Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 09.04.2014; Aktenzeichen 2 O 3001/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9.4.2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Oldenburg geändert.

Der Klageantrag zu 1.) wird dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten für sämtliche weiteren Aufwendungen zu erstatten, die diese als Folge des Unfalls des Versicherten R. M. am 11.12.2007 durch Absturz vom Flachdach eines Werkstattneubaus in D. S., seit dem 9.10.2012 erbracht hat und zukünftig erbringen wird, soweit diese einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Versicherten gegen den Beklagten - unter Hinzurechnung des sich nach dem Klageantrag zu 1.) ergebenden Betrages - der Höhe nach nicht überschreiten.

Zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über den Betrag der streitigen Ansprüche wird der Rechtsstreit an das LG Oldenburg zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu befinden hat.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt als gesetzliche Unfallversicherin ihres Versicherten R. M. dessen ehemaligen Arbeitgeber, den Beklagten, auf Aufwendungsersatz in Anspruch.

Im Auftrag der Nebenintervenientin zu 1.) führte der Zimmereibetrieb des Beklagten als Subunternehmerin im Dezember 2007 Dacharbeiten an dem Bauvorhaben S. in D. durch. Im Zuge dieser Arbeiten sollte der Innenhof eines einstöckigen Gebäudes überdacht werden. Als Architekt war der Nebenintervenient zu 4.) und als Bauleiter der Nebenintervenient zu 3.) tätig. Die Aufgaben des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators hatte der Nebenintervenient zu 2.) übernommen.

Die Dacharbeiten, die für den Beklagten neben dem Versicherten R. M. die Zeugen F. B. und A. M. durchgeführt haben, erforderten zunächst die Errichtung eines Ständerwerks, auf das von den bebauten angrenzenden Flachdächern aus eine 22 mm starke Rauhspundplatte aufgesetzt wurde. In diese Platte sägten die Mitarbeiter des Beklagten mehrere 2,25 m × 2,25 m große Löcher, über denen später durch die Nebenintervenientin zu 1.) jeweils Lichtkuppeln angebracht werden sollten. In einem nächsten Arbeitsschritt verlegten die Mitarbeiter über das gesamte Flachdach eine durchgehende Dampfsperrfolie, die an den Kanten der für die Lichtkuppeln vorgesehenen Löcher geschnitten werden musste. Im Rahmen dieser Schneidarbeiten stürzte der Mitarbeiter R. M. durch das sich in mindestens 3,00 Meter Höhe befindliche, für eine Lichtkuppel vorgesehene Loch und erlitt schwerste Verletzungen. Aufgrund dieser Verletzungen ist er zu 100 % erwerbsgemindert und lebt verletzungsbedingt in einem Pflegeheim.

Die Klägerin hat behauptet, der Sturz habe sich aus einer Höhe von mindestens 4,00 Meter ereignet und sei allein darauf zurückzuführen, dass der Beklagte die in § 12 und § 12a der Unfallverhütungsvorschriften Bauarbeiten BGV 22 C vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen nicht ergriffen habe. Diese seien von ihm auch nicht vorgesehen gewesen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass das Verschulden des Beklagten daher und in Anbetracht der Gefährlichkeit der Arbeiten besonders schwer wiege, so dass er zum Ersatz der Aufwendungen gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII verpflichtet sei.

Zur Höhe des Anspruchs hat sie behauptet, bis zum 8.10.2012 bereits Aufwendungen in Höhe von 1.090.624,85 Euro getätigt zu haben.

Der Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass sein Verschulden nicht als grobe Fahrlässigkeit zu bewerten sei. Dazu hat er behauptet, die Sicherungsmaßnahmen hätten nur für einen geringen Zeitabschnitt der Arbeitsdauer gefehlt. Im Anschluss an die Verlegung der Kanthölzer sei die Abdeckung mit Gerüstplanken vorgesehen gewesen. Zudem hätten keine technische Möglichkeiten zur Absicherung der Löcher bestanden.

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 09.4.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es zumindest in subjektiver Hinsicht an einem groben Verschulden fehle. Nach dem geplanten Arbeitsablauf seien die Lichtkuppeln nur für einen geringen Zeitraum ungesichert gewesen. Zudem hätten sich die Arbeiter gerade mit diesen Öffnungen beschäftigt, so dass auch ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Oldenburg zu ändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.090.624,85 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 76.604,70 Euro seit dem 3.7.2008, aus 10.629,52 Euro seit dem 27.8.2008, aus 132.152,74 Euro seit dem 6.12.2008, aus 15.756,40 Euro seit dem 20.12.2008, aus 52.743 Euro seit dem 24.3.2009, aus 40.031,22 Euro seit dem 21.5.2009, aus 640.754,39 Euro seit dem 1.11.20011 und im Übrigen seit dem 29.11.2012 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten R. M. am 11.1...

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