Arbeiten mit Absturzgefahr: Inhalte der G 41-Untersuchung

In manchen Unternehmen spielen Tätigkeiten mit erhöhter Absturzgefahr eine große Rolle. Der Wunsch nach Erbringung eines Nachweises der gesundheitlichen Eignung  für diese teils äußerst gefahrgeneigten Tätigkeiten ist nachvollziehbar. Risiken für Maschine und Mensch sollen durch die G 41-Untersuchung auch wegen der damit verbundenen haftungsrechtlichen Konsequenzen minimiert werden.

Die Eignungsuntersuchung „G 41” ist eine der am häufigsten durchgeführten Eignungs­unter­suchungen. Oft überlegen Unternehmen sehr gründlich, ob diese Eignungsuntersuchung eingeführt werden soll oder nicht. Einige Unternehmen gehen aber auch sehr unkritisch mit dem Thema um. Insbesondere im Zeitarbeitssektor werden häufig von Entleihern sehr unkritisch abenteuerliche Kombinationen von Eignungsuntersuchungen verlangt, deren Bescheinigung bei Auftragsbeginn vorzulegen sind.
Dann meinen alle Beteiligten, sie hätten etwas Wichtiges für die Sicherheit im Unternehmen getan, liegen damit aber leider weit daneben.

Wichtiger Hinweis: Grundsätzliche Informationen zum Thema Eignungsuntersuchungen finden Sie im Top-Thema Eignungsuntersuchungen in der Arbeitsmedizin. Dort werden die Rahmenbedingungen und die knifflige juristische Situation erörtert, aber auch Aspekte wie Untersuchungsabstände, Bescheinigung, etc. beschrieben.

Begründung für die Durchführung der G 41-Untersuchung

Tätigkeiten mit erhöhter (!) Absturzgefahr können ganz verschieden sein. Grundsätzlich sollte immer vermieden werden, dass erhöhte Absturzgefahren überhaupt entstehen, weil für zuverlässige Fremd- oder Eigensicherung gesorgt ist. Wer sachgerecht gesichert ist, kann nicht abstürzen.

Mögliche Gründe für die Durchführung einer G 41 können sein:

  • Arbeiten an Brücken, Türmen, Antennen- und Flutlichtanlagen sowie (Mobilfunk-) Masten,
  • Gerüstbauarbeiten,
  • Dach- und Fassadenarbeiten,
  • Forstbereich,
  • Garten- und Landschaftsbau (Baumschnitt),
  • Veranstaltungstechnik.

Je nach Arbeitsaufgabe muss immer auch das Thema Höhenrettung mit in Betracht gezogen werden.

Achtung: Um eine G 41 durchzuführen, muss eine besondere Absturzgefahr vorliegen. Eine solche Gefährdung liegt vor, wenn eine durchgehende Sicherung gegen Absturz nicht gewährleistet ist. Mit anderen Worten: Wenn der Mitarbeiter dauerhaft gegen Absturz gesichert ist, sind Untersuchungen nach G41 nicht nötig!
Aber: Wie immer lohnt sich eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung. Einem Unternehmen, das Mobilfunkmasten aufstellt und installiert, wird man durchaus eine Eignungsuntersuchung für die Monteure empfehlen. Wer in 80 Meter Höhe plötzlich „aus innerer Ursache” im Gurt hängt, muss unter Umständen von Kollegen oder Höhenrettern (Feuerwehr) aus dieser misslichen Lage gerettet werden. Auch wenn die Monteure durchgängig gesichert sind, wären Aufwand, Gefahr für Dritte sowie mögliche Schäden unverhältnismäßig hoch.

Inhalte der G 41-Untersuchung

Die zentrale Fragestellung an die Untersuchung erfordert zunächst die Kenntnis der konkreten Anforderungen der Arbeitsaufgabe. Diese Anforderungen müssen geklärt sein, was leider längst nicht immer der Fall ist. Ohne diese Kenntnis kann der untersuchende Betriebsarzt gar nicht wissen, welche Fähigkeiten erforderlich sind, um für diese konkrete Tätigkeit geeignet zu sein. Die Eignungs­kriterien bestimmen wesentlich den Untersuchungsumfang, denn die Untersuchungs­er­geb­nisse müssen schließlich die erforderlichen Kriterien erfüllen.

