Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung einer Nutzungsentschädigung des alleinnutzenden Miterben gegenüber der Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Stellung als Miterbe gibt diesem die Möglichkeit, den Nachlassgegenstand wie ein Miteigentümer voll und entschädigungslos zu nutzen, jedenfalls soweit den anderen Miterben der Mitgebrauch nicht hartnäckig verweigert wird bzw. sich nicht aus den §§ 2038, 741 ff. BGB etwas anderes ergibt.

2. Das Verlangen einer Nutzungsentschädigung ist eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung und Benutzung im Sinne der §§ 2038 Abs. 2 S. 1, 745 Abs. 2 BGB.

3. Das Mitglied einer Erbengemeinschaft ist bei einer Beschlussfassung der Gemeinschaft nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Aktenzeichen 4 O 136/16)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

3. Dem Beklagten wird wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

 

Gründe

I. Die Berufung des Beklagten, mit der sich dieser gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 12.07.2017 -, auf welches der Senat zur Darstellung des Sachverhalts einschließlich der erstinstanzlichen gestellten Anträge und des Entscheidungsinhalts Bezug nimmt, wendet und seinen erstinstanzlichen Antrag auf Klagabweisung in vollem Umfang weiterverfolgt, verspricht nach der einhelligen Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

a) Der Beklagte ist selbst Mitglied der Erbengemeinschaft, in deren Eigentum der hälftige ideelle Miteigentumsanteil des von ihm genutzten Objekts fällt. Auf die Erbengemeinschaft sind dabei die Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft entsprechend anwendbar. Die Stellung als Miterbe gibt ihm ihn diesem Zusammenhang die Möglichkeit, zumindest den (hälftigen) Nachlassgegenstand wie ein Miteigentümer voll und entschädigungslos zu nutzen, jedenfalls soweit den anderen Miterben der Mitgebrauch nicht hartnäckig verweigert wird bzw. sich nicht aus den §§ 2038, 741 ff. BGB etwas anderes ergibt (vgl. LG Münster, Urteil v. 26.09.2014 - 10 O 160/08 -, zit. n. juris, Rn. 56 m.w.N.). Dass die Miterben - wozu auch die Kläger zählen - den hälftigen Miteigentumsanteil am Objekt selbst mitnutzen wollten und ihnen dies verwehrt worden ist, ist von den Klägern auch nicht behauptet worden. Der Beklagte verkennt insoweit bereits, dass es den Klägern vorliegend überhaupt nicht darum ging, ihm diese Nutzung zu verwehren.

b) Nach § 2038 Abs. 2 S. 1 BGB i. V. m. § 745 Abs. 2 BGB kann jedoch jeder Teilhaber eines Miteigentumsanteils - völlig unabhängig von der Erlaubnis der Nutzung - eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Die Ordnungsmäßigkeit einer Maßnahme - zur Nachlassverwaltung gehören alle Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzung und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten - ist dabei aus objektiver Sicht zu beurteilen; entscheidend ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers (BGH, Urteil v. 11.11.2009 - XII ZR 210/05 - zit. n. juris, Rn. 32; OLG Stuttgart, Urteil v. 09.09.2014 - 14 U 9/14 -, zit. n. juris, Rn. 11).

Anerkannt ist, dass hierzu auch die Geltendmachung eines Nutzungsentschädigungsanspruchs zählt (LG Mönchengladbach, Beschluss v. 22.04.2016 - 11 O 1/16 -, zit. n. juris, Rn. 47 m.w.N.; OLG Hamm, Urteil v. 06.11.1991 - 8 U 119/91 -, zit. n. juris, Rn. 3; LG Münster, ebenda, Rn. 56; LG Dortmund, Beschluss v. 21.08.2012 - 3 O 72/12 -, zit. n. juris, Rn. 21; LG Potsdam, Urteil v. 26.03.2010 - 1 O 26/08 -, zit. n. juris, Rn. 40). Dies hat etwas damit zu tun, dass - wie hier - der einzelne Miterbe nicht erwarten kann, vom Nachlass kostenlos profitieren zu können, während die anderen Miterben lediglich gemeinsam mit ihm die entsprechenden Verbindlichkeiten des Nachlasses zu tragen haben. § 2038 Abs. 2 BGB steht dem hier nicht entgegen, da vorliegend die Zahlung der Nutzungsentschädigung an den Nachlass der Erbengemeinschaft und nicht an die einzelnen Miterben begehrt wird. Deshalb sind die Kläger auch - entgegen der Auffassung des Beklagten - zur Geltendmachung der Klage auf Zahlung eine Nutzungsentgelts aktivlegitimiert. Anders als der Beklagte meint, verlangen die Kläger, soweit es ihren Klagantrag zu 1) betrifft, nämlich ...

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