Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Vertrages über Erschließungsbeiträge

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 280, 436; KAG MV § 8 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 15.12.2009; Aktenzeichen 4 O 175/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Schwerin vom 15.12.2009 - 4 O 175/09 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des LG Schwerin vom 15.12.2009 - 4 O 175/09 - abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:

a. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung eines Straßenausbaubeitrags für die Grundstücke, die die Beklagte mit der Urkunde des Notars S. K. in S. vom 7.11.2005, Urkundenrollen Nr. 0875/2005 an den Kläger veräußert hat, i.H.v. 36.476,66 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 0,5 Prozentpunkten pro vollem Monat vom 15.11.2006 bis 24.5.2007 sowie zzgl. eines Säumniszuschlags von 1 Prozentpunkt für jeden angefangenen Monat ab dem 25.5.2007 freizustellen.

b. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung eines Straßenausbaubeitrags für die Grundstücke, die die Beklagte mit der Urkunde des Notars S. K. in S. vom 7.11.2005, Urkundenrollen Nr. 0875/2005 an den Kläger veräußert hat, i.H.v. weiteren 3.868,03 EUR zzgl. eines Säumniszuschlags von 1 Prozentpunkt für jeden angefangenen Monat ab dem 1.5.2010 freizustellen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 70.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 40.344,69 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Erstattung von Straßenausbaubeiträgen.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 7.11.2005 des Notars S. K. in S., Urkundenrolle Nr. 0875/2005, erwarb der Kläger von der Beklagten die unter § 1 des Kaufvertrags bezeichneten Grundstücke der Gemarkung S., Flur, Flurstück, Flurstück, Flur, Flurstück, Flurstück und Flurstück. Zu den Erschließungskosten enthält der Vertrag folgende Regelung:

"... § 7 Erschließungskosten

1. Erschließungsbeiträge und Lasten nach dem Kommunalabgabengesetz, die bis zum Beurkundungstag entstanden sind, trägt der Verkäufer und zwar unabhängig vom Zeitpunkt der Berechnung. Später entstehende Beiträge und Lasten dieser Art trägt der Käufer. Der Verkäufer erklärt, dass Rückstände nicht bestehen und stellt den Käufer insoweit frei.

2. Der Notar hat darauf hingewiesen, dass es zweckmäßig sein kann, sich wegen des Erschließungszustandes und eventuell in Betracht kommender Kostenbelastungen bei der Kommune zu erkundigen ..."

Im Jahre 1996 begann die Stadt S. mit dem Ausbau der W. Straße. Die Bauarbeiten wurden im Jahr 1998 zunächst abgeschlossen. Ein Teil des östlichen Gehweges, der Teil des Bauprogrammes sein sollte, wurde nicht fertiggestellt. Am 27.2.2006 erließ die Stadt S. einen Kostenspaltungsbeschluss, um die bis dato entstandenen Kosten auf die Anlieger umlegen zu können. Mit Bescheid vom 13.10.2006 wurde der Kläger zur Zahlung eines Straßenausbaubeitrags i.H.v. 45.094,43 EUR herangezogen. Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Nach Zurückweisung des Widerspruchs erhob der Kläger Klage beim VG Schwerin. Mit mittlerweile rechtskräftigen Urteil vom 28.10.2008 stellte das VG Schwerin fest, dass der Kläger Straßenausbaubeiträge i.H.v. 36.476,66 EUR schulde. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 12.3.2010 wurde der Kläger zur Zahlung eines weiteren Straßenausbaubeitrags i.H.v. 3.868,03 EUR herangezogen. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 31.8.2010 zurückgewiesen.

Mit Urteil des LG Schwerin vom 15.12.2009 wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger von der Verpflichtung zur Zahlung eines Straßenausbaubeitrages für die Grundstücke, die die Beklagte mit der Urkunde des Notars S. K. in Schwerin vom 7.11.2005, Urkundenrolle Nr. 0875/2005, an den Kläger veräußert hat, freizustellen. § 7 des Kaufvertrags sei dahingehend auszulegen, dass der Verkäufer den Käufer von den Kosten bereits begonnener Baumaßnahmen freizustellen habe. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 17.12.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.1.2010, eingegangen am 13.1.2010, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 10.3.2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Die Beklagte meint, das LG habe § 7 Nr. 1 des Kaufvertrags unter Missachtung des eindeutigen Wortlauts und des Begriffsverständnisses des Kommunalabgabenrechts fehlerhaft ausgelegt. Das LG habe im Zuge der Auslegung den Parteien einen Willen unterstellt, der von keiner der Parteien im Rechtsstreit vorgetragen worden sei. Das Anknüpfen an die Beitragspflicht i.S.d. § 8 KAG M-V führe auch zu interessengerechten Ergebnissen, da weder die für Käufer günstige ne...

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