Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung einer Terminsgebühr für vorprozessuale Besprechung; keine Terminsgebühr für Gespräche mit Mandant oder Gericht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Führen Anwälte mit Prozessauftrag vorprozessual ein auf Vermeidung des Rechtsstreits zielendes Gespräch, entsteht eine Terminsgebühr. Diese Gebühr kann jedoch später nicht im vereinfachten Verfahren nach § 104 ZPO festgesetzt werden.

2. Veranlasst ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag mit späterer Protokollierung nach § 278 Abs. 6 ZPO lediglich eine Besprechung des Anwalts mit dem eigenen Mandanten oder dem Gericht, entsteht keine Terminsgebühr.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 104, 278 Abs. 6; RVG-VV Nr. 3100 ff. Abs. 3 der Vorb. 3, Nr. 3101

 

Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 18.07.2005; Aktenzeichen 2 O 335/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.07.2006; Aktenzeichen II ZB 28/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bad Kreuznach vom 18.7.2005 geändert.

Die nach dem Vergleich des LG Bad Kreuznach vom 21.2.2005 von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 723,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.3.2005 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert 512,53 EUR) hat der Kläger zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

I. Im Vorfeld des Verfahrens fanden zwischen den späteren Prozessbevollmächtigten Gespräche im Hinblick auf eine vergleichsweise Erledigung statt, die zu keinem Ergebnis führten (48 GA). Im Verlauf des Prozesses gab es keine mündlichen oder telefonischen Besprechungen. Auf schriftliche Anfrage des Gerichts und entsprechende Stellungnahmen der Anwälte hat das LG mit Beschl. v. 21.2.2005 das Zustandekommen eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt mit einer Kostenquote von 3/10 zu 7/10 zu Lasten des Beklagten.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger eine Terminsgebühr i.H.v. 631,20 EUR zzgl. Umsatzsteuer angemeldet. Der Beklagte hat hiervon trotz eines Hinweises der Rechtspflegerin ausdrücklich Abstand genommen.

Mit dem vom Beklagten mit der Beschwerde angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Rechtspflegerin die Terminsgebühr zugunsten des Klägers berücksichtigt.

II.1. Nach der Entscheidung des Senats (OLG Koblenz v. 20.9.2005 - 14 W 537/05, Rechtsbeschwerde zugelassen) fällt beim Abschluss eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO eine Terminsgebühr an, wenn die Angelegenheit zwischen den Rechtsanwälten der Parteien ohne Beteiligung des Gerichts zur Erzielung einer gütlichen Einigung erörtert wurde und dies zur vergleichsweisen Einigung führte (so auch OLG Nürnberg AnwBl. 2005, 653). Ob dies auch gilt, wenn nur Schriftsätze ausgetauscht werden oder (nur) eine einseitige Besprechung mit dem Gericht vorausgeht, hat der Senat bisher noch offen gelassen.

Er entscheidet dies nunmehr mit der ablehnenden Meinung, die sich vorwiegend am Wortlaut der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 RVG-VV orientiert. Danach fällt bei einem Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO, der ohne mündliche Verhandlung und ohne Besprechung der Prozessbevollmächtigten untereinander zustande gekommen ist, eine Terminsgebühr nicht an (Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., VV 3104 Rz. 30; umfangreiche Nachweise bei LG Bonn ASG 2005, 288 [289]). Für diesen Fall schließt sich der Senat der Auffassung des 3. Zivilsenats des OLG Nürnberg an (OLG Nürnberg JurBüro 2005, 249) an.

Dafür spricht - neben dem Wortlaut - die "historische Nähe" der Terminsgebühr zur früheren Erörterungs- und Verhandlungsgebühr. Kommt der Vergleich allein durch einen Vorschlag des Gerichts zustande, den der Anwalt einseitig mit seiner Partei bespricht, erscheint es gerechtfertigt, nur die Einigungsgebühr anfallen zu lassen. Erst das weitere, zusätzliche Tätigwerden, das auf einen Kompromis mit dem Gegener hinwirkende Gespräch mit diesem, löst zusätzlich die Terminsgebühr aus. Derartiges hat hier im Prozessverlauf unstreitig nicht stattgefunden.

2. Vorliegend könnte die Terminsgebühr allerdings dadurch angefallen sein, dass die Anwälte vorgerichtlich Gespräche zur Meidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung geführt hatten. Dies setzte zusätzlich voraus, dass zu diesem Zeitpunkt auf beiden Seiten ein unbedingter Auftrag zur Vertretung im gerichtlichen Verfahren vorlag (Bonnen, Terminsgebühr nach dem RVG, Gebührenanspruch auch im außergerichtlichen Verfahren, MDR 2005, 1084 [1085]).

Ob dies der Fall war, kann offen bleiben. Der Streit darüber könnte in Zweifelsfällen das einfach zu haltende Kostenfestsetzungsverfahren mit zusätzlichem Ermittlungsaufwand belasten. Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass eine gebenenfalls vorprozessual angefallene Terminsgebühr, ebenso wie die anwaltliche Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 RVG-VV, nicht im Rahmen des Verfahrens der §§ 103, 104 ZPO zu berücksichtigen ist (OLG Koblenz v. 23.3.2005 - 14 W 181/05, MDR 2005, 838 = OLGReport Koblenz 2005, 561 m.w.N.). Denn hier geht es nicht um Kosten des Rechtsstre...

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