Entscheidungsstichwort (Thema)

Identitätsnachweis durch Pass aus einem Staat mit unsicherem Urkundenwesen (hier: Ghana)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Nationalpass ermöglicht den (widerlegbaren) Nachweis, dass sein Inhaber die in ihm genannte, beschriebene und abgebildete Person ist und die im Pass enthaltenen Angaben mit den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Inhabers übereinstimmen (Anschluss an BVerwGE 120, 206).

2. Dieser Grundsatz gilt auch für Pässe aus Staaten mit einem unsicheren Urkundenwesen und bei Vorlage eines echten Nationalpasses werden weitergehende Ermittlungen zur Identitätsklärung nur noch dann in Betracht gezogen werden müssen, wenn dem Gericht weitere Urkunden vorliegen oder sonstige Tatsachen bekannt geworden sind, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den Nationalpass dokumentierten Identität begründen können (Anschluss an BGH NJW-RR 2021, 1444).

3. Mit der Vorlage ihres ghanaischen Passes kann eine betroffene Person ihre darin ausgewiesene Identität nachweisen und es bedarf grundsätzlich keiner Vorlage weiterer Unterlagen wie der Geburtsurkunde dieser Person.

4. Liegen dem Standesamt bei der Beurkundung einer Geburt die zum Identitätsnachweis geeigneten Pässe der Eltern vor, dann ist grundsätzlich auch dann kein Zusatz nach § 35 Abs. 1 S. 1 PStV aufzunehmen, dass die Namensführung nicht nachgewiesen ist, wenn es sich um Pässe aus Staaten mit einem unsicheren Urkundenwesen handelt, sofern nicht weitere Urkunden vorliegen oder sonstige Tatsachen bekannt geworden sind, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den Nationalpass dokumentierten Identität begründen können.

 

Normenkette

PStG § 48; PStV §§ 33, 35 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Aktenzeichen 48 III 60/21)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 4. vom 04.11.2022 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 26.09.2022 wird zurückgewiesen.

2. Den Betroffenen zu 1. und 2. wird auf deren Antrag vom 22.11.2022 ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Betroffene zu 2. ist die leibliche Mutter des Betroffenen zu 1., der am ... in ... geboren wurde. Unter dem 12.05.2021 hat Herr A. (nachfolgend: Vater) die Vaterschaft für den Betroffenen zu 1. zur Urkundenbuch-Nr. ... des Jugendamtes ... anerkannt, die Betroffene zu 2. hat zugestimmt. Auch in dem Formular zur Namenseintragung vom 19.05.2021 ist als Vater Herr A., geboren am ..., benannt. Sowohl die Betroffene zu 2. als auch der Vater legten ihre ghanaischen Pässe als auch Geburtsurkunden vor. Am 18.10.2021 wurde die Geburt des Betroffenen zu 1. in das Geburtenregister der Beteiligten zu 3. zur Registernummer ... eingetragen. In der Zeile für das Kind (Betroffener zu 1.) ist eingetragen "Namensführung nicht nachgewiesen". In der Zeile betreffend die Mutter (Betroffene zu 2.) ist eingetragen "Identität nicht nachgewiesen" sowie unter den Hinweisen zur Geburt auf der Rückseite "Beurkundung nicht nachgewiesen". Für den Vater findet sich kein Eintrag. Das Standesamt ... hat die Eintragung des Vaters mit Schreiben vom 18.10.2021 ausdrücklich abgelehnt. Mit Antrag vom 13.12.2021 haben die Betroffenen, anwaltlich vertreten, beantragt, den Beteiligten zu 4. anzuweisen, den Vater in das Geburtenregister einzutragen und die Zusätze, dass die Identität der Betroffenen und des Vaters nicht nachgewiesen seien, zu löschen.

Das Amtsgericht Bremen hat mit Beschluss vom 26.09.2021 (Az.: 48 III 60/21) das Geburtenregister dahingehend berichtigt, dass als Vater Herr A. einzutragen sei und die Zusätze "Identität nicht nachgewiesen" und "Namensführung nicht nachgewiesen" zu streichen seien. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Vater habe die Vaterschaft wirksam anerkannt. Es seien auch einschränkenden Zusätze einzutragen, denn die Identitäten der Betroffenen zu 2. und des Vaters seien durch Vorlage der Pässe und Geburtsurkunden nachgewiesen. Der Pass in Verbindung mit der Geburtsurkunde sei ein ausreichender Nachweis. Da damit die Identität der Mutter nachgewiesen sei, sei für den Betroffenen zu 1. auch der Zusatz "Namensführung nicht nachgewiesen" zu streichen.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 4. mit seiner Beschwerde vom 04.11.2022. Während nicht angegriffen wird, dass der Vater einzutragen ist, rügt der Beteiligte zu 4., dass die Zusätze gestrichen wurden. Zur Begründung führt der Beteiligte zu 4. aus, die Pässe und Geburtsurkunden seien zum Nachweis der Identität nicht ausreichend, denn in Ghana sei das Beurkundungswesen unzureichend. Ein hoher Prozentsatz der vorgelegten Urkunden seien inhaltlich unrichtig. Die Richtigkeit der Urkunden könne erst durch die Überprüfung der Botschaft vor Ort sicher festgestellt werden. Im Übrigen wird auf die Beschwerdebegründung vom 04.11.2022 verwiesen. Die Betroffenen verteidigen die Entscheidung des Amtsgerichts. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 16.01.2023 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. 1. Die Beschwe...

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