Leitsatz (amtlich)

Für den Herausgabeanspruch von an Gewässern zweiter Ordnung belegenen Grundstücken ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (§ 17a Abs. 2 GVG).

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 15.08.2018; Aktenzeichen 11 O 1136/17)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 15. August 2018 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 26. September 2018 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten unzulässig und der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Die Sache wird gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das zuständige Verwaltungsgericht Magdeburg verwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert beträgt 41.696,33 EUR

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Herausgabe von an Gewässern zweiter Ordnung belegenen Grundstücken in G., A. und K., deren Eigentümerin sie ist. Die Unterhaltungslast der Gewässer obliegt gemäß den §§ 40 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 WG LSA dem Beklagten. Er hat auf diesen Grundstücken jeweils Einleitbauwerke aufgrund erteilter strom- und schifffahrtspolizeilicher Genehmigungen errichtet bzw. bestehende Einleitbauwerke repariert. Die Einzelheiten sind streitig. Diese Einleitbauwerke leiten das Wasser der Gewässer II. Ordnung in die S., einem Gewässer erster Ordnung, welches der Unterhaltungslast der Klägerin unterliegt. Eine Nutzungsvereinbarung für die mit den Einleitbauwerken verbundene Nutzung der streitgegenständlichen Grundstücke wurde zwischen den Parteien nicht geschlossen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, als Grundstückseigentümerin könne sie den Abschluss eines privatrechtlichen Nutzungsvertrages von der Beklagten fordern. Da es hierzu aufgrund der Weigerung der Beklagten nicht gekommen sei, könne sie nunmehr Räumung und gemäß ihrer Verwaltungsvorschrift der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes VV-WSV 2604 Nutzungsentgelte Version 2016.2 auch ein Nutzungsentgelt verlangen. Hierfür sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.

Der Beklagte hat den Abschluss eines Nutzungsvertrages u.a. unter Hinweis auf die Duldungspflichten gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 WHG abgelehnt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15. August 2018 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für eröffnet angesehen, im Wesentlichen mit der Begründung, der geltend gemachte Herausgabeanspruch beruhe auf § 985 BGB und liege damit im Kernbereich des bürgerlichen Rechts.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der er geltend macht, der Herausgabeanspruch gründe sich allenfalls auf § 1004 BGB. Ein solcher Anspruch bestehe nicht, weil er nicht Besitzer der Einleitbauwerke sei, sondern ausschließlich nach den wasserrechtlichen Vorschriften für deren Unterhaltung zuständig sei. Eigentümerin der Einleitbauwerke sei gemäß § 6 Abs. 2 WG LSA bereits die Klägerin. Bei der ihm obliegenden Gewässerunterhaltungspflicht handele es sich gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 WHG um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Die Klägerin könne daher allenfalls einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch im Hinblick auf die geforderte Beseitigung der Einleitbauwerke geltend machen. Zwischen den Parteien bestehe außerdem kein für den Zivilrechtsweg erforderliches Gleichordnungsverhältnis i.S.d. § 13 GVG.

II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 567 ZPO) und auch ansonsten zulässig. Über sie hat gemäß § 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden. Die Beschwerde ist auch begründet.

Der ordentliche Rechtsweg bezüglich des Herausgabe- und Räumungsanspruchs ist unzulässig; dagegen ist der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 VwGO) eröffnet. Entsprechend dem Antrag des Beklagten war das Verfahren gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das sachlich und örtlich zuständige Verwaltungsgericht Magdeburg zu verweisen.

1. a) Eine besondere gesetzliche Rechtswegzuweisung für den Anspruch auf Herausgabe des Grundstückes und Beseitigung der Einleitbauwerke besteht nicht.

Maßgebend für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist somit die Rechtsnatur des erhobenen Anspruchs, wie er sich aus dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin ergibt. Wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, richtet sich die Frage, ob ein Rechtsanspruch als öffentlich-rechtlich oder als privatrechtlich zu beurteilen ist, nach der wahren Rechtsnatur des behaupteten Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dies ist auf der Grundlage des Klagebegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts zu prüfen. Hierbei kommt es nicht auf die rechtliche Qualifizierung des geltend gemachten Anspruchs durch den Kläger selbst an, sondern allein die rechtliche Zuordnung des Rechtsstreits durch das jeweilige Gericht (BVerwG, st. Rspr., vgl. nur Beschluss vom 15. November 2000 - 3 B 10/00 -, Rn. 9; Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Bes...

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