die Vertreterin der Staatskasse eingelegten Erinnerung hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II. 1. Dem nach § 68b StPO einem Zeugen zur Beistandsleistung für die Dauer seiner Vernehmung beigeordneten Rechtsanwalt steht nach Überzeugung des Senats als gesetzliche Gebühr lediglich eine Verfahrensgebühr für eine Einzeltätigkeit entsprechend Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zu (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 28. Juni 2010 - 6-2 StE 8/07a; Beschl. v. 23. Dezember 2009 - 6-2 StE 8/07, jeweils m. w. N.).

a) Nach der (amtlichen) Vorbemerkung Ziff. 4 Abs. 1 zu Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sind "die Vorschriften" (des Teils 4, der die Gebühren für die Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes in Strafsachen regelt,) u.a. auf den Beistand eines Zeugen "entsprechend anzuwenden". Welche Bedeutung diese Vorbemerkung für die Vergütung des dem Zeugen nach § 68 b StPO beigeordneten Rechtsanwaltes hat, ist in der Rechtsprechung der Obergerichte umstritten:

(1) Nach Meinung einiger Oberlandesgerichte ist der Zeugenbeistand wie ein Verteidiger nach Teil 4 Abschnitt 1 zu vergüten (vgl. etwa OLG Düsseldorf, 4. Strafsenat, Beschl. v. 22. Oktober 2010 - III-4 Ws 494/10 - StraFo 2011, 116; OLG Köln, 2. Strafsenat, Beschl. v. 07. Mai 2008 - 2 Ws 220/08, StraFo 2008, 350; OLG Düsseldorf, 2. Strafsenat, Beschl. v. 07. November 2007 - III-2 Ws 257/07, 2 Ws 257/07; OLG Dresden, 2. Strafsenat, Beschl. v. 06. November 2007 - 2 Ws 495/06, AGS 2008, 126; OLG München, 1. Strafsenat, Beschl. v. 29. März 2007 - 1 Ws 354/07, AGS 2008, 120; OLG Stuttgart, 1. Strafsenat, Beschl. v. 14. November 2006 - 1 Ws 331/06, NStZ 2007, 343; OLG Schleswig, 1. Strafsenat, Beschl. v. 03. November 2006 - 1 Ws 450/06, NStZ-RR 2007, 126; OLG Koblenz, 1. Strafsenat, Beschl. v. 11. April 2006 - 1 Ws 201/06, NStZ-RR 2006, 254). Dabei bestehen innerhalb dieser Auffassung unterschiedliche Ansichten dazu, welche der dem Verteidiger nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG eröffneten Gebühren einem Zeugenbeistand zu vergüten sind: regelmäßig Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühren, stets nur die Grund- und Terminsgebühr, nicht aber die Verfahrensgebühr oder je nach den Umständen des Einzelfalls auch die Verfahrensgebühr (vgl. etwa OLG Köln aaO.).

(2) Demgegenüber steht dem nach § 68 b StPO einem Zeugen zur Beistandsleistung für die Dauer seiner Vernehmung beigeordneten Rechtsanwalt nach nunmehr wohl überwiegender Auffassung lediglich eine Verfahrensgebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG zu (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, 1. Strafsenat, Beschl. v. 21. Februar 2011 - 1 Ws 123/10, RVGreport 2011, 259 unter Aufgabe der bisher vertretenen Auffassung; OLG Braunschweig, 1. Strafsenat, Beschl. v. 06. Juli 2010 - Ws 163/10, NdsRpfl 2010, 339; OLG Hamburg, 2. Strafsenat, Beschluss ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge