Leitsatz (amtlich)

1. Eine nach Vorbem. 3 Abs. 3 3. Var. RVG-VV außergerichtlich entstandene Terminsgebühr ist nicht im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO festzusetzen.

2. Ist nach einer behaupteten Vereinbarung der Parteien der Mahnbescheidsantrag zurück zu nehmen, wurde lediglich ein Verzicht auf die Weiterverfolgung des geltend gemachten Anspruchs vereinbart, der wegen Nr. 1.000 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. RVG-VV eine Einigungsgebühr nicht auslösen kann.

 

Normenkette

ZPO §§ 103 ff.; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 3; RVG-VV Nr. 1.000 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Ulm (Beschluss vom 11.10.2005; Aktenzeichen 1 F 1061/05 (UK))

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des AG - FamG - Ulm vom 11.10.2005 dahin abgeändert, dass die von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu erstattenden Kosten auf 305,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 10.9.2005 festgesetzt werden.

2. Für das Beschwerdeverfahren fällt eine Gerichtsgebühr nicht an. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 1.240,27 EUR.

 

Gründe

I. Antragsgemäß erließ das AG - Mahnabteilung - Stuttgart am 17.11.2004 gegen den Antragsgegner einen Mahnbescheid, gegen den dieser über seine Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen ließ. Auf die Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners im Schreiben vom 20.12.2004 und nach einem Telefonat zwischen einem Mitarbeiter der Antragstellerin und Frau Rechtsanwältin R. am 22.12.2004 nahm die Antragstellerin ihren Verfahrensantrag am 23.2.2005 zurück. Nach Abgabe an das Prozessgericht erließ das AG - FamG - Ulm am 2.8.2005 den Beschluss, wonach die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners, der u.a. eine 1,2-Terminsgebühr und eine 1,0-Einigungsgebühr enthielt, setzte die Rechtspflegerin des AG - FamG - Ulm mit Beschl. v. 11.10.2005 antragsgemäß die von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu erstattenden Kosten mit 1.545,35 EUR nebst Zinsen fest. Gegen den am 14.10.2005 zugestellten Beschluss wendet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25.10.2005. Es sei weder eine Terminsgebühr noch eine Einigungsgebühr anzusetzen.

Mit Verfügung vom 3.11.2005 hat die Rechtspflegerin des AG - FamG - Ulm die sofortige Beschwerde ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Terminsgebühr:

Es kann dahinstehen, ob überhaupt eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV gem. der 3. Variante der Vorbem. 3 Abs. 3 - Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Mitwirkung des Gerichts - angefallen ist. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann sie nicht Gegenstand der Kostenfestsetzung nach § 103 ff. ZPO sein. In Übereinstimmung mit Herget (Zöller/Herget, 25. Aufl., § 104 ZPO Rz. 21, Stichwort: Terminsgebühr) ist der Senat der Auffassung, dass die Festsetzung einer außergerichtlich entstandenen Terminsgebühr entsprechend den vom BGH für die Festsetzbarkeit einer Vergleichsgebühr aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs vertretenen Grundsätzen (BGH v. 26.9.2002 - III ZB 22/02, BGHReport 2003, 96 = MDR 2002, 1395 = NJW 2002, 3713) zu verneinen ist. Die Festsetzung der von der unterlegenen Partei an die obsiegende Partei zu erstattenden Kosten im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO bedarf praktikabler Berechnungsgrundlagen. Dies gilt auch für die zum Ausgleich angemeldeten Anwaltsgebühren. Die Tatsachen, die für die Entstehung einer außergerichtlichen Terminsgebühr maßgebend sind, lassen sich nicht den Akten des gerichtlichen Verfahrens entnehmen. Im Streitfall müsste der Kostenbeamte (wie beim außergerichtlichen Vergleich) Beweis über tatsächliche Vorgänge erheben, die sich außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ereignet haben. Die Kostenfestsetzung würde durch die Einbeziehung solcher außergerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren erschwert und verlöre ihren Charakter als Mittel zum zügigen Kostenausgleich von Verfahrenskosten.

Demgegenüber hat das OLG Koblenz in vergleichbaren Fällen in neueren Entscheidungen die Festsetzbarkeit von außergerichtlich entstandenen Terminsgebühren ohne Problematisierung inzidenter bejaht und bei Streit über ihr Zustandekommen lediglich nach Beweislastgrundsätzen entschieden (OLG Koblenz NJW 2005, 2162; so auch Jungbauer/Bischof, RVG, S. 543 oben).

2. Einigungsgebühr:

Eine Einigungsgebühr nach Nr. 1.000 RVG-VV ist nicht angefallen und deshalb nicht festzusetzen.

Der Anfall der Einigungsgebühr nach Nr. 1.000 RVG-VV setzt nicht voraus, dass ein echter Vergleich gem. § 779 BGB zwischen den Parteien zum Abschluss gekommen ist, sondern es genügt vielmehr, wenn durch einen Vertrag der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.

Vorliegend ist bereits nicht ersichtlich, das...

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