Verfahrensgang

LG Göttingen (Entscheidung vom 03.06.2010; Aktenzeichen 2 KLs 17/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Rechtsanwalts Dr. R gegen den Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 03. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

I. Der Beschwerdeführer, der dem Zeugen A gem. § 68 b StPO für den Hauptverhandlungstermin am 28. Jan. 2010 als Zeugenbeistand beigeordnet worden war, wendet sich gegen die Festsetzung der Vergütung vom 28. April 2010, in der ihm abweichend von seinem Antrag keine Verteidigergebühren, sondern lediglich Gebühren für eine Einzeltätigkeit zuerkannt worden sind. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Antrag vom 06. April 2010 und den Beschluss des Rechtspflegers vom 28. April 2010 Bezug genommen. Die Erinnerung des Beschwerdeführers gegen die Festsetzung hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Bezirksrevisorin des Landgerichts zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Rechtsanwalt mit seiner Beschwerde, die nicht begründet worden ist.

II. Die Beschwerde greift nicht durch.

1. Der Senat hat über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden, weil die Kammer in voller Besetzung entschieden hat (§§ 56 Abs.2 S.1, 33 Abs.8 S.1 RVG). Dass das Verfahren nicht förmlich von dem grundsätzlich zuständigen Einzelrichter (§§ 56 Abs.2 S.1, 33 Abs.8 S.1 RVG) auf die Kammer übertragen worden ist, ist ausnahmsweise unschädlich. Vorliegend hatte eine Entscheidung durch die Kammer zu erfolgen, weil es sich vorliegend um eine Sache von grundsätzlicher Bedeutung handelt, da der Senat die Frage der Vergütung des Zeugenbeistandes nach § 68 b StPO noch nicht entschieden hat und diese von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt wird.

2. a) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß §§ 56 Abs.2, 33 Abs.3 S.1,3 RVG statthaft und fristgerecht eingelegt.

b) Die Beschwerde ist unbegründet.

Dem Beschwerdeführer steht für seine Tätigkeit als Beistand des Zeugen A die von dem Rechtspfleger festgesetzte Verfahrensgebühr in Höhe von 168,00 EUR gem. Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer zu.

Auf den Beistand sind nach der Vorbemerkung 4 Abs.1 Teil 4 VV RVG die Vorschriften dieses Teils entsprechend anzuwenden. Umstritten ist, ob diese Verweisung im Fall der Beiordnung nach § 68 b StPO zur entsprechenden Anwendung von Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG (Gebühren des Verteidigers, Nr. 4100ff. VV RVG) oder zur Anwendung von Teil 4 Abschnitt 3 (Einzeltätigkeiten, hier Nr. 4301 Ziffer 4) führt.

aa) Nach lange verbreiteter Meinung war die Tätigkeit des Zeugenbeistands uneingeschränkt wie die eines Verteidiger zu vergüten (vgl. dazu Übersicht OLG Düsseldorf im Beschluss vom 05. Feb. 2009, III-3 Ws 451/08, Rn.11 auch m. weit. Nachweisen zur Lit., OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Sept. 2009, III-4 Ws 322/09, LS 2, beide zitiert nach juris).

bb) Nach anderer Ansicht ist in jedem Einzelfall konkret zu prüfen, wie die konkrete Tätigkeit des Beistandes zu qualifizieren ist (OLG Brandenburg, Beschluss vom 26. Feb. 2007, 1 Ws 23/07, Rn. 12 f.; ähnlich OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Nov. 2006, 1 Ws 331/06, Rn. 4f., beide zit. nach juris).

cc) In jüngerer Zeit überwiegt bei den Oberlandesgerichten - soweit ersichtlich - die Auffassung, dass einem Rechtsanwalt, der als Zeugenbeistand gem. § 68 b StPO für die Dauer der Vernehmung beigeordnet wurde, grundsätzlich nur eine Gebühr wegen einer Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG zusteht (OLG Hamburg, Beschluss vom 05. Mai 2010, 2 Ws 34/10, LS; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Juli 2009, 2 Ws 159/09, LS, mit der sich der 2. Senat der Meinung der übrigen 4 Strafsenate des OLG Hamm anschließt, Rn. 7ff.; KG Berlin, Beschluss vom 07. Mai 2009, 1 Ws 47/09, Rn. 3; Thüring. OLG, Beschluss vom 09. Feb. 2009, 1 Ws 370/08, LS, Rn. 14; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. Feb. 2009, III - 3 Ws 451/08, LS, Rn. 14ff. m. weit. Nachweisen zur Rspr. und Lit. (Rn. 13)).

Die Verweisung in der Vorbemerkung 4 Abs.1 zu Teil 4 RVG, wonach die Vorschriften dieses Teils entsprechend anzuwenden sind, erkläre zwar in Ermangelung einer Differenzierung grundsätzlich die gesamten Vorschriften des Teils 4 VV RVG für entsprechend anwendbar (vgl. nur OLG Hamburg, aaO., Rn.11 zit. nach juris). Eröffne die Vorbemerkung 4 Abs. 1 VV RVG demnach den Zugriff auf sämtliche Gebührentatbestände aus Teil 4 VV RVG, so gebiete jedoch Art. 3 Abs. 1 GG und die aus ihm abzuleitende Grundregel jeder Analogiebildung die entsprechende Anwendung derjenigen Vorschrift, die eine der Beistandsleistung gemäß § 68 b StPO am ehesten vergleichbare Tätigkeit erfasse. Das sei Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG, denn hier wie dort gehe es darum, den Betroffenen unter Beschränkung auf eine einzelne Vernehmung in der Wahrnehmung seiner Befugnisse zu unterstützen, wo seine schutzwürdigen Interessen dies erforderten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05. Feb. 2009, aaO., Rn.19; OLG Hamburg, aaO., Rn.12, beide zit. nach juris).

Ausgangspunkt sei § 48 Abs.1 RVG,...

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