Leitsatz (amtlich)

Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV gem. der 3. Alternative der Vorbemerkung 3.3 - Vertretung in einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Mitwirkung des Gerichts - kann nicht Gegenstand der Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein (OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.11.2005 - 8 WF 150/05, OLGReport Stuttgart 2006, 124 = MDR 2006, 477 = JurBüro 2006, 135).

 

Normenkette

RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 3; RVG-VV Nr. 3104; ZPO §§ 103-104

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 03.11.2005; Aktenzeichen 15 O 319/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.11.2006; Aktenzeichen II ZB 6/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Stuttgart vom 3.11.2005 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die mit der Zurückweisung seiner sofortigen Beschwerde angefallene Gerichtsgebühr und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 787,87 EUR.

 

Gründe

I. Nach Rücknahme ihrer Berufung wurden der Klägerin mit Beschluss des 4. Zivilsenats des OLG Stuttgart vom 9.9.2005 die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz vom 27.9.2005 beantragte der Beklagte die Festsetzung der von der Klägerin für das Berufungsverfahren zu erstattenden Kosten, wobei er die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr gem. Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV geltend machte. Eine Terminsgebühr in dieser Höhe sei entstanden, nachdem am 5.9.2005 ein Telefonat zwischen den Prozessbevollmächtigten beider Parteien über eine vergleichsweise Regelung stattgefunden habe.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.11.2005 setzte der Rechtspfleger des LG Stuttgart die von der Klägerin dem Beklagten zu erstattenden Kosten i.H.v. 745,42 EUR nebst Zinsen fest, ohne die Terminsgebühr i.H.v. 679,20 EUR zzgl. Umsatzsteuer zu berücksichtigen.

Gegen den am 14.11.2005 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 14.11.2005 ein als Erinnerung bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt, mit dem er die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr weiter verfolgt.

Mit Beschluss vom 12.1.2006 hat der Rechtspfleger des LG Stuttgart die sofortige Beschwerde ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das angesichts des Beschwerdewerts von 787,87 EUR als sofortige Beschwerde statthafte Rechtsmittel (§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO) des Beklagten ist zulässig, aber in der Sache unbegründet.

Es kann dahinstehen, ob überhaupt eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV gem. der 3. Alternative der Vorbemerkung 3.3 - Vertretung in einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Mitwirkung des Gerichts - angefallen ist. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann sie nicht Gegenstand der Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO sein. In Übereinstimmung mit Herget (Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 104 Rz. 21, Stichwort "Terminsgebühr") ist der Senat der Auffassung, dass die Festsetzung einer außergerichtlich entstandenen Terminsgebühr entsprechend den vom BGH für die Festsetzbarkeit einer Vergleichsgebühr aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs vertretenen Grundsätzen (BGH v. 26.9.2002 - III ZB 22/02, BGHReport 2003, 96 = MDR 2002, 1395 = NJW 2002, 3713) zu verneinen ist. Die Festsetzung der von der unterlegenen Partei an die obsiegende Partei zu erstattenden Kosten im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO bedarf praktikabler Berechnungsgrundlagen. Dies gilt auch für die zum Ausgleich angemeldeten Anwaltsgebühren. Die Tatsachen, die für die Entstehung einer außergerichtlichen Terminsgebühr maßgebend sind, lassen sich nicht den Akten des gerichtlichen Verfahrens entnehmen. Im Streitfall müsste der Kostenbeamte (wie beim außergerichtlichen Vergleich) Beweis über tatsächliche Vorgänge erheben, die sich außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ereignet haben. Die Kostenfestsetzung würde durch die Einbeziehung solcher außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren erschwert und verlöre ihren Charakter als Mittel zum zügigen Kostenausgleich von Verfahrenskosten.

Demgegenüber hat das OLG Koblenz in vergleichbaren Fällen in neueren Entscheidungen die Festsetzbarkeit von außergerichtlich entstandenen Terminsgebühren ohne Problematisierung inzidenter bejaht und bei Streit über ihr Zustandekommen lediglich nach Beweislastgrundsätzen entschieden (OLG Koblenz NJW 2005, 2162; so auch Jungbauer/Bischof, RVG, S. 543 oben; wie hier für die vorgerichtliche Terminsgebühr OLG Koblenz v. 12.10.2005 - 14 W 620/05, OLGReport Koblenz 2005, 965 = Rpfleger 2006, 43). Im Hinblick hierauf wird wegen der Frage der Festsetzbarkeit einer außergerichtlich entstandenen Terminsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus Nr. 1811 KV/GKG und § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1510539

NJW 2006, 2196

NJW 2007, 2432

RVGreport 2006, 400

OLGR-Süd 2006, 539

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