Entscheidungsstichwort (Thema)

Frist für Streitwertbeschwerde bei selbstständigem Beweisverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem selbstständigen Beweisverfahren kann entsprechend § 25 Abs. 3 S. 3; Abs. 2 S. 2 GKG eine Streitwertbeschwerde nur binnen 6 Monaten nach dessen Beendigung eingelegt werden.

2. Zur Bestimmung des Zeitpunktes der Beendigung eines selbstständigen Beweisverfahrens.

 

Normenkette

GKG § 25; GKG § Abs. 2 S. 2; GKG § Abs. 3 S. 3; ZPO § 414 Abs. 4 S. 1, § 492 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 17 OH 10711/99)

 

Tenor

Die befristete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Streitwertbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 10.1.2001 wird verworfen.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Frist des § 25 Abs. 3 S. 3, Abs. 2 S. 3 GKG eingelegt wurde.

Danach ist eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder anderweitiger Erledigung des Verfahrens eingelegt wird.

Diese anderweitige Erledigung liegt, nachdem im selbstständigen Beweisverfahren keine Hauptsacheentscheidung i.S.v. § 25 Abs. 2 S. 2 GKG ergeht, in der Beendigung dieses Verfahrens.

Im Falle der Beweiserhebung durch Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen ist das selbstständige Beweisverfahren beendet mit Zustellung des schriftlichen Gutachtens an die Parteien, wenn eine mündliche Erläuterung nicht stattfindet (BGH, Urt. v. 3.12.1992 – VII ZR 6/92, MDR 1993, 979), ansonsten mit der Anhörung des Sachverständigen zu seinem Gutachten oder mit der Zustellung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens.

Das Gutachten des Sachverständigen K. vom 12.12.2000 wurde beiden Parteivertretern am 19.12.2000 zugestellt. Eine Frist nach §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 S. 4 ZPO hat das LG den Parteien nicht gesetzt. Nachdem keine der Parteien eine Äußerung zu dem Gutachten abgegeben, insbesondere Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens beantragt hat und auch kein Antrag gem. § 494a Abs. 1 ZPO einging, hat das LG mit Beschluss vom 10.1.2001 den Streitwert festgesetzt und der Vorsitzende die Schlussbehandlung verfügt. Hieraus folgt die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens am 19.12.2000.

Zwar haben die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 23.1.2001, eingegangen am 24.1.2001, beantragt, dem Antragsteller im Hinblick auf etwaige Ergänzungsfragen an den Gutachter Frist bis zum 28.2.2001 einzuräumen. Dies ändert jedoch an der Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens nichts.

Das Recht einer Partei, ergänzende Fragen zum Gutachten zu stellen oder die Vorladung des Sachverständigen zu beantragen, ist für sich allein genommen für den Zeitpunkt der Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens nicht maßgebend (BGH, Urt. v. 3.12.1992 – VII ZR 6/92; OLG Köln, BauR 1998, 591).

Ein Antrag auf Ergänzung oder Erläuterung des Gutachtens ist in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Zustellung des Gutachtens zu stellen (OLG Köln, BauR 1998, 591; OLG Frankfurt, BauR 1994, 139; OLG Braunschweig v. 4.2.1992 – 3 W 81/91, BauR 1993, 251). Nach § 411 Abs. 4 S. 1 ZPO, der über § 492 Abs. 1 ZPO anwendbar ist, haben die Parteien dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zum schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Dieser angemessene zeitliche Zusammenhang darf dabei im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens schon mit Rücksicht darauf, dass es sich bei diesem Verfahren um ein Eilverfahren handelt, welches auch weder eine Unterbrechung noch eine Aussetzung duldet (Zöller/Herget, 22. Aufl., vor § 485 ZPO Rz. 6), nicht großzügig bemessen werden.

Deshalb steht ein bloßer Antrag auf Einräumung einer Frist zu etwaigen Ergänzungsfragen, der erst gut fünf Wochen nach Zustellung des Gutachtens bei Gericht eingereicht wurde, der Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens nicht entgegen. Eine Fortführung des Verfahrens allein durch diesen Antrag scheidet hier um so mehr aus, als bis heute kein Antrag auf Anhörung des Sachverständigen oder Ergänzung seines Gutachtens gestellt worden ist. Damit aber ist eine sachliche Fortsetzung des Verfahrens durch die Parteien bis heute nicht erfolgt.

Zwar hat das LG die ursprünglich trotz bereits eingetretener Beendigung des Verfahrens noch antragsgemäß bewilligte Frist zur Einreichung eines solchen Antrags in der Folgezeit wiederum antragsgemäß insgesamt sechsmal verlängert, zuletzt mit Verfügung des Vorsitzenden vom 15.10.2001 bis 30.6.2002. Hierin liegt jedoch keine sachliche Förderung des selbstständigen Beweisverfahrens nach dem Zugang des Sachverständigengutachtens mehr.

Darauf, ob im Falle der sich an das selbstständige Beweisverfahren anschließenden Durchführung eines Hauptverfahrens die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens i.S.v. § 25 GKG erst mit der Beendigung des Hauptverfahrens erfolgt (so OLG Naumburg v. 5.3.1999 – 7 W 8/99, MDR 1999, 1093; OLG C...

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