Eignungsuntersuchungen folgen i.d.R. einem Schema, das die Eignungskriterien abarbeitet. Entweder wird nach dem Vorhandensein von gesundheitlichen Gegebenheiten gesucht oder es wird die Abwesenheit von Eignungsmängeln geprüft.

Benötigt der Proband für die sichere Ausübung der Tätigkeit beispielsweise

  • scharfes Sehen in der Ferne? => Sehtest für die Ferne;
  • scharfes Sehen in der Nähe? => Sehtest für die Nähe;
  • KEIN scharfes Sehen in der Nähe? => KEIN Sehtest für die Nähe;
  • Farbsehfähigkeit? => Test auf Farbsehen (nur selten erforderlich);
  • ein Gesichtsfeld von 360 Grad (Staplerfahrer beim Rangieren) -> Drehfähigkeit von Kopf und Wirbelsäule testen-

Natürlich ist es wichtig, häufige Erkrankungen im Blick zu haben und deren Vorhandensein zu testen bzw. deren Auswirkungen zu prüfen. Dazu können zählen:

  • Bluthochdruck,
  • Diabetes,
  • Übergewicht (kann in bestimmten Situationen auch mal ein Eignungshindernis sein),
  • Schlafapnoesyndrom,
  • Erkrankungen des Nervensystems, die sich auf die Tätigkeit auswirken können,
  • Herzerkrankungen (z.B. Rhythmusstörungen, koronare Herzkrankheit), die zu Problemen bei körperlicher Belastung führen.

Der größte Unterschied im Untersuchungsspektrum zur G 25 besteht bei der G 41 darin, dass in der Höhe Herzrhythmusstörungen eine (fatale) Auswirkung haben können. Daher wird ein

  • Ruhe-EKG (bis 40. Lebensjahr) bzw.
  • Belastungs-EKG (ab 40. Lebensjahr), ergänzt durch eine
  • Blutentnahme (Blutarmut, Leber- und Nierenwerte?) durchgeführt.

Dieses Belastungs-EKG dient der Aufdeckung von möglichen Herzproblemen, die in Ruhe nicht erkennbar sein können. Dazu zählen sowohl Rhythmusstörungen als auch Anzeichen für eine koronare Herzerkrankung. Obwohl das Belastungs-EKG bei beschwerdefreien „Patienten” keine sehr gute Sensitivität hat, ist es als Untersuchungsmethode wegen der einfachen Umsetzung immer noch Stand der Technik. Der Autor dieser Zeilen hat in der Vergangenheit bei drei Beschäftigten mit auffälligen Belastungs-EKG´s  erlebt, dass in der Herzkatheter-Untersuchung Engstellen gefunden wurden, die gedehnt und mit einem Stent versorgt wurden. Dass damit Herzinfarkte verhindert wurden, ist zwar nicht sicher, aber denkbar.

Oft wird vermutet, dass bei der G 41 die „Schwindelfreiheit” untersucht werde. Das ist aber nicht möglich und daher nicht der Fall. Wer nicht schwindelfrei ist und das in der Höhe einen Einfluss hat, der sollte dort nicht sein.

Zielsetzung ist übrigens nicht, chronisch Kranken die Eignung nicht zu bescheinigen, sondern die Klärung, wie Beschäftigte trotz einer möglicherweise vorhandenen Erkrankung geeignet bleiben können bzw. wieder werden.

Die Untersuchungsbestandteile der G 41 werden also vom untersuchenden Arzt in Kenntnis der Arbeitsanforderung und der individuellen Gesundheit abgewogen und ggf. ergänzt.

Warum ist die G 41-Untersuchung relevant?

Sehr salopp formuliert: Weil niemand will, dass „Halbblinde, Halbtaube oder schwer kranke Mitarbeiter gefährliche Sachen machen”.
Mit dieser Formulierung können i.d.R. auch die größten Skeptiker gut leben.

Ein mit Augenmaß und Vernunft beschlossenes Konzept für G41-Untersuchungen im Betrieb kann eine sinnvolle Investition in die Sicherheitskultur sein.

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