Leitsatz (amtlich)

Die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen ist auch in Unterhalts- und Ehesachen gem. §§ 58 FamFG zulässig, sofern der Beschwerdewert von 600 EUR gem. § 61 Abs. 1 FamFG überschritten wird.

 

Normenkette

FamFG §§ 58, 61, 150, 243

 

Verfahrensgang

AG Hechingen (Beschluss vom 23.05.2011; Aktenzeichen 4 F 71/11)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Hechingen vom 23.5.2011 - 4 F 71/11 - in Ziff. 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Verfahrenswert in der Beschwerdeinstanz: Beschwerdewert: bis1500 EUR.

 

Gründe

Die isolierte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des AG - Familiengerichts - Hechingen vom 23.5.2011 - 4 F 71/11 - (dort Ziff. 2) ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist an sich statthaft und ist insbesondere als isoliertes Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Familiengerichts zulässig. Auch ist der Beschwerdewert (§ 61 Abs. 1 FamFG) überschritten.

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist als isoliertes Rechtsmittel allein gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Familiengerichts zulässig.

a) Inwieweit in Ehe- und Familiensachen die isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung zulässig ist, ist in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur umstritten. Zum Teil wird vertreten, dass Kostenentscheidungen in Unterhaltssachen auch dann nicht isoliert anfechtbar seien, wenn der Hauptsacheentscheidung ein Anerkenntnis zugrunde liege. Denn § 99 Abs. 2 ZPO könne keine Anwendung finden, da die Vorschrift im Zusammenhang mit § 93 ZPO zu verstehen sei. Nur dessen richtige Anwendung solle überprüfbar sein. Dagegen sei die Billigkeitsentscheidung gem. § 243 FamFG nicht mit der formalen Prüfung vergleichbar.

Ein anderer Teil der Rechtsprechung wendet auf die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen in allen Familiensachen die §§ 58 ff. FamFG an mit der Begründung, dass § 113 Abs. 1 FamFG die Rechtsmittelvorschriften des FamFG nicht ausschließe. Auch die Kostenentscheidung sei Teil der Endentscheidung und sonach gem. §§ 58 ff. FamFG anfechtbar (OLG Bremen Beschluss vom 18.4.2011 4 WF 23/11; OLG Oldenburg FamRZ 2010, 1831 f.; OLG Hamm FamRZ 11, 582). Aus dem Vorbehalt des anzuwendenden Verfahrensrechts in § 58 Abs. 1 Halbs. 2 FamFG ergebe sich jedenfalls in Unterhaltssachen nichts anderes, da § 243 FamFG als lex specialis die Vorschriften der ZPO über Kostenentscheidungen verdränge (OLG Bremen und OLG Oldenburg, a.a.O.).

Das OLG München wiederum hat die Anwendbarkeit von § 99 Abs. 2 ZPO bejaht, im Ergebnis allerdings die §§ 58 ff. FamFG angewandt (OLG München Beschluss vom 6.4.2010 2 WF 107/10 zitiert bei Juris).

Schließlich wird auch vertreten dass sich die isolierte Anfechtbarkeit einer Kostenentscheidung nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 99 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO richte (so OLG Köln FamRZ 11, 579; OLG Oldenburg FamRZ 11, 578; KG NJW 2010, 3588). Dies wird damit begründet, dass § 113 Abs. 1 FamFG auch auf § 99 ZPO verweise und § 99 Abs. 2 ZPO eine andere Regelung der Anfechtbarkeit i.S.d. § 58 Abs. 1 FamFG darstelle; § 243 FamFG sei im Verhältnis zu § 99 Abs. 2 ZPO keine speziellere Regelung, da die Vorschrift die inhaltlichen Kriterien für die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen regele und damit auch nur die §§ 91 bis 93, 97, 269 Abs. 3 ZPO verdrängen könne. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers.

b) Der Senat folgt der Auffassung, dass die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen auch in Unterhalts- und - wie vorliegend - in Ehesachen nach §§ 58 ff. FamFG stattfindet.

Die in der Gesetzesbegründung und in den Materialien zur Entstehung des FamFG geäußerte Rechtsauffassung, in Ehe- und Familienstreitsachen seien infolge der Verweisung nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG auf Kostenbeschwerden die §§ 91 ff. ZPO anzuwenden (vgl. Bt.-Drs. 16/11385 und 16/12727 Seite 60 sowie Bt.-Drs. 16/6308 S. 168), findet weder in § 58 FamFG noch in § 113 Abs. 1 FamFG eine Grundlage (vgl. OLG Bremen, a.a.O.; OLG Oldenburg FamRZ 2010, 1831 f.). Denn gem. § 58 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde das statthafte Rechtsmittel gegen Endentscheidungen, und zwar auch in Bezug auf Unterhalts- und Ehesachen. Die Kostenentscheidung ist aber eine Endentscheidung i.S.v. §§ 38 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG, da durch sie der Verfahrensgegenstand jedenfalls teilweise, nämlich in Bezug auf die Kostenfrage, erledigt wird (Veskorn in Zöller, § 38 FamFG Rz. 3; Oberheim in Schulte-Bunert/Weinreich, Kommentar zum FamFG, 2. Aufl. 2010, § 38 FamFG Rz. 6).

Das Gesetz sieht für die isolierte Anfechtung von Kostenentscheidungen auch kein anderes Rechtsmittel i.S.v. § 58 Abs. 1 2. Hs FamFG vor. § 113 Abs. 1 FamFG verweist nicht auf § 99 Abs. 2 ZPO. Nach § 113 Abs. 1 FamFG sind zwar die Kostenvorschriften des FamFG in ...

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