Leitsatz (amtlich)

Die Erforderlichkeit einer inhaltlichen Überprüfung eines vorgelegten Nationalpasses ohne Fälschungsmerkmale folgt nicht bereits aus der Beurteilung der deutschen Auslandsvertretung, dass in dem Heimatland des Beteiligten kein sicheres Urkundenwesen besteht (Anschluss an OLG Hamm StAZ 2018, 123).

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung von § 47 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 PStG bietet vielmehr die Ausstellung von Heimreisedokumenten - damit auch eines Nationalpasses in einem Staat mit unsicherem Urkundenwesen - Gewähr dafür, dass die Identität der Dokumenteninhaber geprüft und bestätigt ist.

 

Verfahrensgang

AG Regensburg (Aktenzeichen UR III 30/22)

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Regensburg wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Betroffene wurde am ... in Regensburg geboren und die Geburt im Geburtenregister des Standesamts Regensburg beurkundet. Der am ... geborene Antragsteller ist der Vater der Betroffenen; seine Vaterschaft wurde als Folgebeurkundung mit dem Familiennamen "A..." und den Vornamen "U... S..." eingetragen. Zur Eintragung der Vaterschaft lag insbesondere die von der Ausländerbehörde ausgestellte Aussetzung der Abschiebung (Duldung) vor, in der ein Vermerk eingetragen ist, wonach die Personalangaben auf den eigenen Angaben des Inhabers beruhen. Die Eintragung der Vaterschaft erfolgte mit dem einschränkenden Zusatz "Identität nicht nachgewiesen".

Am 25.10.2018 beantragte der Vater die Streichung dieses Zusatzes. Außerdem beantragte er, dass sein Vorname "S..." und sein Familienname "A... U..." lauten. Seinem Berichtigungsantrag fügte er eine ghanaische Geburtsurkunde vom 28.02.2017 mit Registrierungsdatum 16.02.2017 sowie den ghanaischen Reisepass, ausgestellt am 05.10.2017, bei. Die Verkehrspolizei Regensburg konnte bei der Untersuchung des Reisepasses keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Total- oder Verfälschung feststellen. Das Dokument sei von der hierfür autorisierten Behörde ausgestellt.

Mit Schreiben vom 06.11.2018 lehnte das Standesamt Regensburg die beantragte Berichtigung ab und gab dem Antragsteller die Mitwirkung an einem Urkundenüberprüfungsverfahren auf. Sie teilte ihm mit, dass hierfür voraussichtlich Kosten von 650 EUR von ihm zu tragen seien. Ein solches Verfahren lehnte der Antragsteller aus finanziellen Gründen ab.

Am 12.08.2022 sprach der Antragsteller unter Vorlage eines neu ausgestellten ghanaischen Reisepasses, ausgestellt am 30.11.2021, erneut zur Berichtigung der beiden betroffenen Geburtseinträge vor. Ihm wurde abermals die Mitwirkung an einem Urkundenüberprüfungsverfahren aufgegeben. Die deutsche Botschaft in Ghana teilte dem Standesamt auf Nachfrage mit, ein Reisepass und eine spätregistrierte Geburtsurkunde allein könnten als Identitätsnachweise nicht immer ausreichen. Eine spätregistrierte Geburtsurkunde bedeute jedoch auch nicht, dass unbedingt Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit bestehen müssten. Stattdessen müsse unter Beachtung aller für den Einzelfall entscheidenden Umstände und anhand aller vorgelegten Unterlagen beurteilt werden, ob die Dokumente im Rahmen freier Beweiswürdigung als ausreichend akzeptiert werden könnten. Hierfür sei sinnvoll, weitere ältere Dokumente anzufordern, wie staatliche Schulzeugnisse, Taufbescheinigungen, national ID Cards, Voter's ID, Weighing Cards, National Health Insurance Cards etc., und die Identitätsangaben auf der Geburtsurkunde/dem Pass mit den Angaben auf diesen Dokumenten abzugleichen. Insbesondere kurz nach der Geburt registrierten Geburtsurkunden und staatlichen Schulzeugnissen komme eine erhöhte Beweiskraft zu. Der Antragsteller erklärte nach Anforderung der genannten Unterlagen, er verfüge über diese Urkunden nicht. Insbesondere sei er überhaupt nicht so lange in die Schule gegangen, um die nachgefragten Zertifikate zu erhalten.

Das Standesamt hat die Angelegenheit dem Gericht vorgelegt und ausgeführt, die Frage der Echtheit und inhaltlichen Richtigkeit von ausländischen Urkunden sei vorwiegend bei Ausstellungsstaaten mit unsicherem Urkundenwesen problematisch. Die Beweiskraft der Urkunden könne entweder durch ein Urkundenüberprüfungsverfahren oder im Rahmen der freien Beweiswürdigung auf sonstige Weise festgestellt werden. Im Urkundenüberprüfungsverfahren verifiziere die zuständige deutsche Auslandsvertretung im Rahmen der Amtshilfe die eingereichten Urkunden auf Echtheit und inhaltliche Richtigkeit. Für die Durchführung eines solchen Verfahrens sei die Mitwirkung der Beteiligten notwendig, da Gebühren anfielen und oftmals ergänzende Unterlagen wie beispielsweise Schulzeugnisse, Taufurkunden oder Angaben zu Referenzpersonen benötigt würden. Angesichts der besonderen Beweiskraft der Personenstandsregister (§ 54 PStG) wirke das Standesamt Regensburg bei der Geburtsbeurkundung regelmäßig auf ein mögliches und zumutbares Urkundenüberprüfungsverfahren hin.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 13.07.2023 angeord...

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