Absturzunfälle verursachen großen Teil der tödlichen Arbeitsunfälle
Die Anzahl der jährlich gemeldeten tödlichen Arbeitsunfälle ist seit 2010 fast durchgehend rückläufig. 2022 wurden 105 tödliche Arbeitsunfälle an die BAuA gemeldet, 2012 waren es noch 184. Gleichzeitig beträgt der Anteil der Absturzunfälle zwischen 2009 und 2023 rund 31 Prozent (717 Fälle).
Auch geringe Absturzhöhen sind lebensgefährlich
In 80 Prozent der Fälle stürzten die Verunfallten dabei durch nicht tragfähige Bauteile, 13 Prozent der tödlichen Stürze erfolgten von Leitern und Tritten. Es wird deutlich, dass auch Stürze aus geringer Höhe lebensgefährlich sein können: 78 der 717 tödlichen Stürze erfolgten aus einer Höhe von weniger als 2 Metern. Abstürze aus 5 bis 10 Metern Höhe waren mit 219 Unfällen und einem Anteil von 31 Prozent am häufigsten.
Die meisten Abstürze passieren auf Baustellen
Am häufigsten kam es während Fertigungs- und Montagearbeiten zu tödlichen Absturzunfällen (26%), darauf folgten Transportarbeiten (12%) und Demontagetätigkeiten (11%). Die Mehrzahl der erfassten Unfälle ereignete sich auf Baustellen. Ein großer Teil der Opfer waren ausgebildete Facharbeiter (54%), 27 Prozent angelernte und 10 Prozent ungelernte Arbeitskräfte. Nur 2 Prozent der Verunglückten befanden sich noch in der Ausbildung.
Interessante Rückschlüsse lassen sich aus dem Alter und der Berufserfahrung der Verunglückten ziehen: 63 Prozent der Unfallopfer verfügen über mindestens 3 Jahre Berufserfahrung, 73 Prozent war zum Unfallzeitpunkt bereits älter als 40 Jahre.
Die große Mehrzahl der Unfallopfer arbeitete für Kleinstunternehmen mit bis zu 9 Beschäftigten (38%) oder für Kleinunternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten (33%).
Arbeitsschutzmaßnahmen auf dem Prüfstand
Unternehmer sind gesetzlich dazu verpflichtet Schutzmaßnahmen, welche aus der Gefährdungsbeurteilung hervorgehen, umzusetzen. Diese sollten technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen beinhalten und deren Umsetzung und Wirksamkeit muss regelmäßig ausgewertet und dokumentiert werden.
In 61 Prozent der untersuchten Fälle lag zwar eine Gefährdungsbeurteilung vor, sie war aber unvollständig oder nicht an aktuelle Arbeitsabläufe angepasst. Nur in 24 Prozent der Unfälle war eine vollständige und aktuelle Gefährdungsbeurteilung vorhanden.
In den meisten Fällen zeigt sich im Verlauf der Untersuchung eines Unfallereignisses außerdem, dass Sicherheitsvorschriften wie das Arbeitsschutzgesetz oder die Betriebssicherheitsverordnung verletzt wurden (72%). So hätten die Unfallfolgen in einigen Fällen wahrscheinlich gemildert werden können: 145 Unfallopfer trugen die bereitgestellte Schutzausrüstung nicht. Bei 213 Abstürzen (29,8 %) hätten außerdem Absturzsicherungen die Unfallfolgen mildern können.
Fazit für die Praxis
Eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich vorgeschrieben und für Arbeiten mit Absturzgefahr unerlässlich. Daraus müssen geeignete Schutzmaßnahmen abgeleitet und umgesetzt werden. Die Auswertung der Absturzunfälle betont vor allem die Relevanz von Unterweisungen und Sensibilisierung für Risiken: Ältere, erfahrene Beschäftigte sind besonders häufig von Absturzunfällen betroffen, hier liegt die Vermutung nahe, dass erfahrene „Routiniers“ ihr Bewusstsein für Gefahr über die Jahre verloren haben. Auch die hohe Anzahl von Abstürzen aus geringen Höhen unterstützt diese These.
Weitere mögliche Schutzmaßnahmen zur Absturzvermeidung nach dem STOP-Prinzip:
- Substitution: Wenn möglich, sollten Arbeiten mit Absturzrisiko vermieden bzw. ersetzt werden. Mögliche Alternativen sind: Verlängerungen (z.B. Teleskopstangen), Drohnen oder Roboter, Vormontage am Boden.
- Technisch: Geländer, Handlauf, Umwehrung, Abdeckungen, Hubarbeitsbühnen, Fangnetze, ausreichende Beleuchtung.
- Organisatorisch: Betretungsverbote, Absperrungen, Unterweisungen, Witterungseinflüsse beachten, Rettungskonzept.
- Personenbezogen: Persönliche Schutzausrüstung, Rückhalte- oder Auffangsysteme.
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