Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zahlung einer Nutzungsentschädigung durch den Miterben an die Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 2038 Abs. 2 S. 1 BGB i. V. m. § 745 Abs. 2 BGB kann jeder Teilhaber eines Miteigentumsanteils, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

2. Ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung setzt ein Neuregelungsverlangen im Sinne des § 745 Abs. 2 BGB voraus.

3. Über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes bestimmen die Teilhaber, sofern sie keine abweichende Vereinbarung getroffen haben durch Mehrheitsbeschluss. Für die Beschlussfassung ist keine besondere Form vorgeschrieben; die Stimmabgabe kann jederzeit und in beliebiger Form erfolgen, ausdrücklich oder konkludent, schriftlich oder mündlich, gleichzeitig oder nacheinander.

4. Hat ein Miterbe die Stimmenmehrheit in einer Erbengemeinschaft, kann er vielmehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung ohne besondere Förmlichkeiten einen Mehrheitsbeschluss fassen. Die Wirksamkeit eines Mehrheitsbeschlusses hängt nämlich nicht davon ab, ob der Minderheit ausreichende Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 12.07.2017; Aktenzeichen 4 O 136/16)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten, ihm für das Berufungsverfahren

Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Der beim Senat angebrachte Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten vom 15.08.2017, mit dem er um Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 18.07.2017 zugestellte Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 12.07.2017 nachsucht, hat keinen Erfolg.

Gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

Die beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg. Erfolgsaussicht besteht nur dann, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. BGH, Beschluss v. 14.12.1993 - VI ZR 235/92 -, zit. n. juris, Rn. 5 m.w.N.). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn den Klägern steht als Miterben der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung an die Erbengemeinschaft wegen der unentgeltlichen Nutzung des hälftigen Miteigentums des Erblassers am Haus gegen den Beklagten in Höhe von insgesamt 4.275,00 EUR gemäß den §§ 745, 2038 Abs. 2 BGB zu. Daneben hat die Klägerin zu 2) als Alleineigentümerin wegen der unberechtigten Nutzung der ihr gehörigen und nicht in den Nachlass fallenden ideellen Hälfte des Hauses einen selbständigen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 4.275,00 EUR aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB.

a) Der Beklagte ist selbst Mitglied der Erbengemeinschaft, in deren Eigentum der hälftige ideelle Miteigentumsanteil des von ihm genutzten Objekts fällt. Auf die Erbengemeinschaft sind dabei die Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft entsprechend anwendbar. Die Stellung als Miterbe gibt ihm ihn diesem Zusammenhang die Möglichkeit, zumindest den (hälftigen) Nachlassgegenstand wie ein Miteigentümer voll und entschädigungslos zu nutzen, jedenfalls soweit den anderen Miterben der Mitgebrauch nicht hartnäckig verweigert wird bzw. sich nicht aus den §§ 2038,741 ff. BGB etwas anderes ergibt (vgl. LG Münster, Urteil v. 26.09.2014 - 10 O 160/08 -, zit. n. juris, Rn. 56 m.w.N.).

Dass die Miterben - wozu auch die Kläger zählen - den hälftigen Miteigentumsanteil am Objekt selbst mitnutzen wollten und ihnen dies verwehrt worden ist, ist von den Klägern nicht behauptet worden. Nach § 2038 Abs. 2 S. 1 BGB i. V. m. § 745 Abs. 2 BGB kann jedoch jeder Teilhaber eines Miteigentumsanteils, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Die Ordnungsmäßigkeit einer Maßnahme - zur Nachlassverwaltung gehören alle Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzung und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten - ist aus objektiver Sicht zu beurteilen; entscheidend ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers (BGH, Urteil v. 11.11.2009 - XII ZR 210105- zit. n. juris, Rn. ...

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